Bordeuax
mich aus. Ich wollte mehr erfahren,
und ich wusste, dass Eck sich liebend gerne über andere Leute ausließ. Er würde
mir alles erzählen, fast alles, dessen war ich mir sicher.
»Francis war ziemlich ausschweifend
in seinen jungen Jahren. Eine Reaktion auf seine Mutter, wie ich vermute. Sie
war ganz grande dame. Mein Vater hat mal gesagt, er hätte noch nie eine Frau
kennengelernt, die ihm solche Angst gemacht hätte. Francis' Vater war ein
tapferer Soldat, als er bei der Armee war. Zu Hause schlich er hingegen nur
geduckt herum und ging jedem Ärger aus dem Weg. Es kam zu einem furchtbaren
Streit zwischen Francis und seiner Mutter.«
Eck hielt inne und paffte an seiner
Zigarre, bis das Ende gleichmäßig rot in der Dämmerung glühte. Ich sagte
nichts. Ich wollte, dass Eck von sich aus mit seiner Erzählung fortfuhr.
»Francis verliebte sich Hals über
Kopf in ein Mädchen, das in einem der Cottages wohnte und als Dienstmagd im
Haus der Eltern arbeitete. Zuerst dachten alle, es wäre nur ein Flirt. Aber
mein Vater sagte mir, dass es was Ernstes gewesen wäre. Francis hatte sich
total verliebt in das Mädchen, das für seine Mutter die Wäsche bügelte. Dann
verschlimmerte sich die Situation. Das Mädchen wurde schwanger, und natürlich
fand Francis' Mutter das heraus. Sie zwang das Mädchen, ihr alles zu erzählen.
Sie rief Francis zu sich, und der sagte, er würde sie heiraten. Danach folgte
eine lautstarke Auseinandersetzung.«
Eck hielt erneut inne und zog an
seiner Zigarre. Es war sehr still draußen. Unten am See quakten Frösche,
Glühwürmchen flogen vorbei.
»Francis war also verliebt.«
»Die einzige wirkliche Leidenschaft
in seinem Leben, soweit man weiß«, sagte Eck. »Danach ging er nach London, wo
er sich mit Johnny anfreundete ... mit einem ganzen Haufen Leute, die Sie
wahrscheinlich alle nicht kennen. Sie trafen sich im Clermont und ähnlichen
Clubs und spielten Karten, immer um hohe Einsätze. Francis verlor eine Menge
Geld. Es ging um riesige Summen. Er zockte mit Leuten, die es sich leisten
konnten, an einem Abend hunderttausend zu verspielen. Er konnte es sich leider
nicht leisten. Seine Eltern haben seine Schulden beglichen, das hat sie ein
Vermögen gekostet. Danach haben sie ihn ins Ausland geschickt, damit sie ihn
erst mal los waren. Als er wiederkam, hatte er ein neues Interesse: Wein. Er
hatte die Zeit in Österreich verbracht, bei einem Freund der Familie, Heinrich
Carinthia, einem Verwandten der Habsburger, ein Prinz, der da unten viele
Weinberge besitzt. Er kommt immer noch einmal im Jahr zur Jagd nach
Blubberwick. Von ihm hat Francis die Vorliebe für Wein. Ab da fing er an, Wein
zu sammeln, und ist dabei geblieben. Es hat sich zu einer ziemlich teuren
Leidenschaft ausgewachsen. Er hat sich als Weinmakler versucht und als
Weinhändler, nichts hat geklappt. Francis ist eben kein Kaufmann. Er kann sich
gut ausdrücken. Wenn man ihn so reden hört, könnte man meinen, er wäre der
genialste Verkäufer der Welt. Aber ich glaube, es gibt keinen, der sich besser
darauf versteht, teuer einzukaufen und billig zu verkaufen, als Francis. Außer
dem Geld, das er durchs Spielen verloren hat, hat er noch mal ein Vermögen
durch Spekulationen mit Wein in den Sand gesetzt. Anständige Weine kann er sich
jetzt gar nicht mehr leisten. Jetzt kann er nur noch gelegentlich einzelne
Restposten aus Ramschverkäufen kaufen. Er hat jede Pachtfarm, jedes Haus aus
seinem Erbe zu Geld gemacht, nur um am Ball zu bleiben, außer Caerlyon, aber
auch das ist langfristig an die Gemeinde Gateshead vermietet.«
»Dafür hat er eine herrliche
Weinsammlung«, sagte ich.
»Mag sein. Es ist jedenfalls viel,
das weiß ich, aber mir scheint die Sammlung ziemlich bunt zusammengewürfelt,
lauter Reste und Einzelposten. Sie ist zu einer Obsession für Francis geworden.
Irgendwie auch tragisch. Er hat keine Kinder, denen er etwas vererben könnte,
und eigentlich besitzt er auch nichts, das er vererben könnte - außer natürlich
seinen Wein. Insofern haben Sie recht. Francis hat allen Grund, traurig
auszusehen. Aber wir kümmern uns gut um ihn. Aus irgendeinem Grund lieben wir
ihn alle.«
Eck stand auf und reckte sich.
»Was ist aus dem Mädchen geworden?«,
fragte ich.
»Welches Mädchen? Ach so, Francis'
Freundin? Sie hat das Kind bekommen und es zur Adoption freigegeben. Armes
Ding.«
Der Gedanke an Adoption machte mich
verlegen, und um das Thema zu wechseln, sagte ich: »Annabel ist nett, nicht?«
»Ja«, sagte
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