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Bosmans/Deleu 01 -Nackte Seelen

Bosmans/Deleu 01 -Nackte Seelen

Titel: Bosmans/Deleu 01 -Nackte Seelen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luc Deflo
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sich eingestehen, dass er sich darauf freute, Maud wiederzusehen. Seit ihrer Scheidung hatten sie keinen Kontakt mehr zueinander. Gut, dass die Kinder bei ihrer Trennung schon so gut wie erwachsen gewesen waren.
    Maud war nach der Scheidung aufs Land gezogen, und Truus, die jüngere Tochter, hatte noch etwa ein halbes Jahr bei ihr gewohnt. Nachdem sie achtzehn geworden war, hatte sie sich Arbeit gesucht, und jetzt wohnte sie bei ihrem festen Freund, Erik, einem salopp gekleideten Innenarchitekten. Die beiden hatten eine Wohnung in Antwerpen.
    Eva war damals schon mit Bas verheiratet, und gleich nach ihrer Hochzeit hatten sie ein Haus in Weerde gekauft. War Truus bei Maud nicht glücklich gewesen? Hatte sie ihren Vater vermisst? Bosmans seufzte und nahm sich vor, Truus diesmal nicht wieder auf Enkel anzusprechen. Sie mochte das nicht. Sie hätten doch noch alle Zeit der Welt. Wie alt war Truus jetzt eigentlich? Siebenundzwanzig? Na ja, heutzutage bekamen ja alle ihre Kinder so spät, das war wohl modern.
    Im Grunde hatten weder er noch seine Frau, eine viel beschäftigte Dekorateurin, ihren Kindern wirklich das geben können, was sie brauchten. Oder doch? War er ein guter Vater gewesen und Maud eine gute Mutter?
    Er nahm sich vor, heute Abend mal mit Maud darüber zu reden. Andererseits wusste er ja nicht mal, ob sie allein kam. Vielleicht hatte sie schließlich doch jemand anderen kennengelernt. Irgendwo in einer Bar, spätabends, nach der Arbeit. Einen Vertreter oder so. So einen, der mit seiner Krawatte auf Halbmast einsamen Frauen Honig um den Bart schmierte, sie betrunken machte und dann … Bosmans fluchte und sah in Gedanken schon den gemütlichen Abend zum Teufel gehen. Aber er würde brav sein und sich benehmen. Hauptsächlich Eva zuliebe. Hauptsächlich, um wiedergutzumachen, was er in der Vergangenheit an seinen Kindern versäumt hatte.
    Sollte er vielleicht auch jemanden mitbringen? Einen hübschen jungen Käfer? Da würde Maud aber Augen machen!
    Bosmans lächelte. Und wenn er, genau wie Deleu, mal bei dieser Mulattin anriefe, dieser Danielle? Jung, knackig, sexy und dann auch noch dunkelhäutig. Maud würde der Schlag treffen.
    Bosmans blieb vor einem Geschenkeladen stehen und dachte fieberhaft nach. Kreativität in puncto Geschenke war noch nie seine Stärke gewesen. In dem Augenblick, als das Handy an seinem Gürtel zu summen anfing, hörte er in der Ferne eine Sirene. Unwillkürlich stieß er einen Fluch aus.

[home]
    29
    D irk Deleu, geschasster Kripo-Fahnder, betrat die majestätische Kirche. Überwältigt von der plötzlichen Großartigkeit dachte er daran, dass Sparmaßnahmen und Modernisierung hier Fremdwörter waren.
    Pastor Hermans’ beeindruckende Stimme hallte durch die Seitenschiffe bis ganz nach hinten, wo Deleu, angegafft von einer Schar treuer Kirchgänger, sich still und leise auf eine Bank setzte.
    Als er den Blick zum Altar wandte, kam es ihm vor, als schaue ihm Pastor Hermans genau in die Augen. Ob er ihn aus dieser Distanz heraus erkennen konnte?
    Er machte sich so klein wie möglich, lief unwillkürlich rot an und verfluchte sich dafür. Ein erfahrener Kriminalbeamter, der sich beim geringsten Anlass in einen gekochten Hummer verwandelte. Er sagte sich, Angriff sei die beste Verteidigung, und bohrte seinen Blick in den eines gaffenden Kirchenbesuchers. Prompt wandte der Mann den Blick ab, was Deleu als Sieg wertete. Er schloss die Augen und dachte an Barbara. Vergebung, hier und jetzt.
    Füßescharren unterbrach ihn in seinen Gedankengängen, und als er die Augen öffnete, sah er, dass Pastor Hermans die Hostien austeilte. Dabei murmelte er ab und zu einige lateinische Wörter, was Deleu erstaunte, denn er hatte geglaubt, dass Latein während des Abendmahls längst abgeschafft sei. Aus dem Hintergrund verfolgte Deleu das Geschehen, erwog kurz, sich in die Schlange einzureihen, blieb aber sitzen. Aus seiner Kindheit erinnerte er sich, dass ein Gläubiger zur Beichte ging, bevor er beim Abendmahl den Leib Christi zu sich nahm.
    Sobald alle Gläubigen wieder Platz genommen hatten, erklomm Hermans die Kanzel zu einer letzten Predigt. Bei seiner feurigen Rede wedelte er mit den Armen wie ein riesiger Raubvogel.
    Es war wirklich ein imponierender Anblick: die Menge, totenstill, im Bann eines charismatischen Redners. Zwar wirkten hier nur die Macht und die Ausstrahlung eines einfachen Pastors, aber dennoch war es beeindruckend.
    Als die Messe zu Ende war, standen alle auf und drängten

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