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Bottini, Oliver - Louise Boni 01

Titel: Bottini, Oliver - Louise Boni 01 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mord im Zeichen des Zen
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wieder auf, und er verstummte.
    Schweigend warteten sie, was geschehen würde.
    Hollerer hatte den unbestimmten Eindruck, dass der Mönch spürte, was um ihn herum vorging. Spürte, dass die Stimmung umgeschlagen war.
    «Am besten», sagte Ponzelt, «gehst du zu ihm und lässt dir seinen Ausweis zeigen und notierst dir seine Daten und so. Dann sehen unsere Leute, dass du sie nicht allein lässt mit denen. Und seine Hare-Krishna-Freunde wissen, dass sie in Liebau keinen Fuß auf die Erde kriegen.»
    «Am besten», murmelte Hollerer, während er auf den Mönch zuging, «leckst du mich am Arsch.»
    Missmutig überlegte er, ob ihn allein die Tatsache, dass er Ponzelt gewählt hatte, zum Opportunisten machte. Er beschloss, die Frage bis zur nächsten Wahl aufzuschieben. Wenn er Ponzelt wieder wählen wür-de, wäre es Zeit, intensiver über sich nachzudenken.
    Der Mönch folgte ihm mit dem Blick. Wieder hatte Hollerer das Gefühl, dass er ihn durch und durch kannte. Dass er überhaupt alle und alles kannte.
    Trotzdem – vielleicht gerade deshalb – wirkte der Blick schwermütig und erschöpft.
    Und noch etwas glaubte Hollerer in den fremden Augen wahrzunehmen: Angst.
    Er hielt dem Mönch die mittlerweile durchnässte Papiertüte mit den Käsebrötchen hin. «Hier, was zum Essen», sagte er. Ohne dass er es beabsichtigt hatte, klang seine Stimme beruhigend.
    Der Mönch nickte und sah in die Tüte hinein.
    «Käse aus der Region», sagte Hollerer. «Ich dachte, Sie sind bestimmt Vegetarier.»
    Der Mönch nahm eines der beiden Brötchen und gab ihm die Tüte mit dem anderen zurück. Hollerer wollte protestieren, aber der Mönch nickte erneut und machte mit der Hand, die die Tüte hielt, ungeduldige Bewegungen.
    Hollerer ergriff die Tüte. Ratlos faltete er das Papier um das Brötchen. «Ja, also, dann auf Wiedersehen», sagte er.
    Das Brötchen in der rechten Hand, kehrte er zu Ponzelt zurück. Aber er trat nicht unter den Regenschirm.
    «Und?», fragte Ponzelt.
    «Jetzt macht er erst mal Brotzeit», knurrte Hollerer und stapfte in die Schneewand hinein.

    I.
    Der Mönch

    LOUISE BONÌ hasste Schnee. Ihr Bruder war im Schnee ums Leben gekommen, ihr Mann hatte sie im Schnee verlassen, und im Schnee hatte sie einen Menschen getötet. Vor allem die Erinnerung an diesen Menschen machte ihr zu schaffen. Während der vergangenen Sommer war es ihr manchmal gelungen, sie zu verdrängen. Während der Winter, im Schnee, begleitete sie sie unerbittlich. Zu Hause, in der Polizeidirektion, unterwegs. Ein Bluthund, der sich nicht abschütteln ließ.
    Auch jetzt, als sie von ihrem Bett aus den Vorhang zur Seite schob und minutenlang ins Schneegestöber hinausblickte, dachte sie an diesen Mann. Sie sah ihn auf einer schneebedeckten Straße liegen, inmitten eines wachsenden Flecks aus wunderschönen hellroten Kristallen. René Calambert, Lehrer aus Paris, attraktiv, verheiratet, eine Tochter, eine Kugel im Bein, eine Kugel im Bauch, beide aus ihrer Dienstwaffe.
    Sie ließ den Vorhang los und sank aufs Kopfkissen zurück. Seit gestern Mittag schneite es ununterbrochen. Für heute und Sonntag stand keine Besserung in Aussicht. Freiburg erstickte im Schnee. Ihre Kollegen freuten sich aufs Skifahren, die Frauen ihrer Kollegen auf den Winterurlaub im Familienkreis, die Kinder ihrer Kollegen auf Schneeballschlachten. Louise freute sich auf einen Moment ohne den verblutenden René Calambert.
    Sie warf einen Blick auf die Digitaluhr. 11:30. Sie schloss die Augen.
    Eine Stunde später klingelte das Telefon. Sie ging ins Wohnzimmer. Auf dem Display stand Bermanns Handynummer.
    «Ja?»
    «Luis?» Manche ihrer Kollegen nannten sie «Luis».
    Ihr französischer Hintergrund und ihr biologisches Geschlecht wurden neutralisiert. Bermann legte seine ganze Bodybuilder-Kraft in das «U», vielleicht, weil er der Leiter des Dezernats II war.
    «Ja.»
    «Du musst raus nach Liebau.»
    «Heute ist Samstag.»
    «Trotzdem.»
    «Nein», sagte sie und legte auf. Sie wunderte sich über ihren Mut. Seit ein paar Wochen wehrte sie sich gegen die Gewohnheit Bermanns, sie auszunutzen, sie herumzukommandieren. Etwas schien zu Ende zu gehen. Was, wusste sie nicht. Sie hatte nicht den Eindruck, dass ihr Mut sie in ein neues Leben führen würde. Eher in einen Abgrund.
    Sie blickte in den Schneesturm hinaus. Flüchtig sah sie vor ihrem geistigen Auge drei Gesichter. Zwei gehörten zu Toten, eines zu einer schmerzhaften Erinnerung.
    Meine drei Männer, dachte sie. Meine

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