Bote des Todes
Inquisition ablaufen“, protestierte Patrick.
„Ich muss das wissen“, sagte sie zu ihrem Bruder. Sie wusste nicht, welcher Teufel sie ritt, aber sie war unhöflich. „Ich möchte die Gewissheit haben, dass Sie diese Kinder in Literatur und Sprachen und Mathematik und Computertechnik und so weiter unterrichten. Sie richten doch keine Schulen ein, die den Kindern vermitteln, wie man Waffen herstellt und benutzt, oder?“
„Moira“, sagte Patrick aufbrausend.
„Ist schon gut.“ Andrew faltete die Hände auf dem Tisch und sah Moira ernst an. „In den siebziger und achtziger Jahren gab es sehr viel Gewalt in Nordirland. Die schlechten Zeiten haben viele zum Auswandern bewogen. Außerdem gibt es viele Voll- und Halbwaisen. Viel Armut. Doch allmählich kommt auch Nordirland finanziell auf die Beine. Aber es wächst eine Generation ins Erwerbsleben nach, die nur wenig Ausbildung erfahren hat. Junge Erwachsene mit nur geringer Bildung und wenigen Fertigkeiten. Wir hoffen, das ändern zu können.“
„Gut. Wenn die Sache steht, werde ich gerne sehen, was sich machen lässt“, versprach sie. Patrick sah sie noch immer so an, als wollte er sie am liebsten unter dem Tisch vors Schienbein treten. Auch Jeff warf ihr einen etwas vorwurfsvollen Blick zu. War sie etwa paranoid? Viele Politiker ergriffen die Chance, die Dinge zu verändern und eine bessere Welt zu schaffen. Aber es gab auch immer jemanden, der Gewalt als Möglichkeit in Erwägung zog.
„Danke“, sagte Andrew. „Ich kann Ihnen übrigens ein ganz besonderes Mädchen zeigen.“ Er griff in seine Innentasche, woraufhin sich Moira nur mit Mühe davon abhalten konnte, zur Seite zu springen, weil sie glaubte, er würde eine Waffe ziehen.
Er holte seine Brieftasche hervor, öffnete sie und zeigte ihr das Bild einer jungen Frau, die vielleicht achtzehn Jahre alt sein mochte. Sie hatte langes dunkles Haar. „Jill Miller. Beide Eltern wurden durch eine Autobombe getötet. Sie selbst erblindete bei der Explosion. Aber sie ist eine begabte Musikerin. Sie spielt Gitarre wie ein Engel. Sie ist sehr begabt, und sie möchte nach Amerika kommen und zur Juillard-Akademie gehen.“
Moira nickte. „Ich hoffe, sie schafft es“, sagte sie leise.
„Das wird sie“, versicherte er ihr. „Überall auf der Welt gibt es Probleme. Osteuropa, Afrika und natürlich auch hier in den Staaten. Aber ich glaube, das hier ist eine gute Sache. Meiner Ansicht nach gibt es nichts, was wertvoller ist als eine gute Ausbildung.“
„Ja, natürlich“, murmelte Moira.
„Außerdem ist nichts verkehrt daran, dass diejenigen von uns, die es in Amerika zu etwas gebracht haben, die in der alten Heimat unterstützen“, sagte Patrick.
„Du bist Amerikaner“, erinnerte sie ihren Bruder.
„Ich bin auch Amerikaner, geboren und aufgewachsen in New York, wie Sie sicher längst gemerkt haben dürften“, sagte Andrew. „Aber ich bin so wie Sie Amerikaner der ersten Generation. Meine Eltern haben so lange davon gesprochen, so etwas in die Wege zu leiten, bis mir schließlich klar wurde, dass sie Recht hatten. Auf jeden Fall möchte ich Ihnen für Ihre Zeit danken. Und ich würde mich sehr über Ihre Hilfe freuen, ganz egal, was Sie für uns tun werden.“
„Wie gesagt, ich sehe mir gerne an, was Sie machen.“
„Und das werde ich Ihnen auch zeigen, wenn die Zeit gekommen ist.“ Er lächelte Moira wieder an, dann sah er zu ihrem Bruder. „Ach, Patrick, ich glaube, es ist bald Cocktailstunde. Ich hätte gerne die Spezialität des Hauses. Einen Blackbird.“
Einen Blackbird. Na, klar. Seit Jahren hat den kein Mensch mehr bestellt. Aber auf einmal sind alle ganz verrückt danach.
„Ein Blackbird. Ist schon unterwegs. Bleib ruhig sitzen, Patrick, ich mache den. In den letzten Tagen bin ich darin ja Expertin geworden.“
Als sie aufstand, wurde die Tür des Pubs geöffnet. Moira drehte sich um und sah ihren Vater. Sein Gesicht war schneeweiß.
„Dad!“ rief sie aufgeregt und eilte zu ihm.
Er protestierte nicht, schien jedoch auch gar nicht wahrzunehmen, dass sie seinen Arm gepackt hatte.
„Dad? Dad, ist alles in Ordnung?“ fragte sie. „Was ist los?“
Patrick, Andrew und Josh waren sofort aufgesprungen und sahen Eamon an.
„Ich muss mich setzen“, flüsterte er.
Patrick nahm seinen anderen Arm, und dann führten die beiden ihren Vater langsam zum nächsten Stuhl.
„Brauchst du deine Tabletten?“ fragte Moira besorgt. „Ist es dein Herz?“
„Mein Herz ist in
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