Bosmans/Deleu 02 -Totenspur
Amtsräumen.« Er spreizte demonstrativ die Hände, zog den Kopf ein und sagte: »So, jetzt weißt du’s.«
»Maud?«
Bosmans schüttelte grinsend den Kopf, zog ein schmutziges blassgrünes Taschentuch hervor und schneuzte sich ausgiebig die Nase. Dass sich Dirk Sorgen um ihn machte, tat ihm gut. »Nein, nein«, erwiderte er mit einem entwaffnenden Grinsen, das um die aufgesprungenen Lippen spielte. »Das Leben besteht nicht nur aus Wiederholungen. Diesmal hat es einen anderen Grund.« Mit einem Blick auf Deleus skeptische Miene fuhr er fort: »Es ist nicht so, wie du denkst. Es liegt daran … na ja, ich befürchte, dass bestimmte Unterlagen aus der ein oder anderen Akte verschwinden könnten.«
»Wie bitte?«
»Ich habe Grund zu der Annahme, dass er mich, kurzvor Abschluss der Ermittlungen, kaltstellen will, indem er mich kompromittiert.«
»Wer denn, Jos?« Deleu blickte sich misstrauisch um, als hätten die Wände Ohren. Bosmans hielt sich sonst nie in seinen Amtsräumen auf. Er hatte sich hier in Mechelen ein kleines Büro eingerichtet, in dem er tun und lassen konnte, was er wollte: Zuhälter, Nutten und Gangster empfangen, Geständnisse aus Tatverdächtigen herauspressen, Informanten unter Druck setzen und so weiter. Hier war er frei wie ein Vogel, hier sah ihm kein Verwaltungsleiter auf die Finger, hier musste er nicht wegen jeder Kleinigkeit einen Bericht schreiben et cetera. Deleu war jetzt vollends verwirrt. »Sonst bist du doch so gut wie nie da, und jetzt übernachtest du sogar dort? Was ist los? Rede endlich Klar-text!«
»Wo befinden sich die offiziellen Unterlagen zu diesem Fall? Wo werden die Akten bei Bedarf neu zusammengestellt? Wo befinden sich die Originale der Autopsieberichte und der Tatortbeschreibungen? Wo, Dirk?«
»In Brüssel, im Gerichtsgebäude.«
»In meinen Amtsräumen, Deleu!«
»Ja, natürlich. Sorgfältig unter Verschluss. Na und?«
Jos Bosmans lächelte und rieb sich die rot umränderten Augen. Er bot Deleu eine Belga an. Beide Männer rauchten schweigend.
»Nachts ist da doch kein Schwein. Nur tagsüber musst du aufpassen.«
»Tagsüber hält mein Kanzleivorsteher Trentels die Augen offen. Ihm kann ich vertrauen.«
Deleu rutschte nervös auf der Stuhlkante hin und her und flüsterte verschwörerisch: »Nachts wird das Gerichtsgebäude doch bewacht?«
»Dirk«, seufzte Bosmans, »du bist ein guter Ermittler. Der beste von allen, wenn es um die Fahndung nach Serientätern geht. Aber in diesem Fall …«
»Zweite Liga gegen Nationalmannschaft«, erwiderte Deleu ein wenig patzig. »Raus mit der Sprache, Jos, du brauchst nicht um den heißen Brei herumzureden. Nicht mir gegenüber.«
Bosmans seufzte. »Ich will’s mal so sagen: Im Gerichtsgebäude gibt es noch andere Untersuchungsrichter, die manchmal bis spätabends Überstunden machen. Habe ich mich deutlich genug ausgedrückt?«
»Ebenso Staatsanwälte und anderes Gesindel«, zischte Deleu mit wütendem Blick.
»Richtig. Verspaille. Ich habe ihn in der Hand. Alles klar? Weißt du jetzt genug? Was hast du mir da übrigens mitgebracht?«
»Den Bericht des kriminaltechnischen Labors, die Ergebnisse der Autopsie und den ganzen anderen Kram«, brachte der Ermittler überrumpelt hervor. »Die Kollegen haben Ungeheures geleistet, sie haben die ganze Nacht durchgearbeitet.«
»Und?«, fragte Bosmans, dessen Müdigkeit dahinschmolz wie Eis in der Mikrowelle.
»Ich greife nur mal das Wichtigste heraus«, begannDeleu, während sein Chef den Kopf reckte und ihn erwartungsvoll ansah. Das grelle Neonlicht in dem ansonsten dunklen Büro umkränzte sein wirres Haar. Wie ein Heiligenschein, dachte Deleu, und während die unpassende Metapher ihm noch ein wenig im Kopf herumspukte, sagte er trocken: »Die Fingerabdrücke stimmen überein.«
»Ja, und?«
»Sie sind identisch mit denen, die wir im Wagen und im Apartment von Robert Pardon gefunden haben.«
»Wie viele?«
Dirk Deleu sah ihn verwirrt an.
»Sind es zwei Täter, oder ist es nur einer?«
»Nur ein Set von Fingerabdrücken wiederholt sich überall. Es ist ein Täter«, antwortete Deleu.
»Eine Täterin«, verbesserte Bosmans ihn selbstgefällig. Deleu kratzte sich am Ohr und hielt wohlweislich den Mund. Er gähnte, und im selben Moment schwang die Tür von Bosmans’ Büro auf.
»Registriert?«
»Nein«, seufzte Deleu, »auch nicht in Frankreich.«
»Todesursache?«, fragte der Untersuchungsrichter, ohne aufzublicken.
»Das Opfer wurde zu Tode gefoltert. Die
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