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Bordeuax

Bordeuax

Titel: Bordeuax Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Torday
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wieder
nicht, Ed«, wandte ich ein. »Wir kennen uns alle seit gut einem Jahr.«
    Ed lächelte etwas bemüht, fast
verächtlich. Ich hatte dieses Lächeln schon ein paarmal an ihm beobachtet,
immer dann, wenn irgendjemand oder irgendetwas ihn dazu bewog, die Rolle des
umgänglichen, einnehmenden jungen Mannes, die er sonst spielte, abzulegen.
»Glaub mir, Wilberforce, ein Jahr, das gilt hier als neu, sehr neu. Du bist in
unser Leben getreten, und wir haben dich als Freund aufgenommen. Jetzt muss ich
feststellen, dass Francis dir seinen ganzen Wein vermacht, und mir willst du
Catherine wegnehmen und dich wahrscheinlich in Caerlyon mit ihr niederlassen.
Das ist doch ein Witz.«
    Ich spürte, dass ich rot wurde. Die
höhnische Unterstellung, ich hätte mich bei ihm und seinem Freundeskreis
eingeschmeichelt, war mir äußerst unangenehm. Ed hätte kaum etwas
Verletzenderes sagen können.
    »Es tut mir leid, wenn Catherine
glaubt, sie hätte mich gern, mehr, als sie deiner Meinung nach darf. Sonst
fällt mir dazu nichts ein. Wenn es stimmt, kann ich nur sagen, so etwas
passiert eben.«
    »Ich möchte«, sagte Ed, der die
Worte mühsam zwischen den Zähnen hervorpresste, »ich möchte, dass du dich nicht
mehr mit ihr triffst.«
    »Ich treffe mich nicht mit ihr -
jedenfalls nicht regelmäßig.«
    »Sie sagte mir, ihr hättet euch in
den letzten zwei Wochen dreimal gesehen. Wie würdest du das sonst nennen?«
    »Ganz egal, wie ich das nenne. Ich
lebe mein Leben, und Catherine lebt ihr Leben. Ob wir uns treffen oder nicht,
ist doch eigentlich ihre Sache, findest du nicht?«
    Möglich, dass Ed überlegte,
physische Gewalt anzuwenden, sein Blick jedenfalls besagte das. Ich wäre ganz
sicher vor ihm zurückgewichen, nur stand hinter mir ein Sofa, auf das ich
unweigerlich geplumpst wäre. In dem Moment kam Horace, kündigte Mr Chetwode-Talbot
und Miss Gazebee an und zog sich gleich wieder zurück.
    Eck betrat das Zimmer und strahlte
über das ganze rote Gesicht. »Ed! Wilberforce! Unsere wunderbare Annabel kommt
auch jeden Moment, sie ist erst noch mit Horace davongezogen.«
    »Hallo, Eck«, sagte Ed. »Ein Glas
Wein? Oder lieber etwas anderes? Was du willst.«
    »Für mich bitte Whisky und Soda,
Ed.«
    Ed ging zu einem anderen Tisch, auf
dem ein Dekantiergefäß mit Whisky und ein Siphon standen, goss etwas Whisky in
ein Glas und tat ein paar Spritzer Sodawasser hinein. Eck sah mich unterdessen
stirnrunzelnd an, ich zuckte mit den Achseln. Die Spannung war verflogen, kaum
hatte Eck den Raum betreten, aber man brauchte sich nicht in Psychologie
auszukennen, um zu spüren, dass irgendetwas nicht stimmte.
    Ed kam mit einem großen Whiskyglas
zurück und gab es Eck. Im selben Moment kam Annabel herein. Sie sah mich, kam
auf mich zu und küsste mich auf beide Wangen, ging dann zu Ed und umarmte ihn,
mit erheblich mehr Leidenschaft.
    Noch mehr Alkohol wurde ausgeschenkt.
Ich fragte mich, wie rasch ich mich absetzen konnte, ohne dumme Bemerkungen zu
ernten.
    Eck wandte sich wieder Ed zu. »Wie
geht es deinem Vater?«
    »Redet wirres Zeug.«
    »Armer Kerl«, sagte Annabel. »Muss
fürchterlich für ihn sein. Er war immer ein sehr aktiver Mensch.«
    »Das haben alle Frauen von ihm
behauptet«, sagte Eck. »Eigentlich keine schlechte Grabinschrift.«
    Ed fand das offenbar amüsant. »Wenn
meine Mutter noch am Leben wäre, hättest du das nicht gesagt, Eck.«
    »Ich hätte nicht gewagt, irgendetwas
zu sagen«, erwiderte Eck. »Deine Mutter hat mir höllisch Angst gemacht.
Erinnerst du dich noch an deine Geburtstagsparty, als du achtzehn wurdest und
sie mich dabei erwischt hat, wie ich mich durch fremde Zimmer schleiche?«
    Allgemeines Gelächter, ich fühlte
mich ausgeschlossen. Sie erzählten sich intime Witzchen, die ich nicht
verstand, erinnerten sich an alte Zeiten, die ich dagegen brav allein zu Hause
verbracht hatte, um mir das Computerprogrammieren beizubringen, mir eine Zukunft
aufzubauen.
    Ich stellte mein Glas ab.
»Entschuldige, Ed, aber ich muss leider los.«
    »Aber wir sind doch gerade erst
gekommen«, sagte Annabel. »Das ist wirklich unhöflich.«
    »Bleibst du nicht zum Essen?«,
fragte Eck. »Und wo ist eigentlich Catherine?« Ich glaubte, Eck wollte bewusst
böswillig sein. Er genoss es, die Stimmung noch anzuheizen.
    »Catherine kommt etwas später«,
sagte Ed. »Meine Einladung zum Abendessen hat Wilberforce bereits
ausgeschlagen, stimmt doch, Wilberforce, oder?«
    »Du bist immer sehr fürsorglich, Ed,
aber ich muss

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