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Bordeuax

Bordeuax

Titel: Bordeuax Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Torday
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mehr auch nicht.«
    »Du hältst zwanzig Prozent vom
Stammkapital«, rief ich ihm ins Gedächtnis zurück.
    »Nein. Im Moment nicht. Nach meinem
Vertrag habe ich nur eine Option auf zwanzig Prozent des Kapitals, wenn du
beschließt, das Unternehmen zu verkaufen, oder wenn wir es an die Börse bringen.
Erst dann kann ich es einlösen, vorher nicht.« Er machte eine Pause, atmete
tief ein und fuhr dann fort: »Ich habe einen Punkt in meinem Leben erreicht,
und wir beide mit unserer Firma, da heißt es jetzt oder nie. Ich bin bereit,
noch mal zehn Jahre zu schuften, um unseren Betrieb zu einem richtig großen
Unternehmen auszubauen. Aber für die Zukunft heißt das Ankäufe. Wir müssen
unsere Anteile dazu nutzen, andere Firmen zu kaufen. Und dafür brauche ich
deine Zustimmung.«
    Ich dachte an meinen Telefonanruf,
an meinen Termin mit der Investmentbank in London und an ihren amerikanischen
Kunden. Sollte ich Andy davon erzählen? Ich beschloss, es nicht zu tun, bis ich
sicher war, was an der Sache dran war. Aber noch während ich die Entscheidung
fällte, dachte ich: Es ist das erste Mal, dass ich etwas vor Andy geheim halte.
    Andy musterte mich scharf. »Was geht
dir im Kopf herum?«
    »Nichts Besonderes«, beruhigte ich
ihn.
    »Und du bist auch nicht sauer
darüber, dass ich eigenmächtig verhandle?«
    »Ich habe dir doch gesagt, das ich
nichts dagegen habe. Wenn du meinst, das wäre das Richtige für uns, dann tu es.
Du bist der Finanzfachmann. Setz nur nicht deine Unterschrift unter irgendein
Dokument, ohne vorher Rücksprache mit mir zu halten.«
    Andy schüttelte den Kopf. »Das würde
ich niemals tun«, sagte er. »Ich weiß, ich habe meine Macken, aber einen Freund
hintergehen, das würde ich nie tun.«
    Andy fuhr am nächsten Tag nach
London. Ich ging ins Büro, setzte mich an den Computer, aber kriegte nicht viel
hin. Die ganze Zeit dachte ich daran, was ich Francis versprochen hatte. War
ich verrückt geworden? Hatte er mich hypnotisiert? Ich konnte es nicht fassen.
Auf was hatte ich mich bloß eingelassen? Wie um alles in der Welt sollte ich da
wieder herauskommen? Und wenn ich es wirklich schaffen sollte, mein Versprechen
rückgängig zu machen - es blieb mir nichts anderes übrig -, wie stünde ich dann
vor Ed und Catherine da? Vor allem Catherine. Was würde sie von mir denken?
    Ich nahm mir vor, am frühen Abend
nach Caerlyon zu fahren und Francis aufzusuchen. Wenn ich Glück hatte, würde
ich ihn allein antreffen. Ich müsste ihm nur tief in die Augen blicken und ihn
belügen. Irgendeine Geschichte würde mir schon einfallen, ein Grund, warum die
Firma nicht verkauft werden konnte - die Banken, die Verträge. Er verstand
sowieso nichts davon. Francis' Geschäftskenntnisse waren mager. Er würde mir
zuhören, er würde versuchen, seine Niedergeschlagenheit vor mir zu verbergen,
aber am Ende würde er es doch einsehen: Eigentlich hatte nie eine echte Chance
bestanden, dass ich mich mit seiner Idee anfreundete.
    Als ich mich an den Schreibtisch
setzte, klingelte das Telefon. Ich hob ab, und noch bevor ich etwas sagte,
wusste ich, wer am Apparat war.
    »Hast du gerade viel zu tun?«
    »Ich habe nie viel zu tun.«
    »Ich muss dich unbedingt sehen. Ich
will dir etwas sagen.«
    »Schön. Und wann?«
    Es war kurz still, dann sagte
Catherine etwas kleinlaut: »Ich stehe mit meinem Auto unten vor deinem Büro.«
    Ich sagte ihr, sie solle warten, zog
mein Jackett an, rief meiner Sekretärin Mary zu, ich müsste mal für ein paar Stunden
verschwinden, und lief die Treppe hinunter.
    Unten an der Eingangstür zu unserem
Büro angekommen, bedeutete Catherine mir mit einem Winken, ich sollte zu ihr
ins Auto steigen. Kaum hatte ich Platz genommen, schoss sie aus der Parklücke
und reihte sich in den Verkehr ein. Catherine fuhr schnell, aber sicher.
    »Wo geht es hin?«, fragte ich sie.
    »Es gibt eine Stelle, wo ich
manchmal hinfahre. Sie liegt am Meer, an der Mündung der Tyne. Als ich klein
war, bin ich oft mit meinen Eltern zum Mittagessen da gewesen, anschließend
musste ich mit meinem Kindermädchen eine halbe Stunde am Strand spazieren
gehen. Sie meinten, die frische Seeluft würde mir guttun.«
    »Da hatten sie bestimmt recht.«
    Mehr wurde nicht gesprochen während
der Fahrt. Erst als wir den Wagen abgestellt hatten und die Promenade von
Tynemouth entlanggeschlendert waren, weiter vor bis zu der grasbewachsenen
Böschung, von der aus man auf die Ruine der Priorei und die riesigen
Wellenbrecher hinabblickt,

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