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Bordeuax

Bordeuax

Titel: Bordeuax Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Torday
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jetzt wirklich gehen.«
    Eck lachte und prostete mir mit
seinem Glas zu. »Du arbeitest zu viel, Wilberforce. Immer nur Geld, Geld,
Geld.«
    Ich ging nicht weiter darauf ein,
lachte ebenfalls und sagte: »Vielen Dank für den Drink. War gut, sich mal
wieder auszutauschen. Wir sehen uns bestimmt bald wieder, nehme ich an.«
    »Du findest ja allein hinaus«, sagte
Ed. »Ich habe keine Ahnung, wo Horace steckt. Wahrscheinlich macht er uns das
Essen warm, die Köchin hat heute ihren freien Tag.«
    Ich wandte mich zur Tür, und Ed
sagte etwas zu Eck und Annabel; als ich aus der Bibliothek hinausging, hörte
ich die drei hinter mir lauthals lachen. Horace stand in der Eingangshalle,
trotz alledem, er machte mir die Tür auf und sagte: »Guten Abend, Mr Wilberforce.
Wir werden Sie bestimmt schon bald wiedersehen, nehme ich an.«
    Aus irgendeinem Grund war ich
Horace' Liebling.
     
    4
     
    Wir saßen unten in der Gruft auf
Weinkisten, und ich machte die zweite Flasche auf, diesmal einen Château
Smith-Haut-Lafitte. Francis trank nicht mehr viel Wein. Seit dem Abend, an dem
ich mein Versprechen, mich nach Francis' Tod um Caerlyon und den Weinkeller zu
kümmern, erneuert hatte, und wir aus diesem Anlass etwas gefeiert hatten, war
er noch genügsamer geworden. Er selbst trank von diesem Wein ein halbes Glas
und von jenem Wein ein halbes Glas, aber mich ermunterte er, so viele verschiedene
Weine zu probieren, wie ich verkraften konnte, und während ich sie trank,
erzählte er mir alles, was er über sie wusste: Welches Urteil die einzelnen
Weinkritiker gefällt hatten, wie viele Punkte den Weinen verliehen worden
waren, wie die Weine hergestellt wurden, welche Jahrgänge gut und welche nicht
so gut waren; manchmal ließ er sich über die Kenntnisse des Winzers aus, beschrieb
sein Haus, seine Familie, die Färbung des Bodens in den Weingärten an sonnigen
Tagen.
    Wenn ich auch nur andeutete, dass
ich eine angebrochene Flasche nicht austrinken wollte - und zuerst schienen
mir zwei Drittel einer Flasche sehr viel mehr, als ich vertragen konnte -,
sagte Francis immer nur: »Nicht vergeuden. Denk an die Liebe, die mit
eingeflossen ist.«
    Nach einiger Zeit war es für mich
kein Problem mehr, ich vertrug den Wein besser, entwickelte sogar eine gewisse
Zuneigung.
    »Ich weiß nicht, wie viel Zeit mir noch
bleibt«, sagte Francis. »Vielleicht ein Monat, vielleicht zwei. Ich fürchte, es
könnte das letzte Mal sein, dass wir zusammen in der Gruft sitzen. Das Treppensteigen
wird mir bald zu anstrengend.«
    Ich goss uns beiden ein Glas ein.
Francis ging jetzt ständig am Stock, und er hatte jemanden dazu überredet, sein
Bett von der ers ten Etage
hinunter ins Esszimmer zu tragen, wo ein provisorisches Schlafzimmer
eingerichtet worden war. Zum Glück befand sich im Erdgeschoss auch eine
Toilette. »Sag so etwas nicht«, bat ich ihn.
    »Man muss den Tatsachen ins Auge
blicken, mein Lieber. In den Stunden, die du mir freundlicherweise schenkst,
lernst du so eifrig, dass wir bald den Punkt erreichen werden, an dem ich dir
auch nicht mehr viel über Wein beibringen kann. Das tröstet mich.«
    »Ich werde mich nie auch nur halb so
gut mit Wein auskennen wie du«, sagte ich.
    Francis antwortete nicht darauf,
blickte sich in dem großen Gewölbekeller mit seinen in Gängen und Kistentürmen
lagernden Flaschenschatz um und sagte: »Es ist ganz egal, wie viel Wein man herausholt,
es wird anscheinend nie weniger. Ich habe immer nur gesammelt und kaum etwas
verkauft.«
    »Der ideale Keller«, sagte ich.
    »Manchmal frage ich mich, ob ich mit
dem Sammeln von Wein nicht mein Leben vergeudet habe. Wein ist schließlich
nichts anderes als fermentierter Traubensaft.« Francis schüttelte den Kopf und
lachte über diesen absurden Gedanken. »Ich glaube, es war vor fünfzehn Jahren,
da musste ich entscheiden, ob ich eine Farm oder den Wein verkaufen sollte, um
über die Runden zu kommen. Mir blieb einfach keine andere Wahl. Ich habe nie
einen vernünftigen Beruf gelernt. Und es hat mir auch nie jemand gesagt, dass
ich mal meinen eigenen Lebensunterhalt verdienen müsste. Mein Vater und mein
Großvater mussten es jedenfalls nicht. Als ich das Erbe antrat, verstand ich
kein bisschen von Geld. Ich habe nie an Geld gedacht, bin gar nicht auf die
Idee gekommen. Zweimal im Jahr kam mein Steuerberater, und wir haben zusammen
eine Flasche Sherry getrunken. Danach konnte ich mich nie mehr daran erinnern,
was er mir gesagt hat. Ich hatte nichts behalten, kein

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