Bordeuax
einziges Wort.« Er hob
sein Glas Wein und trank einen kleinen Schluck.
»Noch ein bisschen jung, findest du
nicht?«
Ich nickte. »Was hast du dann
gemacht?«, fragte ich ihn.
»Irgendwas musste ich machen, das
war mir klar. Bevor ich hier herzog, habe ich einige Jahre in London gelebt.
Ich hatte mich mit >den falschen Leuten< eingelassen, wie meine Mutter
sie genannt hat. Damals habe ich mir nichts dabei gedacht, es hat Spaß gemacht,
aber es wuchs mir über den Kopf, und ich hatte riesige Spielschulden
angehäuft. Meine Eltern mussten einige Pachtfarmen verkaufen und meine Mutter
einige Bilder aus Familienbesitz. Es hat sie schwer getroffen, andererseits war
sie auch sehr gemein zu mir, insofern ist der Gerechtigkeit Genüge getan.«
Francis unterbrach für einen Moment seine Rede und erinnerte sich an etwas, das
in endlos weiter Ferne lag. Er schüttelte den Kopf, als wollte er es loswerden.
»Jedenfalls bin ich dadurch auf die Idee gekommen. Ich habe noch eine von
unseren Farmen verkauft, glich mein Konto aus, legte etwas auf die hohe Kante
und fing an, Wein zu sammeln. Danach war klar: Immer wenn mir mal wieder das
Geld ausgegangen war, was erstaunlich oft passierte, verkaufte ich die nächste
Farm.«
Diese Gespräche mit Francis gefielen
mir sehr. Sie waren anders als alle Gespräche, die ich je geführt hatte. Ich
verbrachte jetzt so viel Zeit mit ihm, wie ich eben erübrigen konnte. Er konnte
jeden Tag sterben, und ich wollte mir das Wissen aneignen, das er besaß. Es war
mehr als das: Francis redete nicht mit Eck oder Ed, nicht mal mit Catherine,
die er bewunderte, nein, Francis hatte mich auserkoren.
Francis ließ seinen Geist über mich
kommen, Tag für Tag. »Daraus habe ich eine wichtige Lehre gezogen«, fuhr
Francis fort.
»Und die wäre?«
»Immer dafür sorgen, dass dir dein
Vorrat an Farmen nicht ausgeht. Das ist mir leider nicht gelungen. Aber dann
bist du eines schönen Frühlingstages, wenn ich mich recht entsinne, hier hereinspaziert
und hast gefragt, ob ich Rotwein verkaufe.« Francis lachte bei der Erinnerung,
und ich wurde rot. Von irgendwo ganz in der Nähe war ein Kratzen zu hören. »Ich
glaube, wir haben Campbell ausgesperrt. Ich lasse ihn herein.«
»Ja, bitte«, sagte Francis. »Der
arme kleine Hund.«
Ich ging nach oben und schloss die
Ladentür auf; Campbell schlich herein, trappelte dann hinter mir her die
Kellertreppe hinunter und ließ sich zu Füßen seines Herrn nieder.
»Mir war es zuerst gar nicht richtig
bewusst«, sagte Francis, »aber der Zufall hatte mir die einzige Person
zugeführt, der dieser Ort und was er enthält ebenso am Herzen liegt wie mir.«
Während er sprach, spürte ich ein
mächtiges Summen in der Gruft unter uns, als würden die Tausenden von Flaschen
unbekannte Radiowellen aussenden. Aber es war nur der Wein, der in meinen
Adern sang.
»Was hast du vor, wenn du deine
Firma verkauft hast?«, fragte Francis.
Ich hatte Francis alle meine Pläne
dargelegt. Jetzt musste ich Andy einweihen, und das konnte ich nur noch bis spätestens
morgen früh aufschieben. Die amerikanischen Käufer wollten Zahlen sehen, sie
verlangten Informationen, und nur Andy konnte sie ihnen geben, er war mein
Finanzleiter. Ich kann nicht behaupten, dass ich mich auf das Gespräch freute.
Ich seufzte.
»Sind dir Bedenken gekommen?«,
fragte Francis. Er beugte sich vor und legte seine Hand auf meinen Arm. Es war
die erste zärtliche Geste, die ich je an ihm beobachtet hatte. Seine Hand sah
dünn aus.
»Nein, ich dachte nur gerade an die
Sachen, die ich noch erledigen muss, bevor ich die Firma wirklich verkaufen
kann.«
»Damit wirst du schon fertig, ganz
bestimmt«, sagte Francis. »Schwieriger als der Verkauf einer Farm kann es nicht
sein. Aber du hast meine Frage nicht beantwortet.«
»Ich weiß nicht«, sagte ich. »Ich
kann nicht so weit vorausblicken. «
»Du solltest dich niederlassen und
heiraten«, sagte Francis. »Mach nicht den gleichen Fehler wie ich. Einmal
dachte ich, ich hätte das Mädchen gefunden, das ich liebte. Leider war meine
Mutter nicht mit ihr einverstanden. Heute klingt das vielleicht lächerlich,
aber vor dreißig, vierzig Jahren war das überhaupt nicht komisch. Meine Mutter
war eine sehr starke Persönlichkeit. Furchterregend war der Ausdruck, den die
meisten benutzten, wenn sie von ihr sprachen.«
Ich versuchte, sie mir vorzustellen.
Eck hatte mir mal von ihr erzählt, in seiner Darstellung war sie grausam,
geradezu ein Monster.
»Aus lauter
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