Bote des Todes
sich dazu, Hausfrau zu sein, und sie hatte mehr oder weniger eingeräumt, dass sie sie unter einem Vorwand hergelockt hatte. Und jetzt war sie diejenige, die nicht mit offenen Karten spielte.
„Mum, ich kann nur sagen, dass du den schwersten Job der Welt hast. Der Kaffee läuft durch, und den werden alle gleich als Erstes brauchen. Ich möchte, dass du dich jetzt umziehst. Ich gehe mit dir auswärts frühstücken.“
„Moira! Die Kinder sind hier, Siobhan und Colleen …“
„Versteh es nicht falsch, aber Granny Jon kann auch kochen, und Danny kommt zum Frühstück rauf, Siobhan und Colleen sind hier – ganz zu schweigen davon, dass es Patrick gut tun würde, sich zur Abwechslung auch mal selbst zu versorgen. Ich möchte einmal meine Mutter für mich allein haben.“
„Aber Moira …“
„Bitte.“
„Ich sage deinem Vater Bescheid.“
„Wir können doch einen Zettel hinlegen.“
„Moira, ich muss mich doch sowieso erst umziehen.“
„Da hast du Recht. Aber beeil dich bitte.“
Katy kam ihrem Wunsch nach und lief aus der Küche. Moira war sich dagegen nicht sicher, ob sie Schuld oder Freude empfinden sollte, dass ihr Plan ihre Mutter so glücklich machte.
Jacob Brolin hielt sich in einem Hotel nahe dem New England Aquarium in unmittelbarer Nachbarschaft zu Little Italy auf. Moira hatte sich einer kleinen Notlüge bedient und ihrer Mutter erzählt, sie habe davon gehört, dort gäbe es ganz besonders gute Eier à la Benedictine, auf die sie schon seit Tagen Heißhunger hatte.
„Also, Moira Kathleen“, sagte Katy, nachdem sie sich gesetzt hatten, „die kann ich auch zubereiten. Du hättest nur ein Wort sagen müssen.“
„Das weiß ich doch, Mum. Aber ich wollte, dass du mal von zu Hause fortkommst.“
Moira sah sich um und fragte sich, ob Brolin und seine Leute hier im Restaurant frühstücken würden. Es war nichts weiter als ein Versuch, da er sich das Frühstück wahrscheinlich auf sein Zimmer bringen ließ.
Plötzlich merkte sie, dass ihre Mutter die Speisekarte zur Seite gelegt hatte und sie ansah. Sie schob ihre Lesebrille ein Stück nach unten und betrachtete Moira fragend.
„Moira Kathleen.“
„Ja, Mum?“
„Es gibt hier keine Eier à la Benedictine.“
„Ehrlich?“
„Du kannst deiner Mutter nichts vormachen, Mädchen.“
„Nein, Mum, ich dachte nur …“
„Verkauf mich nicht für dumm, Tochter. Warum sind wir hier?“
Sie lehnte sich vor. „Also gut, Mum. Ich dachte, wir würden hier vielleicht Jacob Brolin über den Weg laufen.“
Katy legte den Kopf schräg. „Warum hast du nicht einfach versucht, ihn anzurufen?“
„Ich bin bei keinem Network, nicht mal bei einem großen Kabelsender, Mum“, erklärte Moira. „Außerdem … wollte ich das persönlich machen.“
Katy nickte. „Ich verstehe. Aber warum hast du mir das nicht einfach gesagt?“
„Ich habe die ganze Zeit noch keine Minute mit dir allein verbracht, seit ich angekommen bin, Mum“, antwortete Moira ernst und widmete sich ganz ihrer Mutter.
Der Kellner kam an den Tisch, wünschte den beiden Damen einen guten Morgen und fragte dann, ob sie schon gewählt hätten.
„Ich nehme eine Waffel mit Erdbeeren, Kaffee und Orangensaft“, sagte Katy. „Moira?“
„Rührei mit Schinken und Käse, Kaffee und Orangensaft bitte“, bestellte Moira. Nachdem der Kellner gegangen war, beugte sie sich zu ihrer Mutter vor. „Mum, ehrlich, ich wollte mit dir zusammen sein.“ Das entsprach tatsächlich der Wahrheit. Sie wollte nicht mit ihrer Verwirrung über die abgelaufene Nacht allein sein, und sie hatte nicht im Haus sein wollen, falls Michael und Josh schon früh am Tag eintrafen, um mit ihr den Drehplan für den Tag durchzugehen oder mit ihr über die weitere Planung zu sprechen. Sie hatten schon so genügend gefilmt, um eine ganze Sendung zu bestreiten, selbst wenn sie auf Szenen vom St. Patrick’s Day verzichten würden, was allerdings dem Leisure Channel nicht gefallen würde.
„Geht es dir gut, Moira?“ fragte ihre Mutter.
Moira nahm ihre Hand und drückte sie. „Ich bin ein wenig verwirrt, das ist alles.“
„Danny?“
„Ist das so offensichtlich?“
„Nein, du bist praktisch unhöflich ihm gegenüber.“
„Mum, du magst Michael, richtig?“
„Er gibt sich sehr viel Mühe. Und er sieht gut aus. Wahrscheinlich noch etwas besser als Danny, aber bei Jungs aus Irland bin ich nun mal voreingenommen. Du sagst, dass er zuverlässig ist, dass er hart arbeitet, Theater und Musik mag, und
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