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Bordeuax

Bordeuax

Titel: Bordeuax Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Torday
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bin sowieso schon spät dran.«
    Er wandte sich mir zu. »Also dann,
bis Samstagmorgen, Wilberforce, gegen zwölf. Und nicht vergessen, ich möchte,
dass Sie zum Mittagessen bleiben.« Mit diesen Worten verließ er den Laden.
    »Wohnt er wirklich in Hartlepool
Hall?«, fragte ich.
    »Ja, ja«, sagte Eck. »Sein Vater ist
der Marquis von Hartlepool, und früher oder später wird Hartlepool auf Ed
übergehen. Nach dem Aussehen seines Vaters zu urteilen eher früher als später.«
    Jetzt stand Eck ebenfalls auf. »Ich
muss auch los, Francis. Ich kann mir heute keine Kiste Wein leisten, aber danke
für die Verkostung. Ich komme bald wieder vorbei.« Dann wandte er sich mir zu.
»Angenehm, Wilberforce. Vielleicht sieht man sich ja mal wieder, wenn Sie sich
dazu durchringen, Ihren Besuch zu wiederholen. Ich bin hier häufiger
anzutreffen.«
    Er ging, und ich stand auf und
stellte mein Glas auf den Schreibtisch. »Vielen Dank«, sagte ich zu Francis
Black. »Das war sehr freundlich von Ihnen.«
    »Keine Ursache«, sagte er. »Ich
hoffe, es hat Ihnen gefallen.«
    »Wie Sie bemerkt haben, bin ich kein
großer Weintrinker«, sagte ich.
    »Aber Sie könnten einer werden«,
sagte Francis. »Ich glaube, der Geschmack des Weins hat Ihnen zugesagt. Das
hoffe ich wenigstens. Weintrinken ist eines der kultiviertesten Vergnügen im
Leben.«
    Spontan, weil ich kultiviert
erscheinen wollte, sagte ich: »Ich möchte gerne eine Flasche Wein kaufen.«
    »Selbstverständlich«, sagte Francis
Black. »Eine gute Idee. An was hatten Sie gedacht?«
    »Ach, ich kenne mich da nicht so
aus«, sagte ich. »Haben Sie auch Rotwein da?«
    Die Andeutung eines Lächelns huschte
über Francis Blacks trauriges Gesicht. »Ich habe Roten, Rose und Weißen. Aber
von dem Roten habe ich am meisten.«
    Er ging zu einem der Regale an der
Wand, nahm eine Flasche heraus, begutachtete sie und brachte sie mir dann.
»Das ist ein Château Gloria«, sagte er. »Es ist ein guter Wein, kein großer
Wein, aber ein ordentlicher, anständiger roter Bordeaux. Nehmen Sie ihn mit und
denken Sie daran, die Flasche eine Stunde vor dem Trinken zu öffnen.«
    »Vielen Dank«, sagte ich. »Wie viel
schulde ich Ihnen?«
    »Nichts«, sagte Francis Black. Ich
fing an, Einspruch zu erheben, aber er wehrte mit erhobener Hand ab. »Kommt
gar nicht in Frage, dass Sie bezahlen. Betrachten Sie es als ein Geschenk. Es
gibt nur eine Bedingung.«
    »Welche?«, fragte ich, aber ich
konnte es mir bereits denken.
    »Sie müssen wieder herkommen und mir
genau sagen, was Sie von dem Wein halten.«
    Am Samstag fuhr ich nach Hartlepool
Hall. Den meisten dürfte das Anwesen von einer öffentlichen Führung bekannt
sein, ebenso das große Tor am Pförtnerhaus und die Einfahrt dahinter, die über
einen Kilometer lang ist, eine wunderschöne Allee, zuerst gesäumt von alten
Linden, dann von Mammutbäumen und schließlich von Doppelreihen großer blauer
Atlaszedern. Das Haus selbst ist riesig, mit einer Säulenvorhalle, mit Blick
über Rhododendrenterrassen und einen See dahinter. Die vier Geschosse des
Hauses sind von einer Steinbalustrade gekrönt, und über der Mitte des Hauses erhebt
sich eine Kuppel aus grauem Stein. Hinter dem Haus befinden sich Stallungen,
eine Sattlerei, die umfunktionierten Räume einer Brauerei, einer Bäckerei und
Lagerräume sowie seit neuestem ein Souvenirshop mit Tearoom. Einige hundert
Meter entfernt sind drei von Mauern umgebene Gärten, und da, wo früher in Gewächshäusern
Feigen, Pfirsiche und Nektarinen wuchsen, ist heute ein Gartencenter.
    Ich fuhr an einigen Schildern vorbei,
»Privat« oder »Nur für Lieferanten und Hausgäste«, und rechnete jeden
Augenblick damit, angehalten und zurückgeschickt zu werden. Ed Simmonds hatte
die Einladung an mich bestimmt vergessen, und alles wäre unsäglich peinlich.
Niemand hielt mich an, ich stellte den Wagen vor dem Haupteingang ab und stieg
aus. Ich fragte mich kurz, ob mein Auto abgeschleppt würde.
    Ich stieg die Treppe zu der großen
Doppeltür unter dem Zentralgiebel hinauf. Nach kurzem Suchen fand ich den
Klingelzug und zog daran, in der Hoffnung, dass ich ihn nicht abriss. Er blieb
hängen. Eine Zeit lang passierte gar nichts, ich drehte mich um und sah
hinunter zum See, ein Schwärm Gänse stieg auf, kreiste in der Luft und glitt
dann übers Wasser, um wieder zu landen. Hinter mir vernahm ich ein Geräusch,
und ein sehr distinguiert aussehender, älterer Herr mit schlohweißem Haar und
in einem dunklen Anzug hielt

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