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Bosmans/Deleu 04 -Todeswahn

Bosmans/Deleu 04 -Todeswahn

Titel: Bosmans/Deleu 04 -Todeswahn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luc Deflo
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Schaufenstern der Nutten zwischen Schaarbeek und Nordbahnhof habe ich nach einem Zeichen gesucht, egal was für einem.
    Von seinen Gefühlen überwältigt brach Verbist in Tränen aus. Erst kürzlich war das Grab seiner Großmutter geräumt worden.
    Ich würde viel für ein Andenken geben, und wenn es nur ein Fingerknöchel wäre. Ich frage mich immer wieder, wo deine Knochen geblieben sind. Knochen verwesen doch nicht so schnell. Die heben die Gruben mit Bulldozern aus und werfen alles auf einen Haufen.
    Ein grauenvoller Gedanke!
    »Die guten Menschen werden mit den schlechten vermischt. Nicht einmal das Foto auf ihrem Grabstein, das ich jahrelang betrachtet habe, konnte ich wiederfinden. Ich bin zu spät gekommen. Es war nicht mehr da. Nichts war mehr da. Kein Grabstein, kein Fingerknöchel, keine Seele, nichts, nur eine tiefe Grube.«
    Wichtchen war bei seinem Monolog verstummt, und Verbist sah sie hilflos an.
    Diese unkontrollierten Weinkrämpfe muss ich mir langsam abgewöhnen. Richtige Väter dürfen nicht weinen, jedenfalls nicht im Beisein ihrer kleinen Kinder. Heulende Väter bieten keinen Halt.
    Er setzte Wichtchen wieder in ihren Stuhl, wickelte ein Küchenhandtuch um seine Hand und räumte den Dreck weg. Wichtchen protestierte lauthals.
    Verbist wusste nicht mehr, was er mit ihr machen sollte, und gab ihr schließlich eine Brotkruste.
    Mit ihrer typischen Behendigkeit zog sie ihm die Kruste aus den Fingern und steckte sie in den Mund.
    O Gott! Was habe ich nun schon wieder angestellt? Gleich wird sie brechen, keine Luft mehr bekommen und sterben. Ich muss ihr auf den Rücken klopfen. Unten, nicht oben. Wenn man oben klopft, macht man alles noch schlimmer. Habe ich in einem Merkblatt vom Roten Kreuz über Erste Hilfe bei Unfällen gelesen.
    Das Herz klopfte ihm vor Aufregung bis zum Hals, aber es geschah nichts. Wichtchen lutschte an der Kruste herum, stieß erfreute Schreie aus und schluckte das Brot schmatzend herunter. Sie griff in die Luft, sah ihn empört an und krähte: »Aaah, aah, aka!«
    Nein, ich kann beim besten Willen nicht behaupten, dass das wie »Vati« klingt. Trotzdem muss ich ihre verbalen Äußerungen ernst nehmen. Ich darf nicht einfach darüber hinweggehen.
    Verbist hob seine Tochter aus dem Stuhl und versprach ihr, dass sie niemals Angst zu haben brauche, denn er sei immer für sie da. Dankbar brabbelte sie zufrieden vor sich hin.
    Er legte sie auf das Sofa, und sie kämpfte gegen den Schlaf. Wie jedes Mal war es ein harter Kampf. Sie rieb sich die müden Äuglein, weigerte sich aber einzuschlafen. Doch nachdem sie einmal ihren Daumen gefunden hatte, nickte sie ein.
    Herman Verbist holte einen Aschenbecher und ein Pils und setzte sich vor den PC , fest entschlossen, sich bis in sein tiefstes Inneres zu ergründen und seine Erkenntnisse so poetisch wie möglich seinen Lesern nahezubringen.

[home]
    Mittwoch, 26 . November – 17  Uhr 45
    D er Mann mittleren Alters entblößte seine Zähne und polierte sie mit dem Zeigefinger. Er schnalzte mit der Zunge und sah auf die Uhr.
    Viertel vor sechs.
    Vergnügt rieb er die Hände und atmete ein paar Mal tief ein und aus.
    »Pe…terrr!«, ertönte es von unten an der Treppe.
    »Ja, Schatz?«
    »Was machst du denn da?«
    »Nichts, ich habe gebadet, warum?«
    Er eilte zum Treppenabsatz, wo ihn seine Frau Mia erstaunt ansah.
    »Mitten in der Woche?«
    Der muskulöse Familienvater mit den halblangen, glatten Haaren hauchte seiner Ehefrau einen Kuss auf die Wange.
    »Du riechst so gut.«
    »Bis gleich!«
    »Wo willst du denn hin?«, fragte Mia misstrauisch und drückte das zappelnde Baby an die Brust.
    »Ich wollte mit Omer einen trinken gehen. Du brauchst heute Abend nicht auf mich zu warten. Omer hat sich bei Telenet beworben, und ich möchte ihn darüber ausfragen. Ich will mich da auch irgendwann mal …«
    »Kommt nicht in Frage. Unser kleiner Bram ist krank, und ich muss zum Arzt. Du denkst auch an gar nichts, nur an dich selbst.«
    Die dicke Frau schüttelte den Kopf, und ihr Mann wurde weiß um die Nasenflügel. Er warf seine nach Zitrone duftenden Haare in den Nacken.
    »Aber …«
    »Kein Aber. Muss ich hier wieder mal mit allem allein zurechtkommen? Du hast noch nichts gegessen, und die Kinder auch nicht. Ganz zu schweigen von mir.«
    »Jetzt gib doch endlich Ruhe! Wer arbeitet hier nur noch halbtags?«
    Mürrisch lief der Mann die Treppe hinunter und rempelte dabei seine Frau grob an.
    »Peter!«
    Seine Augen blitzten vor Wut, als

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