Borderline ein Narco-Thriller
wissen. Bitte.“
Dave lässt ihre Hand los, zieht einen zusammengefalteten Notizzettel aus der Hosentasche und reicht ihn ihr über den Tisch.
Einen Moment lang mustert sie ihren Tischpartner widerwillig und öffnet dann zögernd den Zettel. Auf drei Zeilen hat Dave die Daten notiert.
Name: Alina
Hafen: Cabo S L, Mexiko
IMO-Nr: 3367491
„Die müssen eine Routen-Kennung haben. Wenn du die findest, kannst du mir vielleicht auch die Daten ihrer letzten Fahrten geben?“
Claire faltet den Zettel stirnrunzelnd zusammen und verstaut ihn in ihrer Tasche. Im Hintergrund hört sie, wie die Brandung grollend an den Strand schlägt.
Was für eine bekloppte Idee! Und das ausgerechnet von ihr zu verlangen. Enttäuschung macht sich breit. Aber es ist nun mal Dave. Sie wird sehen, was sie tun kann. Ihm geben, was sie findet. Im Anschluss daran wird sie ihre Beziehung zu ihm überdenken. „Ich werde mich erkundigen.“
Ein dankbares Lächeln erscheint auf seinem Gesicht. Er will etwas sagen, aber sie winkt müde ab. Stattdessen steht sie auf. „Ich muss morgen früh raus. Erster Arbeitstag.“
„Du hattest Urlaub?“ Dave klingt ehrlich erstaunt. Ursprünglich hat sie ihm von ihrer Reise erzählen wollen. Vielleicht auch von ihren nostalgischen Gefühlen, als sie durch Simons Town gefahren ist. Bedarf daran besteht nach diesem Abend allerdings nicht mehr.
„Ja, aber nur kurz.“ Damit wendet sie sich zum Gehen. Sie hört, wie Dave hinter ihr seinen Stuhl zur Seite schiebt und ihr hastig folgt. Er muss sich beeilen, um mit ihrem schnellen Gang Schritt zu halten.
Am Empfang reicht sie dem Portier ihren Parkschein, der einen Angestellten heranwinkt, um den Wagen zu holen. Währenddessen betrachtet Claire schweigend die vor ihnen aufragenden hell angestrahlten Palmen.
Dave tigert neben ihr unruhig auf und ab.
„Was ist eigentlich mit deinem Handy? Ich konnte dich die ganze Zeit nicht erreichen.“
Dave zögert einen Moment. „Ist mir gestern geklaut worden. Ich schicke dir die neue Nummer, sobald ich sie habe.“
Dann umarmt er sie plötzlich fest. Ihr ist, als fühle sie eine Erektion, als sie ihn leicht mit der Hüfte berührt. Tadelnd blickt sie ihn an, er aber hebt mit einem verschmitzten Grinsen unschuldig die Arme.
„Ich steh nun mal auf dich.“ Plötzlich ist er wieder ganz der Alte.
„Böser Junge!“ Sie streicht ihm flüchtig über den Arm und steigt in den bereitgestellten Voyager.
Er klopft an ihre Scheibe. „Denkst du an die Yacht?“
Sie nickt und startet den Motor. Als sie losfährt, sieht sie, wie er winkend am Eingang stehen bleibt, bis sie um die Kurve verschwunden ist.
Was für ein bizarrer Auftritt.
* * *
Daves Vater Kenneth, Tauchlehrer aus Durban, lernte seine zukünftige Frau Anne, eine Tierärztin aus Rhodesien, während eines Jobs in Australien kennen. Innerhalb von nur zwei Wochen verliebte sie sich unsterblich in diesen hünenhaften Mann weniger Worte. Es entwickelte sich eine leidenschaftliche Affäre, die über ihren Urlaub hinaus Bestand haben sollte. So zumindest der Plan. Aber dann, als Kenneth ins heimatliche Durban zurückgekehrt war, bemühten sie sich ein halbes Jahr erfolglos, ihre Fernbeziehung zu fortzuführen. Ein Versuch, der wegen der Distanz von zweitausend Kilometern und kaum zu vereinbarender Dienstplänen wenig Aussicht auf Erfolg hatte.
Um einander näher zu sein, sattelte Kenneth vom Tauchlehrer zum Berufstaucher um. Dann bewarb er sich bei der Gesellschaft, die den neu erbauten Kariba-Stausee südlich von Lusaka betrieb, um einen Job für Unterwasser-Wartungsarbeiten an dem gigantischen Bauwerk. Eine Position, die die Entfernung zwischen ihnen auf unter fünfzig Kilometer verringerte und so ihrer Liebe neuen Aufschwung gab, aus dem neben drei anderen Kindern Dave resultierte. Er wurde 1975 in Durban geboren, wohin die Eltern nach Ausbruch des Bürgerkriegs in Rhodesien 1972 wieder gezogen waren. Dave, der in einem Vorort am Indischen Ozean aufwuchs, teilte seit seiner Kindheit die Liebe seines Vaters zum Meer. Nach Beendigung der Highschool zog es ihn für einige Jahre zur Marine, während derer er in unterschiedlichen Stützpunkten am Kap seine Offiziersausbildung absolvierte. Später stieg er bei einem Bergungsunternehmen in Port Elizabeth ein, ehe er sich Anfang 2003 mit einer eigenen Firma in Kalk Bay selbstständig machte. Die Auftragslage war nicht gut, weswegen er sich in den folgenden Jahren ab und zu mit dem Transport illegaler
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