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Bottini, Oliver - Louise Boni 01

Titel: Bottini, Oliver - Louise Boni 01 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mord im Zeichen des Zen
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Mitternachtsfrühstück.
    «Allerdings müssten Sie das Brot mitbringen. Und, ähm, Zeit .»
    Anatol schwieg einen Moment. Dann sagte er, er habe kein Brot, nur Tiefkühlpizza. «Vegetarisch, ich bin Vegetarier.» Er räusperte sich.
    «Dann eben Pizza.»
    Sie nannte ihm die Adresse. Während sie auflegte, hörte sie ihn ungläubig lachen.
    Aber er kam. Er klingelte zweimal kurz, ein vertrauter Mitternachtsfreund. Als sie auf den Türöffner drückte, dachte sie an Richard Landen. Die langsamen, selbstbewussten Schritte im Treppenhaus passten zu beiden.
    Sie wartete vor der Tür. Sie trug einen frischen Schlafanzug, hatte in aller Eile noch einmal geduscht, die Haare gewaschen, die Zähne geputzt und fühlte sich sehr jung und sehr alt.
    Am Geländer tauchten Hände auf. Die lockigen Haare waren ungekämmt, nur die Sonnenbrille über der Stirn brachte Struktur hinein. «Hey», sagte er lä-
    chelnd, und sie sagte ebenfalls «Hey.»
    Sie fand ihn schmaler und noch gelassener, als sie ihn in Erinnerung hatte. Und größer.
    Schweigend küsste er sie auf beide Wangen. Er streifte die Schuhe ab, schob die Pizza auf die Arbeits-fläche der Kochecke und sagte: «Warm hier. Und hübsch.»
    Sie hob die Augenbrauen.

    «Ich meine, im Vergleich zu meiner Wohnung.»
    Sie folgte ihm hinein, lehnte sich an einen Küchen-schrank, verschränkte die Arme vor der Brust. Einen Moment lang schwiegen beide. Dann fragte sie: «Haben Sie … hast du Erfahrung mit so was?»
    Er nickte bedächtig.
    «Ich nicht.»
    «Hm. Okay.»
    Seine Ruhe wirkte nicht gespielt, aber sie hatte etwas Erschöpftes, Ermattetes an sich. Es machte ihn älter, als er vermutlich war, und blieb in seinen Augen, wenn er lächelte.
    «Sollen wir vorher essen?», fragte sie. «Oder was trinken? Vielleicht erst was trinken.»
    «Okay.»
    Sie nahm zwei Gläser, goss Wodka hinein, schob ihm eines hin. Er schüttelte überrascht den Kopf.
    Nicht jetzt. Später. Sie trank und sagte: «Und was tun wir jetzt?»
    «Na ja, das, was wir tun wollen.»
    Er machte einen kleinen Schritt auf sie zu. Sie standen zwei Meter voneinander entfernt. Ihr fiel auf, dass er keinen fremden Geruch in die Wohnung gebracht hatte. Kein Eau de Toilette, kein Schweiß, keinen Geruch nach Körper, Draußen. Zu Micks Zeiten hatte alles nach Mick gerochen. Selbst ihre Unterwä-
    sche.
    «Schon, aber was wollen wir? Ich meine: Wie kommen wir zu dem, was wir wollen? Sollen wir uns erst mal unterhalten? Sollen wir uns kennen lernen, bevor wir das tun, was wir tun wollen? Ich meine, müssen wir erst das tun, was wir nicht tun wollen, um das tun zu können, was wir tun wollen? Müssen wir erst mal zwei Stunden oder so reden?»
    «Na ja, wenn wir wollen, können wir auch reden.»
    Sie seufzte und sagte ungeduldig: «A-na-tol.»
    Er grinste. Noch ein kleiner Schritt.
    Sie legte die Hände auf seine Brust. «Ich bin Krimi-nalhauptkommissarin, Dezernat Kapitalver brechen, seit zwanzig Jahren Polizistin. Ich lese am liebsten Clavell, Mankell und Pilcher, ich mag Wagner, Beethoven, Pink Floyd und Wham, und ich komme nicht von Barclay James Harvest los, auch wenn ich mich dafür schäme. Ich bin geschieden, zweiundvierzig und habe zum Glück leider keine Kinder. Und …‼
    «Und?»
    «Und ich bin dick geworden.»
    «Na, na», sagte Anatol und trat noch näher.
    Anatol hielt bis drei Uhr durch, dann murmelte er
    «Okay, Schluss» und schlief sofort ein. Sie hatte keine Lust, sich neben ihn zu legen. Dafür, fand sie, war er zu jung. Also ging sie ins Bad und duschte erneut.
    Ihre Beine zitterten, Brüste und Unterleib schmerzten.
    Sie grinste. Es hatte Vorteile, wenn der Mann erfahren, aber noch ein halbes Kind war. Er konnte alles und tat, was man wollte.
    Vor dem Spiegel fiel ihr auf, dass sie in den vergangenen zweieinhalb Stunden keinmal an Richard Landen gedacht hatte und nur einmal – als sie sich auszog – an die Bleistiftfrau Tommo. Aber Anatol hatte sich so genüsslich an ihren Problemzonen ab-gearbeitet, dass sie sie rasch vergessen hatte.
    Und doch: Was an ihrem Körper abzulesen war, gefiel ihr nicht. Es gab, wie Katrin Rein, die Psychologin, gesagt hatte, viel zu tun.
    Na denn, dachte sie, packen wir’s an. Sie ging ins Wohnzimmer, rollte sich auf dem Sofa zusammen und schlief ein.
    Vier Stunden später erwachte sie. Als sie die Augen öffnete, wusste sie, was sie Ponzelt fragen sollte: Waren der rote Audi oder Passat und / oder der Van am Wochenende in Liebau gesehen worden? In den meisten

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