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Botschaft des Schreckens

Botschaft des Schreckens

Titel: Botschaft des Schreckens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Blanche Mosler
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Ihre verstorbene Frau immer noch. Und was mich betrifft, so hat sie sicher auch recht: Je eher ich diese Hacienda verlassen kann, desto besser.«
    Carlos sah unmutig drein. »Denken Sie, was Sie wollen, Sally. Aber irgendwie sollten wir die schreckliche Gegenwart vergessen – und sei es nur für eine Nacht! Wollen Sie nicht ans Fenster gehen und Ausschau halten nach einem  hidalgo…  mit einer Schärpe über der Schulter… der für Sie die Gitarre spielt?«
    »Ich werde aus dem Fenster sehen«, versprach ich. »Es wäre schön, für eine Weile alles andere vergessen zu können.«
    Aber es war uns nicht vergönnt, die Gegenwart zu vergessen. Als das Abendessen beendet war, kam Teresa mit aschgrauem Gesicht in den Speisesaal. »Don Carlos… Dona Isabella«, rief sie. »Tante Rosa ist weg. Sie sagte mir, ich solle das Essen machen… Ich glaubte, sie fühlte sich nicht wohl… aber sie ist nicht auf ihrem Zimmer… Sie muß sich hinausgeschlichen haben,  chiles  zu holen… Oh, warum läßt sie denn nicht bleiben, was man ihr verboten hat? Jetzt wird er uns beide fortschicken!«
    »Nein… nein, Kind«, sagte Carlos. »Niemand schickt euch fort. Wenn Rosa ihr Leben riskiert, dann deswegen, weil sie befürchtet, daß unsere chiles-Ernte verdirbt.«
    »Chiles?«  fragte Abuela verwundert. »Ich hätte Rosa für vernünftig genug gehalten, daß sie keine solchen Dummheiten macht! Nun, wir müssen sie finden…«
    »Wenn wir können«, warf Antonio ein.
    »Sie muß sich während der Siesta davongeschlichen haben«, sagte Carlos mit grimmiger Miene. »Sie hat einen Schlüssel für das vordere Tor. Joe war auf Wache, aber er wandert manchmal ein bißchen herum.«
    Miguel stand auf und sagte: »Ich werde sie suchen.«
    Antonio sah Carlos an. »Soll ich mitgehen oder hierbleiben?«
    »Geh lieber mit«, sagte Carlos. »Ich werde mit Joe hierbleiben. So sind wir gleichmäßig aufgeteilt.«
    Als Teresa zu weinen begann, erhob sich Dona Isabella und sagte: »Komm… der heilige Antonius wird Rosa finden… Wir gehen zu dem Schrein in meiner  sala  und beten zu ihm. Vergiß nicht, mein Kind, er ist der Schutzpatron derer, die etwas verloren haben. Er wird sie finden.«
    Sie gingen-, und die Männer eilten zu dem Raum, in dem ich in der vergangenen Nacht ein Telefon hatte finden wollen. Wieder unterhielten sie sich in raschem, erregtem Spanisch. Freilich machte es mir jetzt nichts aus; sie sprachen ja über die arme, dumme Rosa Morena… und nicht über mich!
    Wieder warf das flackernde Kerzenlicht Schatten in die Ecken des riesigen Raumes. Als ich aufstand, um auf mein Zimmer zu gehen, bemerkte ich, daß Dona Isabellas Tür offenstand und sah sie und Teresa vor dem Schrein des heiligen Antonius knien und inständig um Rosas glückliche Heimkehr flehen. »Ich hoffe, du machst deine Sache besser als St. Christophorus«, dachte ich mir. »Wenn nicht, dann wirst hoffentlich auch du deinen Job verlieren!«
    In mein Zimmer zurückgekehrt, trat ich an das vergitterte Fenster. Der Mond schien hell, aber ich wußte, daß sich in dieser Nacht kein  hidalgo  mit einer Schärpe über der Schulter unter meinem Fenster aufstellen würde.
    Hatten die »Gilas« Rosa bereits entdeckt, fragte ich mich? Oder bewegte sie sich jetzt wie ein Schatten zwischen den  chiles-Stau den? Immerhin hatten in der vergangenen Nacht die Monteras ihren Weg unbehelligt geschafft. Vielleicht würde Rosa jeden Augenblick, mit  chiles  beladen, am Tor erscheinen. Man würde sie schelten, vielleicht sogar hinauswerfen – aber was machte das, wenn sie mit heiler Haut davonkam.
    Ich weiß nicht, wie lange ich so am Fenster stand. Es war schon nach Mitternacht, als ich Kopfschmerzen verspürte und in meinem Gepäck nach Aspirin zu suchen begann. Ich öffnete den ersten Koffer und prallte zurück. Er war leer. Die anderen öffnete ich erst gar nicht. Unsicheren Schrittes ging ich zur Garderobentruhe und öffnete mit zitternden Händen den Deckel. Ein eisiger Schauder lief mir den Rücken hinunter, als ich sah, daß sie darin zurechtgelegt waren, als sollten sie für immer in diesem Sarg ruhen. Aber ich sah noch etwas, was fast meinen Herzschlag stocken ließ – ein dünnes Spielkartenpaket.
    Ich hatte Angst davor, die Karten genauer anzusehen, aber ich wußte, daß ich es tun mußte. Rosa mußte sich hierher geschlichen haben, bevor sie die Hacienda verließ. Dennoch – wenn sie zurückzukehren beabsichtigte, warum war dann diese Nachricht für mich so

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