Bosmans/Deleu 02 -Totenspur
Zigarette an und erklärte widerwillig, was geschehen war. Der Vogel war schon in der ersten Nacht ausgeflogen.
Jef Vanderkuylen war dem BMW Robert Pardons gefolgt, doch als der Wagen nach einer Fahrt von etwa einer Stunde vor der Brüsseler Börse hielt, stellte sich heraus, dass nicht etwa der Politiker darin saß, sondern ein Unbekannter. Wahrscheinlich einer seiner Lakaien. Der Mann war ausgestiegen, hatte hämisch grinsend eine Zigarette geraucht und war anschließend in aller Gemütsruhe wieder zurück nach Leest gefahren, Pardons Wohnort. Dort stellte er den BMW in die Garage. Von Robert Pardon dagegen keine Spur.
»Aber wie ist das möglich?«, fragte sich Deleu laut. »Woher hat der Kerl geahnt, dass wir ihn beschatten? Niemand wusste von der Aktion, außer …«, er warf Nadia einen kurzen Blick zu, »uns beiden.«
»Das stimmt nicht ganz«, erwiderte Bosmans. »Ich bin eben bei Claude Verspaille gewesen.«
»Na, dann weiß es natürlich Gott und die Welt«, fiel Deleu ihm ins Wort.
Bosmans zuckte händeringend mit den Achseln und fluchte erneut.
»Vielleicht kann ich einspringen«, schlug Nadia vor.
»Mich kennt noch niemand. Ich könnte ihn täuschen.«
Die beiden Männer musterten sie erstaunt.
»Doppelte Deckung – eine sehr effiziente Taktik. Damit sind die Franzosen Fußballweltmeister geworden.«
»Du interessierst dich für Fußball?«, fragte Deleu erstaunt.
Jos Bosmans’ Stirnfalten vertieften sich bedenklich, doch Nadia Mendonck antwortete zuckersüß: »Nicht im Geringsten. Weibliche Fußballfans sind genauso selten wie Nymphomaninnen. Allerdings habe ich in harten Zeiten gelernt, meine Feinde mit ihren eigenen Waffen zu schlagen. Und Rutger ist genauso fußballverrückt wie alle anderen Männer auch.«
»Das ist aber ein Vorurteil!«, warf Jos Bosmans ein und klopfte sich selbstsicher auf das ungebügelte Hemd. »Nicht alle Männer interessieren sich für Fußball!«
»Rutger behauptet, alle Männer, die nicht die Fußballweltmeisterschaft im Fernsehen verfolgen, seien automatisch schwul«, entgegnete Nadia ungerührt.
Bei diesem Pauschalurteil rutschte Bosmans nervös auf seinem Stuhl hin und her, doch er hielt wohlweislich den Mund.
»Na schön, aber jetzt sparen Sie sich mal das Geplänkel für die Kaffeepause. Observieren Sie Robert Pardon, aber gehen Sie bitte keinerlei Risiko ein!«
»Was soll das heißen, Chef?«, fragte Nadia heiser, undhinter dem Schlitz ihres knöchellangen Kleides blitzte ein elegant wippender Unterschenkel hervor. »Eins zu eins?«
»Ab durch die Mitte!«, befahl Bosmans.
Sofort machte sich die junge Kollegin auf den Weg.
»Augenblick noch!«, rief Bosmans, und sie blieb noch einmal stehen.
»Ja?«
»Wissen Sie überhaupt, wie Pardon aussieht und wo er wohnt?«, fragte Bosmans grinsend. Zum ersten Mal, seit Deleu sie kannte, lief Nadia Mendonck rot an. Der Untersuchungsrichter warf ihr eine graue Mappe zu und ergänzte amüsiert: »Hier finden Sie alles, was wir über ihn wissen. Sogar gegen welchen Baum er am liebsten pinkelt!«
Sie fing die Mappe geschickt auf, salutierte, sagte:
»
Merci, patron«,
und verschwand.
»Fingerabdrücke?«, brummte Bosmans, ohne seinen alten Weggefährten anzusehen.
»Keine drei brauchbaren. An der Unterkante des Gefrierschranks waren noch ein paar, aber ich befürchte, das reicht nicht. Die Wohnung wurde offenbar gründlich gereinigt.«
»Bitte die Kollegen im Labor noch mal ausdrücklich, alles zu tun, um aus dem Material etwas herauszuholen. Ich möchte wissen, ob die Fingerabdrücke auf dem Bankschließfach dieselben sind wie die in der Wohnung von Nadine Versluys. Ich denke da an ein Paar, Dirk. Mann und Frau.«
»Wie kommst du darauf?«, fragte dieser, während er sich lauwarmen Kaffee in einen mitgenommenen Plastikbecher einschenkte.
»Ist nur so ein Gefühl«, antwortete Bosmans.
Deleus Gesichtsausdruck spiegelte eine Mischung aus Abscheu und Unglauben wider. Ersteres hatte mit dem Kaffee zu tun, das zweite mit dem, was der Untersuchungsrichter gerade gesagt hatte. Der Ermittler wartete schweigend auf eine Erklärung. Aus Erfahrung wusste er, dass sein Freund nie etwas Unüberlegtes sagte und sich unter keinen Umständen von seinen Gefühlen leiten ließ.
»Andererseits …«, verwarf Bosmans seinen eigenen Denkansatz. »Wenn die Opfer von einer Frau angelockt werden, wozu sollte dann noch ein Mann ins Spiel kommen? Irgendwie scheint die ganze Sache einen lesbischen Beigeschmack zu haben. Was
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