Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Bote ins Jenseits

Bote ins Jenseits

Titel: Bote ins Jenseits Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hauke Lindemann
Vom Netzwerk:
die Hocke.
    Pause.
    »Wer ist es?«, flüsterte Gregor.
    »Es kann nicht sein!«
    »Wer?«, zischte Gregor.
    »Ich… nein, unmöglich!«
    »Es ist dein Vater, stimmt’s?«, wisperte der Bote und strich Kamp einfühlsam über den Kopf.
    Der starrte den Boten an und wandte den Blick schließlich ab. Gregor wusste, dass er recht hatte, sodass es keiner Antwort von seinem Klienten bedurfte. Er war jedoch froh, dass er immer noch Kamps Zittern spüren konnte, und hörte weiter zu.
    »Sogar dann, wenn es die eigene verdammte Familie ist«, murmelte der Mann, gerade noch laut genug, damit Gregor es verstehen konnte. Kamp hörte es ohnehin, da sein Gehör vorübergehend aufgemotzt war.
    Dann geschah etwas, das beide zusammenzucken ließ.
    Der Mann fing an zu lachen. Erst ganz dezent, dann aber immer lauter werdend. Es lag nichts Fröhliches in diesem Lachen. Kamp und Gregor tauschten Blicke aus und sahen, dass sie beide das Gleiche dachten. Es war das Lachen eines Verrückten! Wie zur Bestätigung ging das Lachen von Kamps Vater in einen Weinkrampf über, und sie starrten ihn beide an.
    Kamps Vater schaute sich nicht mal um. Entweder war es ihm entgangen, dass er nicht mehr allein war, oder es kümmerte ihn nicht. Hemmungslos gab sich Kamps alter Herr seinen verkorksten Emotionen hin und schluchzte, vor dem Grab seines Sohnes hockend, wie ein kleiner Junge.
    War der Übergang von dem irren Lachen zum Weinkrampf noch sehr geschmeidig, kam das Ende seiner Heulerei überraschend abrupt. Von einem Moment auf den anderen drang kein Geräusch mehr von ihm herüber. Nicht mal ein Schniefen.
    Für eine Weile herrschte absolute Stille.
    Schließlich richtete sich Kamps Vater wieder auf.
    »Wenn wir uns auf der anderen Seite Wiedersehen, erhältst du deine Chance auf Rache. Das verspreche ich dir! Dann kannst du mir alles heimzahlen, wenn du es möchtest.«
    Gregor gab sich jetzt keine Mühe mehr, sein Interesse für Kamps Vater zu vertuschen, und starrte unverhohlen zu ihm rüber. So bekam er mit, wie dieser dem Grab seines Sohnes einen kurzen, sehr zackig aussehenden, militärischen Gruß zukommen ließ.
    »Wir sehen uns, Thore«, murmelte er und verließ das Grab.
    Gregor wartete, bis Kamps Vater an ihnen vorbeigegangen war und einige Meter Abstand zu ihnen gewonnen hatte.
    Er sah seinem Klienten fest in die Augen. »Frag mich jetzt bloß nicht, was ich denke! Ich habe nämlich keine Ahnung mehr, was ich denken soll. Das war jetzt wirklich zu viel für mich«, blaffte Kamp ihn an.
    »Verdammt!«, fluchte Gregor und versuchte fieberhaft diese neue Wendung zu bewerten.
    »Wir müssen irgendetwas unternehmen. Das war gerade dein Vater, und was er da so alles von sich gegeben hat, klang irgendwie…«
    »Verdächtig?«, soufflierte Kamp müde.
    »Ja! Verdächtig. Findest du etwa nicht?«
    Kamp seufzte und wünschte sich zum ersten Mal, er wäre nie zu Gregor gegangen. Die Art, wie sich die Dinge in den letzten Tagen entwickelten, hätte er nie für möglich gehalten. Inzwischen hatten sie sage und schreibe vier Personen zusammen, die für einen Mord an ihm in Frage kamen. Einer hatte es erwiesenermaßen versucht, passte aber für die eigentliche Tat, trotz eines entsprechenden Geständnisses, nicht so richtig ins Bild.
    Von den verbliebenen Dreien war einer seine Schwester und der andere, gleichzeitig neueste Verdächtige, sein eigener Vater.
    Was sagte es über sein Leben und ihn als Menschen aus, wenn ihm seine halbe Familie nach dem Leben getrachtet hatte? Das hatte er nicht wissen wollen. Damit hatte er sich nie auseinandersetzen wollen.
    Jetzt musste er es.
    »Doch, natürlich. Sag schon. Was hast du vor? Was würdest du tun?«, fragte Kamp Gregor unverändert müde.
    »Lässt du mir freie Hand?«, fragte Gregor aufgeregt.
    »Ob ich… wie meinst du das?«
    »Sag schon! Lässt du mir freie Hand? Vertraust du mir?«
    Kamp starrte ihn an und nickte. »Weißt du das denn nicht?«
    Gregor verlor keine Zeit. Er setzte Kamp auf den Boden, sah sich nach allen Seiten um und schloss die Augen. Kamp beobachtete ihn verwirrt, bis er dahinterkam, was Gregor vorhatte, und sich ebenfalls ängstlich umsah.
    Der Bote veränderte sich. Seine Gesichtszüge, seine Körpergröße, seine Statur, alles schien sich im Zeitraffer zu verändern und formte etwas komplett Neues. Komplett neu war es jedoch nicht. Kamp hatte nicht übel Lust, in Ohnmacht zu fallen, wusste aber nicht mal, ob Hunde so etwas überhaupt konnten.
    Es war nicht das erste Mal,

Weitere Kostenlose Bücher