Bordeuax
Geplänkel.
»War es nicht schön gestern Abend
mit deinen Freunden?«, fragte er beharrlich weiter. Deswegen war Andy ein
guter Finanzleiter, weil er nicht aufhörte, Fragen zu stellen. Jetzt hätte ich
gut auf diese Fragen verzichten können.
»Im Gegenteil«, sagte ich. »Es war
sehr angenehm.«
»Schön«, sagte Andy. »Privatleben
ist gut und schön, Wilberforce, solange es das Berufliche nicht
beeinträchtigt. Von wegen, erst das Vergnügen und dann keine Arbeit und so.«
Ich sagte nichts, wartete darauf,
dass er ging.
Wieder sah er mich an. »Du hast eine
Frau kennengelernt, oder?«
»Eine Frau war gestern auch da.«
»Und? Hast du sie kennengelernt?
Oder hast du wieder deine berühmte Wilberforce-Nummer hingelegt, die du
manchmal bei unseren besten Kunden durchziehst - so tun, als ob sie nicht im
selben Zimmer wären.«
»Ich habe sie kennengelernt«, gab
ich zu. »Andy, wirklich, ich muss arbeiten ...«
»Du hast eine Frau kennengelernt.«
»Ja, die Freundin eines anderen, das
ist alles.«
Er fing an zu lachen. »Echt, man
darf dich nicht alleine auf andere Menschen loslassen«, sagte er. »Da gehst du
zum ersten Mal, seit ich dich kenne, zum Essen aus, und gleich verliebst du
dich.« Er hörte nicht auf zu lachen, dann sagte er schmachtend: »Wilberforce
hat sich verguckt...«
Dann ging er, endlich. Ich war nicht
verliebt. Andy redete Unsinn, er machte sich über mich lustig, zu seinem
eigenen Vergnügen, wie üblich. Ich mochte Catherine. Sie war eine sehr
unterhaltsame Person, lebhaft und wahrscheinlich um einiges intelligenter als
Ed. Warum sollte man sie nicht mögen? Ich legte kurz die Hände vors Gesicht und
schüttelte den Kopf, um das Bild von ihr loszuwerden, wie sie lachte, als wir
in der Küche saßen, und wie sich ihre Halsmuskeln dabei bewegten. Weg mit dem
Bild der lachenden Catherine, rein in die Software, befahl ich meinem Verstand.
Sie hatte ausgesehen wie ein Engel,
als sie so dasaß.
Am Wochenende darauf fuhr ich wieder
raus nach Hartlepool Hall. Ed hatte mich eingeladen, mir das Schießen auf
Tontauben beizubringen. Es gehörte zu seinem grandiosen neuen Vorhaben, der
Ausbildung von Wilberforce. Ich wusste, oder jedenfalls dachte ich mir, dass
ich nur eine Abwechslung für Ed darstellte. Ich war sein Projekt. Er würde mir
das Schießen beibringen, Angeln oder Reiten, und er würde mich zum
Pferderennen mitnehmen. Es gab sogar das halbherzige Versprechen, dass ich
Ende August mit zur Blubberwick Lodge rausfahren durfte, dem anderen Landhaus
der Familie, um für einen Tag die Moorhuhnjagd aus der Nähe zu erleben. Ich
konnte immer noch nicht glauben, dass es eine viel einfachere Erklärung gab,
dass nämlich Ed Simmonds Spaß an der Gesellschaft eines Menschen hatte, der so
ganz anders war als seine sonstigen Freunde, und dass er auch nicht mehr von
mir wollte als einfach meine Gesellschaft.
Ich hoffte sehr, dass ich auch
Catherine Plender wieder in Hartlepool Hall antreffen würde, gleichzeitig
hatte ich Angst davor. Als ich ankam und Horace mich zu Ed brachte, war sehr
schnell klar, dass Catherine nicht da war. Sofort überkam mich ein Gefühl der
Enttäuschung. Ed führte mich durch die Räumlichkeiten auf der Rückseite des
Hauses, durch Höfe mit Stallungen, Höfe mit Remisen und schließlich auf einen
Weg hinter dem Küchengarten, neben einer Backsteinmauer, an der sich ein Anbau
entlangzog.
»Das war früher unsere Bäckerei«,
sagte Ed. »Ich erinnere mich gut: Als ich klein war, war sie noch in Betrieb.
Hier wurde das Brot gebacken. Der Ofen wurde mit Kohle aus unserem Stollenbergwerk
befeuert. Mit der Abwärme wurde Wasser erhitzt, das über Rohre ins
Pfirsich-Gewächshaus umgeleitet wurde. Das Brot war wie Stein. Wenn man eine
Scheibe fallen ließ, ging unweigerlich was zu Bruch. Ich war erleichtert, als
meine Eltern sie endlich dichtmachten und ich Mother's-Pride-Toast essen
durfte, wie alle anderen Kinder auch.«
Wir kamen an den Rand des Küchengartens,
hinter dem ein Feld steil abfiel, in der Schlucht unten verlief ein kleiner
Bach. An einer grasbewachsenen Böschung, neben einem seltsamen Apparat, stand
ein Mann; dann erkannte ich, dass der Apparat eine Wurfmaschine für Tontauben
war.
»Guten Morgen, George«, sagte Ed.
»Das ist Mr Wilberforce, von dem ich Ihnen schon erzählt habe. Ich möchte, dass
Sie ihm bei seinen Schießübungen ein bisschen unter die Arme greifen.«
»Schon mal geschossen, Sir?«,
erkundigte sich George.
»Nein. Es ist mein
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