Bookman - Das ewige Empire 1
Vielleicht in einem
anderen Leben, Orphan. Spiel weiter.«
»Ich kann nicht gewinnen, stimmtâs?«, fragte Orphan.
»Nein.«
»Bauer schlägt C 3«, sagte Orphan und
nahm den Läufer des Türken vom Brett. Er hatte das Gefühl, als drückte ihn
etwas Schweres gegen die Brust und hinderte ihn am Atmen. »Wie viele?«, fragte
er. »Wie viele Parteien gibt es bei diesem Spiel?«
»Dame nach E 2«, verkündete der Türke
fast bedauernd. »Schach und matt.«
»Wie viele Parteien?«
»Zwei«, sagte der Türke. »Es gibt immer nur zwei.«
»Les Lézards«, erwiderte Orphan, »und der Bookman.«
»Und wir alle sind ihre Bauern«, sagte der Türke.
In diesem Augenblick flackerten die Lichter ein letztes Mal und
gingen aus. Orphan saà im Dunkeln.
»Einen Moment noch«, forderte Orphan.
Keine Reaktion.
»Das glaube ich nicht. Byron hat etwas erwähnt ⦠die Ãbertragung.«
Eines der Lämpchen leuchtete wieder auf.
»Die Geschichte mit dem Binder«, sagte der Türke. »Ja ⦠Nicht sehr
wahrscheinlich.«
»Wer ist denn der Binder?«
»Ein Wesen wie der Bookman, falls es ihn überhaupt gibt«, erklärte
der Türke. »Etwas, woran ⦠meinesgleichen glaubt. Ein Mythos in einer Zeit der
Mythen. Die Ãbertragung ⦠Es heiÃt, irgendwo lebe der Binder, und während der
Bookman tötet, stellt der Binder wieder her.«
»Und was ist Ãbertragung ?«
»Wer weiÃ! Vielleicht ein bestimmtes Verfahren. Oder eine Denkweise,
eine Seinsweise ⦠Man erzählt, es werde eine Zeit kommen, da Mensch und
Maschine eins sein werden, da das biologische und das mechanische Leben, alles
Belebte und Unbelebte zu einem Ganzen verschmelzen werden. Die Ãbertragung â¦Â«
Das Lämpchen wurde immer trüber, bis schlieÃlich wieder Finsternis herrschte,
diesmal endgültig.
Orphan drehte sich um. Die Tür zum Zimmer hatte sich geöffnet.
DrauÃen im Korridor wartete Jo Jo auf ihn.
Orphan erhob sich und ging einen Schritt auf Jo Jo zu. Dann blieb er
stehen, um sich noch einmal umzudrehen. Der Türke war in undurchdringliche
Dunkelheit gehüllt. Der Bookman, dachte Orphan und atmete tief durch, denn
jetzt wusste er Bescheid. Jetzt wusste er, wo sich der Bookman versteckte. Er
machte erneut kehrt und gesellte sich zu Jo Jo.
15
Jack
Just der Ort für ânen Schnai! Ich sagtâ es
zweimal:
Das allein solltâ den Mut lassen sprieÃen.
Just der Ort für ânen Schnai!
Jetzt sagtâ ichâs dreimal:
Was ich dreimal euch sagâ, ist erwiesen.
Lewis Carroll, Die Jagd auf den Schnai
»Orphan!«
Die Mädchen waren nicht mehr da. Tom saÃ, mit einem Seidenpyjama
bekleidet, zurückgelehnt in einem Sessel. In der einen Hand hielt er ein Buch,
in der anderen eine selbst gedrehte Zigarette.
Orphan warf einen Blick auf den Titel. Es war Moriartys Die Dynamik eines Asteroiden. »Ich muss mir deinen Revolver
ausborgen.«
Tom erhob sich. »Was ist denn los?«, fragte er. »Alles in Ordnung
mit dir, Orphan?«
Orphan kicherte. Er fühlte sich fiebrig, obwohl er gleichzeitig von
eisiger Ruhe erfüllt war. »Mir gehtâs bestens«, erwiderte er. »Ich brauche nur
deinen Revolver.«
»Was ist in der Hall geschehen?«
»Es war, wie Maskelyne in seinem Brief gesagt hat«, erklärte Orphan.
»Rauch und Spiegel. Spiegel und Rauch.«
»Du redest ziemlich wirr. Setz dich erst mal. Ich mach dir einen
Tee.« Er steuerte auf die Bar zu. »Hast du Theo getroffen?«
»Du meinst Jo Jo, den Jungen mit dem Hundegesicht?«, sagte Orphan.
»Hab ich. Genauer gesagt, er hat mich getroffen.«
»Hast du gefunden, wonach du suchtest?«
»Frag mich das später noch mal.« Er sah Tom an. »Ich will keinen
Tee!«, schrie er.
»Was willst du dann?«
»Deinen Revolver.«
»Wofür?«
Orphan kicherte erneut und ignorierte den besorgten Blick, mit dem
Tom ihn musterte. »Um auf die Jagd zu gehen«, sagte er.
»Dafür ist es schon ein bisschen spät«, meinte Tom. »Vielleicht
solltest du lieber hierbleiben.«
»Deinen Revolver«, forderte Orphan mit ruhiger, harter Stimme, indem
er sich zu voller GröÃe aufrichtete.
Tom schwieg und sah Orphan unverwandt an.
»Bitte«, setzte Orphan hinzu.
Mag sein, dass dieses Bitte ausschlaggebend
war,
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