Botschaft des Schreckens
immer hier sein.«
Trotz des prasselnden Kaminfeuers war mir, als striche ein kalter Wind durch das Zimmer. Legenden rankten sich um die alten Haciendas, hatte Bob gesagt. Was es um die Hacienda Montera wohl für Legenden gab? War Dolores eine davon? In diesem »verzauberten Land« mit seinem Völkergemisch aus Indianern, Mexikanern und Spaniern war der Glaube an Geister und übernatürliche Dinge ganz und gar nichts Ungewöhnliches. Viele Geister waren gut – hoffentlich auch der von Dolores, wenn sie hier noch so gegenwärtig war! Aber manche waren Dämonen, dunkel und böse. Eine Geschichte, die meine Mutter mir einmal erzählt hatte, fiel mir ein – von einer Wahrsagerin, die man vor langer Zeit als Hexe verbrannt hatte.
Ich starrte in das Kaminfeuer. Die nette, freundliche Rosa eine Hexe? Bestimmt nicht! Wahrscheinlich war das Kartenlegen für sie mehr ein Zeitvertreib. Mit Treffern und Fehlern; die Treffer strich sie heraus und vergaß, was nicht stimmte. Dona Isabella selbst hatte bewiesen, daß Rosa eine Schwindlerin war, als sie sagte: »Bis jetzt stand noch kein Unglück für die Hacienda Montera in den Karten.«
Ich bemühte mich, auf andere Gedanken zu kommen. Bob war sicher längst wieder zu Hause. Nun, gleich nach dem Abendessen würde ich mich nur noch durch einen Anruf vergewissern, ehe ich mich selbst auf den Nachhauseweg machte.
Ich ging rasch ins Badezimmer, wusch mir das Gesicht, kämmte mich und machte mich zurecht. Blaß sah ich aus, und die Erregung der letzten Stunden hatte meine Augen unruhig gemacht. Aber das war mir gleich; ich hatte nicht vor, in einem der Enkel romantische Gefühle zu erwecken. Ohne noch einen Blick auf den Kamin oder das hergerichtete Bett zu werfen, eilte ich dann zur großen sala. Die männlichen Mitglieder der Familie würden jetzt zu Hause, die Polizei würde verständigt sein. Auf dem Seitenweg, über den Bob und ich hierher gekommen waren, würde ein Polizeiauto patrouillieren. Ja, noch ehe das Essen vorüber war, würde die Polizei schon hier sein, um mich zu vernehmen und den Monteras Ratschläge zu geben, wie sie sich zu verhalten hätten. Und ich hatte mich von Rosas absurder Kartenlegerei beeindrucken lassen! Wie lächerlich!
Vor der Tür zu dem riesigen Raum hielt ich inne, um mich zu sammeln. Ich hörte erregte Stimmen – hauptsächlich Männerstimmen –, konnte aber nicht verstehen, worum es ging. Dann bemerkte ich, daß man spanisch sprach. Ich hatte einmal ein wenig Spanisch gekonnt, doch jetzt war alles vergessen.
Ich hatte mich kaum auf der Schwelle gezeigt, als das Gespräch abrupt abgebrochen wurde. War es um mich gegangen? Ich war nicht ganz sicher, doch andererseits, warum auch nicht? Zweifellos war ich ein ungewöhnlicher Besuch. Kein Wunder, daß mich die drei Enkel mit großer Neugierde anstarrten. Oder war es mehr als das? Wie wenn ich es wäre, die . die sie bedrohte? Sicher war dieser Eindruck meiner Nervosität und Müdigkeit zuzuschreiben. Er schwand, als ein hochgewachsener, dunkelhaariger Mann von etwa Dreißig sich von der Gruppe löste und mir entgegenkam, um mich zu begrüßen. »Señorita Terrill«, rief er mit tiefer, volltönender Stimme und streckte mir beide Hände entgegen. »Es ist uns eine Ehre. ›Abuela‹ – das ist unser spanisches Wort für Großmutter – ist ganz außer sich. Ihre schlimme Nachricht hat uns alle erschreckt. Darf ich mich vorstellen? Ich bin Don Carlos. Und das« – er führte mich zu den beiden anderen Männern, die mit Dona Isabella auf einer Couch saßen – »sind meine Brüder, Antonio und Miguel.« Die beiden erhoben sich, um mich zu begrüßen. Ich sah, daß sie Carlos zwar in Teint und Haarfarbe ähnelten, ansonsten aber schwerer gebaut waren und weder in Erscheinung noch Manieren irgend etwas »Aristokratisches« hatten. Aber es machte nichts; sie empfingen mich ebenso warm wie eben Carlos. Auch Dona Isabella nickte und lächelte, aber in ihrem Lächeln war etwas wie Trauer; in Gedanken schien sie weit weg zu sein.
Carlos holte mir einen Stuhl und sagte: »Kommen Sie, setzen Sie sich zu uns, Señorita. Das Essen wird gleich serviert sein, aber wir wollen Ihnen schon jetzt dafür danken, daß Sie uns Father Valas Warnung so rasch überbracht haben. Ein plötzlicher Besuch der Polizei – hätten sie die zuerst verständigt – wäre vielleicht ein viel schlimmerer Schock für Abuela gewesen. Nicht, daß wir Ihnen einen Vorwurf gemacht hätten, wären Sie irgendwo auf
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