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Bottini, Oliver - Louise Bonì 02

Titel: Bottini, Oliver - Louise Bonì 02 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Im Sommer der Mörder
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auf einen weiteren Anruf von Schober. Als ihr das Warten zu lang wurde, wählte sie Schobers Nummer. Bevor sie etwas sagen konnte, schrie er, er habe sie eben anrufen wollen, da sei noch jemand, da komme noch jemand.
    Sie sprang auf. »Wie viele? Einer?«
    »Ja, ja, einer!«
    Schober und der Pilot befanden sich direkt über einer weiteren Person. Sie kam den Bach herunter. Ging langsam, aber stetig am Bach entlang nach unten, Entfernung um die zweihundert Meter. Schober berichtete, sie seien zum Gipfel geflogen, hätten die Person in der Nähe der Rappenecker Hütte ausgemacht. Da sei sie noch gerannt, am Waldrand entlang. Bemüht, nicht gesehen zu werden, aber auch nicht so bemüht, dass es Zeit gekostet hätte.
    »Bleibt an ihr dran«, sagte sie. »Hans.«
    »Ein paar Minuten. Aber dann müssen wir wirklich zurück.«
    Sie beendeten das Gespräch.
    »Illi, von oben kommt jemand.«
    Thomas Ilic hatte sich ebenfalls erhoben. Sie sah ihn nicken.
    Aber er sagte und tat nichts. Es schien keine Rolle mehr zu spielen.

    Dann warteten sie wieder, diesmal getrennt voneinander, hinter Bäumen zu beiden Seiten des Baches. Doch die zweite Person kam nicht. Sie rief Schober an, der sagte, Moment, wir schauen nach. Dann starrte sie wieder hangaufwärts, wartete wieder. Sie hatte den Eindruck, dass es über ihnen, am Gipfel des Rappeneck, ein wenig heller zu werden begann. In das Schwarz der Nacht mischte sich dunkles Grau. Warum auch nicht, selbst diese Nacht musste einmal zu Ende gehen.
    Na komm schon, dachte sie.
    Aber niemand kam.
    Das Telefon vibrierte. »Hans«, sagte Schober.
    »Ja?«
    Die Person war verschwunden. Kam vielleicht durch den Wald heruntergelaufen, war jedenfalls nicht mehr zu sehen. Sie würden noch ein paar Minuten weitersuchen. Aber dann mussten sie zurück. »Passt auf«, sagte Schober.
    Sie schob das Telefon in die Hosentasche, stieg über den Bach, ging an Shahida vorbei, die im Regen lag, weil sie nichts hatten, um sie zu bedecken.
    Thomas Ilic saß hinter einer Baumgruppe auf dem Erdboden.
    Er hatte den Kopf an den Stamm gelehnt, sah sie an.
    »Verschwunden«, sagte sie.

    Er nickte. Er war zum Erbarmen blass. Sie wollte sich neben ihn setzen, aber er sagte: »Nicht.« Erst jetzt roch sie, dass er sich erbrochen hatte. Sie reichte ihm die Wasserflasche. Er füllte den Mund mit Wasser, bewegte es hin und her, spuckte es, zur Seite gewandt, aus. »Bleib sitzen, Illi«, sagte sie, »ich sehe mich hier mal um.«
    Sie begann, den Boden um Shahidas Leiche herum mit der Taschenlampe abzusuchen. Sie fand Schuheindruckspuren, zu viele unterschiedliche, als dass sie nur von ihr und Thomas Ilic stammen konnten, außerdem ein Projektil. Sie merkte sich die Stelle, ließ es liegen. Mehr war, zumindest für den Augenblick, nicht zu sehen. Aber das überraschte sie nicht. Marcels Leute waren Profis.
    Sie kehrte zu Thomas Ilic zurück. Er stellte keine Fragen. Sie kniete sich vor ihn, nahm seine Hand, die kalt und leblos war.
    Alles in Ordnung, Illi? Ja, alles in Ordnung, es ging ihm besser, alles war wieder in Ordnung, das Sitzen und Ausruhen tat ihm gut. Sein Blick und seine Stimme waren sanft und abweisend zugleich. Sie drang nicht mehr durch zu ihm.
    Als sie sich ihm gegenüber auf eine Wurzel setzte, hörte sie, dass sich der Hubschrauber näherte. Sekunden später rief Schober an. Die zweite Person blieb verschwunden. War einfach nicht mehr zu sehen. Schober klang verlegen, als wäre es seine Schuld, dass die Kamera nicht durch das Blätterdach sehen konnte. Sie würden jetzt nach Freiburg zurückkehren. Sie mussten zurückkehren. Waren schließlich nur ausgeliehen.
    Diesmal lachte er nicht. »Kommt ihr klar, Louise?«
    »Ja. Danke für alles, Hans.«
    »Nichts zu danken, ja?«
    »Okay.«
    Den Blick hangaufwärts gerichtet, lauschte sie dem sich entfernenden Rotorengeräusch. Das Schwarz, in dem die Bäume verschwanden, schien wieder um eine Nuance grauer geworden zu sein.

    Und jetzt?, dachte sie.
    Diesmal war es ihre Entscheidung. Hier bleiben und auf Thomas Ilic aufpassen oder Marcel suchen und auf Jamal aufpassen.
    Ihre Entscheidung, ihre Verantwortung.
    Na los, dachte sie, entscheide dich.
    Aber sie war viel zu müde und zu erschöpft.

    Sie brauchte fünf Minuten, um eine Entscheidung zu treffen.
    Dann stand sie auf. »Ich muss da hoch, Illi.«
    Thomas Ilic räusperte sich. »Warte, bis die Kollegen hier sind.«
    Sie blickte in das Grau hinauf. Plötzlich begriff sie, dass es ihr nicht um Jamal ging. Es

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