Bote ins Jenseits
wirklich überzeugt zu sein.
Er wandte sich Heike zu.
»Es gibt da noch etwas, worüber du nicht Bescheid weißt.«
Heike sah ihn neugierig an.
»Ich mach’s kurz. Siehst du den Hund da?«
Heike nickte, und Kamp stellte sich wie auf Kommando zwischen die beiden.
»Natürlich.«
»Dein Bruder Thore«, sagte Gregor trocken.
Sie starrte den Boten an. Sie sah zu den anderen drei Boten, die synchron mit den Köpfen nickten und dabei die Augen verdrehten.
»Das… aber… er ist ein Hund?!«
Gregor nickte zustimmend und nahm zufrieden zur Kenntnis, dass sie sich trotzdem hinhockte und ihn liebevoll streichelte.
»Ja. Lange Geschichte, aber leider keine Zeit. Fakt ist, das ist Thore. Thore, sag Hallo zu deiner Schwester.«
Kamp gehorchte.
»Aber… er bellt!«, stellte Heike fest.
»Natürlich! Er ist ein Hund, die machen so was. Das ist auch eine lange Geschichte, und wir werden dir das demnächst alles erklären, aber jetzt haben wir Wichtigeres zu tun. Wir müssen einen Weg finden, seinen Mörder zu überführen.«
Kamps Kopf schnellte zu dem Boten. »Was?!«
Gregor seufzte. »Das ist eine noch viel längere Geschichte. Ich gebe dir die Kurzfassung mit den wichtigsten Eckdaten. Dein Vater ist unschuldig. Wir haben ihm nicht richtig zugehört beziehungsweise die falschen Fragen gestellt. Dein Mörder heißt Peter Tibbe! Und bevor hier jetzt noch irgendjemand ›was‹ oder ›wieso‹ schreit, sage ich: Schluck es runter, wir klären das später!« Die Kamp-Geschwister sahen sich an und nickten entschlossen.
Konfrontationskurs
»Du siehst gar nicht gut aus. Bist du sicher, dass ich nicht deinen Arzt anrufen soll?«
»Nein, glaub mir doch. Es geht mir wirklich gut. Das Schlimmste habe ich schon hinter mir. Ich bin nur noch ein wenig klapprig. Das ist aber normal, wenn man eine Grippe hat.«
Marita sah Tibbe mit unverhohlener Skepsis in die Augen, ein Blick, dem er nicht standhalten konnte. Wie sie das nur machte? Sie hatte seine Wohnung betreten und praktisch sofort bemerkt, dass etwas nicht in Ordnung war. Irgendwie hatte sie einen siebten Sinn, eine Art Radar, der auf innere Aufgewühltheit bei ihren Mitmenschen ansprach.
Seit einer Viertelstunde war sie jetzt da und versuchte unbeirrt, ihm aus der Nase zu ziehen, was nicht mit ihm stimmte. Jeden seiner Versuche, sie vom Thema abzulenken, wischte sie mit einer Konsequenz beiseite, die ihn so langsam an den Rand der Verzweiflung brachte. Warum konnte sie sich nicht einfach mit seiner Erklärung zufriedengeben? Es war zum Verrücktwerden, zumal er spürte, wie sein Widerstand an seine Grenzen geriet.
»Ich glaube, es wäre besser, wenn ich mich noch etwas hinlege. Hab die Nacht auch nicht so gut geschlafen, weil ich ständig die Nase zu hatte.«
»Schmeißt du mich gerade raus? Ich muss eh gleich los. Wenn ich dir auf die Nerven gehe, reicht ein kurzer Hinweis!«
»Nein, um Himmels willen. Bleib, so lange du willst. Ich finde es ja schön, dass du dir Sorgen um mich machst. Das lässt mich hoffen!«
Er versuchte, anzüglich zu grinsen, aber ihre unverändert ernste Miene ließ ihn seinen Misserfolg schon im Ansatz erkennen. Sie würde nicht locker lassen.
»Wenn deine Hoffnungen irgendwann einmal von Erfolg gekrönt werden sollen, wirst du lernen müssen, offen zu mir zu sein. Ich kann es nicht leiden, wenn man etwas vor mir verbirgt, und genau das tust du gerade, Peter Tibbe!«
Er seufzte. Das war eine weitere Eigenart, die Marita bis zur Perfektion entwickelt hatte. Sie konnte einem meisterhaft die Pistole auf die Brust setzen. Eigentlich fand er ihr Friss-oder-stirb-Gebaren ziemlich faszinierend. Im Moment war es allerdings eher lästig.
»Versteh doch bitte! Wir sind ja noch nicht mal richtig zusammen. Da will ich dich einfach nicht mit meinen Problemchen belasten.«
Mit ihrer Hand machte sie eine Geste, die ihm signalisieren sollte, dass jedes weitere Wort dieser Art überflüssig war.
»Zerbrich dir nicht meinen Kopf! Ich kann allein entscheiden, was ich verkrafte und was nicht. Ich mag dich. Und wenn du möchtest, dass es dabei bleibt und mehr daraus wird, musst du mit offenen Karten spielen. Nichts ist schlimmer als ein Partner, der sich nicht öffnen kann! Und ich merke, dass dich etwas belastet. Sagt dir der Begriff Vertrauen etwas?«
Davon hatte er schon mal gehört. Tibbe ließ für ein paar Sekunden verzweifelt den Kopf hängen. Schließlich hob er ihn wieder, als hätte er ein enormes Gewicht, und sah sie
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