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Bordeuax

Bordeuax

Titel: Bordeuax Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Torday
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das erst
mal alles gehört, wirst du feststellen, dass das Entscheidende ist, ob du Herr
über den Wein bist oder ob der Wein Herr über dich ist. Jetzt sollten wir eine
zweite Flasche öffnen, um zu feiern. Was haben wir da gerade getrunken? Einen
Pomerol? Hol uns noch eine Flasche Château La Fleur de Gay aus dem Keller. Ich
habe noch ein paar, Jahrgang 80, in dem Regal auf der linken Seite, in der
Mitte des Gangs, oberste Reihe.«
    Es war das erste Mal, dass Francis
in meiner Anwesenheit mehr als ein, zwei Gläser zu sich nahm. Wir tranken den
Pomerol, danach noch eine halbe Flasche Château Gazin. Ich fuhr sehr spät nach
Hause, und sehr langsam.
     
    Ein paar Tage später bekam ich eine
Postkarte von Ed Simmonds. »Ich habe ein paar Freunde auf ein Glas eingeladen,
Donnerstagabend, sieben Uhr. Enttäusch mich nicht.« Natürlich rief ich sofort
an und hinterließ die Nachricht, dass ich kommen würde.
    Am Donnerstag fuhr ich nach der
Arbeit über die Landstraße zur Hartlepool Hall. Es war ungefähr acht Kilometer
von Catherines Haus entfernt, aber größer und prächtiger, mit einem stuckverzierten
Pförtnerhaus an der Einfahrt und steinernen, mit Wappenschildern bewehrten
Greifen auf beiden Portalsäulen. Ich war schon oft da gewesen, aber jetzt fiel
mir auf, dass Eds letzte Einladung mehrere Wochen zurücklag, dabei war ich
hier früher ein und aus gegangen. Der massige Bau, hier und da von einigen
Scheinwerfern angestrahlt, hob sich vom Abendhimmel ab. Ich fragte mich, wo der
alte Marquis wohl sein Schlafzimmer hatte und ob er sich noch ans Leben
klammerte oder nicht. Ich hatte nichts Gegenteiliges vernommen.
    Es war bereits nach sieben, und zu
meiner Überraschung stand außer Eds Land Cruiser kein anderes Auto in der
Einfahrt. Ich stellte meinen Wagen ab und stieg die paar Stufen zum Eingang
hinauf. Horace, der Butler, öffnete mir und führte mich in die Bibliothek, wo
ein Tablett mit zwei Flaschen und einigen Gläsern stand; es sollte wohl nur
eine sehr kleine Runde werden. Ed saß auf einem Kaminvorsetzer und las
Zeitung. Die Bibliothek war ein riesiger Raum, voll mit ledergebundenen Büchern.
Um die Monotonie der endlosen Buchrücken aufzulockern, standen in manchen
Regalen Glasvitrinen mit ausgestopften Eulen oder anderen Tieren.
    »Guten Abend, Wilberforce«, sagte
Ed. »Schön, dass du kommen konntest.« Er trug Jeans und einen ziemlich alten Pullover,
der an den Ellbogen verschlissen war, selbst für Eds Verhältnisse etwas zu
lässig für eine Drinks Party.
    »Bin ich der Erste?«, fragte ich
ihn. Ed goss mir ein Glas Weißwein ein.
    »Eck und Annabel kommen etwas
später. Vorerst musst du mit mir allein auskommen, fürchte ich.« Er guckte
irgendwie betreten, als er das sagte.
    Ich fragte mich, ob er sie zum Essen
eingeladen hatte, und ich suchte nach einer Erklärung, warum ich davon
ausgeschlossen war. Ich hob mein Glas, trank und fragte, ohne Ed dabei anzusehen:
»Kommt Catherine auch?«
    »Nein, noch nicht, jedenfalls nicht
gleich. Ehrlich gesagt war die Drinks Party nur ein Vorwand, um dich hier
herzulocken, Wilberforce. Nicht, dass mich dein Anblick nicht auch so erfreuen
würde, aber ich wollte dich mal privat sprechen.« Ed stand auf und sah mir in
die Augen, in seinem Auftreten lag jetzt nichts Zauderndes mehr.
    »Ach so, wirklich?«
    »Ja, wirklich«, sagte Ed. Geziert
stellte er sein Glas auf einem Tisch ab. »Genau genommen wollte ich dich wegen
Catherine sprechen.«
    »Was ist mit Catherine?«, fragte
ich.
    »Du weißt, dass wir beide schon sehr
lange zusammen sind.«
    »Natürlich weiß ich das.«
    Eds Ton wurde etwas schärfer, die
Stimme lauter. »Dann weißt du wohl auch, dass wir beide heiraten werden.«
    »Nein. Das wusste ich nicht.
Herzlichen Glückwunsch. Wann ist es so weit?«
    Gereizt schüttelte Ed den Kopf. »Ein
Datum steht noch nicht fest. Aber man geht davon aus, dass Catherine und ich
heiraten werden, und zwar eher früher als später.«
    Hatte Ed seiner Freundin noch mal
einen Antrag gemacht, seit ich sie zuletzt gesehen hatte, vor zwei Tagen?
    »Allerdings gibt es einen Haken«,
sagte er.
    »Was für einen Haken?«
    »Tu nicht so, als würdest du mich
nicht verstehen, Wilberforce. Du hast dich hinter meinem Rücken mit Catherine getroffen,
und du hast sie ganz durcheinandergebracht. Sie ist noch sehr jung, und außer
mir hat sie noch nicht allzu viele Männer kennengelernt. Sie meint nur, sie
hätte dich gern, weil du neu bist.«
    »So neu bin ich nun auch

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