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Bordeuax

Bordeuax

Titel: Bordeuax Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Torday
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kannst.«
    »Ich habe auch den Eindruck, dass
ich Fortschritte gemacht habe«, sagte ich. Es war die Wahrheit.
    »Komm und besuch uns in einem halben
Jahr wieder«, schlug Angela vor, »dann sehen wir, was für Fortschritte du
gemacht hast.«
    »Danke. Ich komme«, versprach ich,
aber eigentlich wollte ich mit Eric nichts mehr zu tun haben.
    »Also abgemacht«, sagte Angela. »Wir
stehen sowieso in Kontakt mit deinem Arzt.« Sie stand auf, und wir gaben uns
die Hand.
    Eine halbe Stunde später saß ich in
einem Taxi, auf dem Weg zurück zum Bahnhof, von da nach London. Und wenn ich
zu Hause war - was dann?
     
    5
     
    Nach meinem Aufenthalt in der
Hermitage war ich fest entschlossen, mein Leben zu ändern. Der Grund hierfür
war nicht etwa, dass Eric mit seiner ständigen, im näselnden Tonfall
vorgebrachten Predigt über die Vorzüge der Zwölf Schritte mein Selbstbild durcheinandergebracht
hätte. Vielmehr war es die Erfahrung, auf das Mitleid solcher Leute wie ihn
angewiesen zu sein, die mich motivierte, eine Rückkehr zur Hermitage oder ähnlichen
Einrichtungen auf jeden Fall zu vermeiden. Ich konnte mir gut vorstellen, dass
es noch weit schlimmere Häuser als die Hermitage gab, in denen man seine Tage
beschließen konnte.
    Außerdem hatte ich oft daran denken
müssen, dass Colin mich betrunken auf dem Boden in meiner Wohnung gefunden
hatte, überhaupt an die Umstände, die schließlich zu meiner Einweisung in die
Hermitage geführt hatten. Ich wusste, dass noch viele solcher Tage und Nächte
auf mich zukommen würden, wenn ich wieder mal zu viel getrunken hätte. Der
Gedanke, als ausgemergelter, rotgesichtiger, inkontinenter Trinker zu enden,
der röchelnd in irgendeinem Hauseingang lag, erschreckte mich. Mit nüchternem
Blick, nüchterner als je zuvor, betrachtete ich meine Vorliebe für Wein. Welche
Gründe mich anfänglich, als ich Francis noch nicht gut kannte und er mich in
die Geheimnisse des Weins einweihte, auch immer bewogen hatten zu trinken - sie
waren durch die chemischen Veränderungen in meinem Körper längst hinfällig
geworden.
    Ich wusste jetzt, dass Colin recht
hatte und dass Eric recht hatte. Ich wurde süchtig, ich wurde zum Alkoholiker.
    Ich besaß genug Lebenserfahrung, um
zu wissen, wie es eines Tages enden würde, wenn ich von dem rechten, schmalen
Weg, wie Eric ihn mir beschrieben hatte, abweichen würde. Es musste sich also
einiges ändern.
    Noch am Tag meiner Rückkehr setzte
ich mich an den Schreibtisch und erstellte eine Liste der Maßnahmen, die ich
ergreifen wollte - Maßnahmen, die den Anfang eines neuen Lebens kennzeichnen
sollten:
    1 Keinen Wein trinken
    2 Arbeit suchen
    3 Wohnung verkaufen und was Kleineres und Billigeres
suchen
    4 Ausgehen, Leute treffen
     
    Ich riss das Blatt vom Block und
steckte es mit einer Nadel an die Korkpinnwand, die Catherine mal über dem
Telefon aufgehängt hatte. Es hing noch ein Zettel mit ihrer gestochen scharfen,
schrägen Handschrift daran. »Hähnchenkeulen kaufen. Müllbeutel besorgen. Zu Hause anrufen.« Ich nahm den Zettel ab und warf ihn weg. Ich wollte
nicht jedes Mal, wenn ich zum Telefon sah, an meine Frau erinnert werden.
Catherine, auch sie hatte recht gehabt. Vor allem Catherine. Sie hatte deutlich
erkannt, was in mir vorging; sie hatte gesehen, was die Alchemie des Weins aus
der Gruft bewirkte, und sie hatte versucht, mir das verständlich zu machen. Und
ich? Ich hatte mich mit ihr angelegt, weil ich die Wahrheit nicht hören wollte.
    Ich steckte die Maßnahmenliste an
die Pinnwand, dann kramte ich Catherines zerknüllten Zettel wieder aus dem
Papierkorb hervor, strich ihn glatt und legte ihn in eine Schublade.
    Ich fügte noch etwas zu der
Maßnahmenliste hinzu, in großen schwarzen Buchstaben: Caerlyon verkaufen, Wein
verkaufen.
    Kaum hatte ich diese Worte notiert,
spürte ich eine enorme Erleichterung. So würde ich es machen. Mit einem Schlag
würde ich mich von der Versuchung, die mir selbst jetzt noch schwer zusetzte,
befreien und damit etwas mehr Stabilität in mein Leben bringen. Ich wurde krank
und ich wurde arm, beides zur gleichen Zeit. Der Erlös aus dem Verkauf meines
Unternehmens war zum großen Teil für Caerlyon draufgegangen, ein anderer Teil
für den Kauf der Wohnung in der Half Moon Street. Was übrig geblieben war, warf
nicht genug Zinsen ab, um meinen Bedarf zu decken; ich brauchte immer mehr von
meinem Kapital auf, und das immer schneller. Der Verkauf von Caerlyon würde
mich die nächsten zehn Jahre über

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