Borderline ein Narco-Thriller
Moment den Lärm abgefeuerter Schusswaffen erwartend. Bis auf die Schreie der SWAT-Einheit aber bleibt es ruhig.
Eine Minute gibt der Chief über Funk Entwarnung. Das Haus ist leer, genau wieder im Schlafzimmer stehende Safe.
* * *
Lange, nachdem Jack das Büro verlassen hat, findet Doug Claire einsam auf einem Poller am Kai sitzend, wo sie mit geröteten Augen auf den vor ihr vertäuten Kutter der Coast Guard starrt.
Im Anschluss an ihre Flucht aus dem Besprechungsraum wanderte sie ziellos über das Gelände. Schließlich landete sie bei den am Pier festgemachten Schiffen und hockte sich an der erstbesten Stelle hin.
Leer und mit brummendem Schädel sitzt sie seitdem da, den Blick dumpf auf die Bordwand des Bootes gerichtet. Erst der leichte Druck von Dougs Hand auf ihrer Schulter holt sie zurück in die Gegenwart.
„Wohl alles ein bisschen viel für dich. Willst du?“ Er setzt sich neben sie, hält ihr eine Dose Soda hin.
Zögernd greift sie danach, öffnet sie und nimmt einen Schluck.
„Jack hat vorhin so ein paar Andeutungen gemacht.“ Er seufzt. „Versteh mich nicht falsch, aber ich denke, dass dir vielleicht ein paar freie Tage guttun würden. Warst auch länger nicht mehr draußen, oder?“ Mit seiner Hand weist er unbestimmt in Richtung Kutter.
Claire lässt die Dose sinken und wendet ihm überrascht den Kopf zu. „Wie meinst du das?“
„Na ja. Habe dich ja ziemlich zugemüllt mit Büroarbeit. Ich weiß, dass du nicht deswegen bei uns angeheuert hast.“
„Du willst mich wieder raus schicken? Und der Locando-Fall?“
„Ziehe ich dich von ab.“
„Aha.“
„Mein Vorschlag: Du nimmst nächste Woche frei. Oder besser, ich lass dich krankschreiben. Danach kannst du wieder mit einem der Boote auf Patrouille. Normale Schichten.“
Sie hält einen Moment inne, langsam das süß verpackte Gift des Angebots erkennend. „Du meinst, dass ich schlappmache? Nicht durchhalte?“
Doug hebt abwehrend die Hände. „Claire, hör zu. Ich denke bestimmt
nicht
, dass du das nicht schaffst! Aber du bist zu nah an der Sache dran. Zwei deiner Freunde … Nein!“
„Und wenn ich trotzdem dabei bleiben möchte?“
Mit nachdenklicher Miene mustert Doug ihr Gesicht, schüttelt dann entschieden den Kopf. „Du bist raus. Pack deine Sachen, ich erledige das mit der Freistellung. Nächsten Montag bist du wieder hier. Acht Uhr.“ Damit steht er auf, legt ihr noch einmal die Hand auf die Schulter. Sie beugt ihren Oberkörper nach vorne, schüttelt ihn ab und vergräbt das Gesicht in den Händen. Dabei hört sie, wie Doug langsam davongeht.
Eine unbändige Wut ergreift Besitz von ihr. Freigestellt, sie kann es nicht fassen!
42. Kapitel
Nachdem er den Nachmittag in einem Kino nahe der Market Street verbracht hat, geht Diego kurz nach sechs wieder auf die Straße. Dort nimmt er ein Taxi nach Paradise Hills und lässt sich vier Blocks entfernt von ihrem Treffpunkt absetzen. Den Rest des Wegs legt er zu Fuß zurück, die Gesichter der Passanten aufmerksam durch die Gläser seiner Sonnenbrille musternd.
Am vereinbarten Treffpunkt erkennt er Pablo mit einer tief ins Gesicht gezogenen Kappe vor einem Kaffee sitzend. Nachdem er sich erneut nervös umgeschaut hat, schlendert Diego über den Parkplatz hinweg auf den Wartenden zu.
„Hey Pablo. Alles im Plan?“
Der Angesprochene schaut auf, nickt Diego stumm zu.
„Wann?“
Pablo nimmt einen letzten Zug von der Zigarette und schnippt sie in den Kaffeebecher, streckt sich und erhebt sich dann von der Holzbank. „Der Wagen wartet schon.“ Dabei zeigt er über die parkenden Autos hinweg auf einen am Straßenrand stehenden Van. Dort angekommen, zieht er die unverschlossene Schiebetür auf und steigt ein. Diego folgt, schließt die Tür und wirft einen Blick auf den hinter dem Lenkrad sitzenden Fahrer. Er kennt ihn nicht, es ist einer von Pablos Männern.
Sie rollen los und schlängeln sich mit dem Van in den Verkehr in Richtung Süden.
„Wo tauschen wir?“
„In einer Werkstatt bei Otay. Ich fahre mit dem hier“, dabei deutet Pablo vielsagend auf den Boden zwischen seinen Füßen.
Diego erinnert sich an das letzte Mal, als er in diesem Wagen saß. Damals allerdings am Steuer und mit Claire im Bodenfach.
„Du bekommst einen anderen Van. Gleiche Bauart. Dann fahrt ihr über den Übergang in Tecate, ich nehme den direkten Weg nach Tijuana.“
Tecate? Diego streicht sich übers Kinn. Ein Umweg von vielleicht achtzig Kilometern über US-Gebiet.
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