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Bottini, Oliver - Louise Boni 01

Titel: Bottini, Oliver - Louise Boni 01 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mord im Zeichen des Zen
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Schneemänner.
    Als sie mit geschlossenen Augen unter der Dusche stand, hatte sie Mühe, das Gleichgewicht zu halten.
    Sie öffnete die Augen einen Spalt, aber es wurde nicht besser.
    Durch das Rauschen des Wassers und die geschlossene Tür hörte sie wiederholt das Klingeln des Telefons.
    Später saß sie mit nassen Haaren im Bademantel auf dem Sofa. Bermann hatte zweimal auf den Anrufbeantworter gesprochen. Sie drückte die Play-Taste.
    Die erste Nachricht bestand aus einem Befehl: «Ruf mich an, Luis, und zwar sofort. Ich brauche dich.»
    Die zweite Nachricht bestand aus einer Drohung:
    «Luis, wenn du nicht innerhalb von fünf Minuten zurückrufst, leite ich ein Disziplinarverfahren gegen dich ein und streich dich von der Soko-Liste.» Bermanns Stimme klang eiskalt vor Zorn.
    Sie unterdrückte den Impuls, nach dem Mobilteil zu greifen. Stattdessen kehrte sie ins Bad zurück und versuchte, nicht an die Soko-Liste zu denken. Nicht in die Liste aufgenommen zu werden war für einen Kri-pobeamten unangenehm genug. Von der Liste gestrichen zu werden war die Höchststrafe. An die zwei, drei Sokos jährlich erinnerte man sich sein Leben lang.
    Der Rest war Alltag.
    Als sie Bermann anrief, zeigte die Digitaluhr
    «13:00». Bermann war sofort dran. «Zwanzig Minuten, Luis», sagte er. «Das Disziplinarverfahren ist ein-geleitet.» Im Hintergrund waren Stimmen zu hören.
    Eine Lautsprecheransage verkündete Sonderangebote.
    Bermann stand im Supermarkt.
    Sie schloss die Augen. «Rolf, ich hab frei.»
    «Und ich hab die Nase voll von dir», sagte Bermann.
    Louise wurde bewusst, dass sie ihn verstand. Sie überlegte einen Moment, weshalb sie das nicht erstaunte, nicht einmal deprimierte. «Was sagt der KDD?»
    «Der KDD sagt nichts, weil er nicht vor Ort war.»
    «Der KDD war nicht vor Ort?»
    Bermann schnaufte verärgert. «Es ist nicht direkt was passiert. Und weil nicht direkt was passiert ist und weil der KDD unterbesetzt ist, war er nicht vor Ort. Und weil wir auch unterbesetzt sind, fährst du raus.»
    «Kann das nicht Anne machen?»
    «Nein.» Während Bermann die Personalsituation des Kriminaldauerdienstes sowie des Dezernats II samt Krankenstand, Erziehungsurlaub und regulärem Urlaub referierte, fragte sie sich, wie er im Supermarkt ein Disziplinarverfahren einleitete. Gab es neben der Fleischabteilung eine Disziplinarverfahren-Abteilung? Formulare lagen in Blechbehältern hinter einer gerundeten Glasscheibe. Disziplinarverfahren ist heute im Sonderangebot, sagte eine Frau mit blutver-schmierten Wegwerfhandschuhen.
    Sie grinste.
    «Also?», fragte Bermann ruppig.
    «Also», sagte sie. Immerhin, dachte sie, würde sie dann unter Leute kommen. Nicht das ganze Wochenende zu Hause verbringen. Vielleicht nicht das ganze Wochenende an René Calambert denken.
    Dann konzentrierte sie sich auf Bermann, der jetzt von Liebau sprach und überaus merkwürdige Dinge sagte.
    Die Gleichgewichtsstörungen hielten an, als sie fünfzehn Minuten später in der Tiefgarage in ihrem roten Mégane saß und ins Halbdunkel blickte. Die Auffahrt wackelte, die Betonpfeiler bewegten sich. Sie schloss die Augen, öffnete sie, wartete einen Moment.
    Sie hatte Sodbrennen und Kopfweh.
    An der Seitenwand glitten die Aufzugtüren auseinander, grelles Neonlicht floss in die Garage. Ronescu, der Hausmeister, trat aus dem Licht und schlurfte zerfließend an ihr vorbei. Sie kniff die Augen zusammen, aber er blieb unscharf. Die Konturen seines um-fangreichen Körpers wiederholten sich, als besäße er eine spirituelle Aura. Fasziniert blickte sie ihm nach.
    Der mysteriöse Ronescu offenbarte sein Geheimnis: Er war ein Medium.
    Sie kicherte und stieg aus. Sie würde ein Taxi nehmen.
    Um Ronescu nicht zu erschrecken, drückte sie die Wagentür leise zu. «Herr Ronescu», sagte sie.
    Ronescu wandte sich um. «Ah, Frau Louise.» Er nickte, und in sein langes graues Hundegesicht kam Bewegung. Die vertikalen Fleischwülste erzitterten, die tiefen Stirnrunzeln glätteten sich für einen Moment. Die Aura blieb.
    «Ich hab ein Fläschchen Tuica besorgt.»
    Ronescu hob die graubraunen Augenbrauen.
    «Dann lassen Sie es uns miteinander leeren.» Seine Augen blieben wässrig und leblos. Er rollte das «R», und die Vokale wurden in seinem runden Mund dunkel, breit und sehnsüchtig. Louise fand, sie klangen, als wollten sie aus der fremden Sprache in die eigene zurück.
    Niemand wusste genau, woher Ronescu kam und was er dort gemacht hatte. Im Viertel kursierten wenig

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