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Bottini, Oliver - Louise Bonì 02

Titel: Bottini, Oliver - Louise Bonì 02 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Im Sommer der Mörder
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heißt?«
    »Das heißt, sie haben sich sehr leise fortbewegt. Wie …
    Schatten. Geister.« Lisbeth Walter lächelte kühl.
    »Woher wissen Sie, dass es Männer waren?«

    »Es könnten durchaus auch Frauen gewesen sein. Nur gehe ich eigentlich davon aus, dass ich nachts die einzige Frau im Wald bin.«
    Louise trank einen Schluck, setzte die Tasse ab. Eine große, robuste, dunkle Tasse für Menschen mit Abgründen. Keine zierliche, reine wie bei Richard Landen, die zu berühren sie sich nicht getraut hatte. Sie nickte. »Was bedeutet ›neulich‹?«
    »Dass es ein paar Tage, aber auch ein paar Wochen her sein kann. Und ›nachts‹ bedeutet, dass es elf, aber auch drei Uhr morgens gewesen sein kann. Ich habe kein Zeitgefühl mehr. Ich mag Uhren nicht. Es ist mir völlig egal, wie spät es wann ist.
    Aber das wollen wir jetzt nicht weiter ausführen.«
    Louise nickte erneut. »Beschreiben Sie die Personen.«
    »Grundgütiger«, seufzte Lisbeth Walter. »Die Nacht war schwarz, die Leute waren schwarz.«
    »Die Leute waren schwarz?«
    »Ihre Gesichter waren schwarz. Alles war schwarz. Die Gesichter, die Körper.«
    »Meinen Sie damit, die Leute waren Schwarze?«
    »Ich meine damit, es war so dunkel, dass ich so gut wie nichts gesehen habe, auch nichts Helles, und das kann alles heißen –
    dass sie Schwarze waren, dass sie keine Schwarzen waren, dass sie von Kopf bis Fuß schwarz angezogen waren. Ich erzähle Ihnen gern, was ich gesehen habe, aber zwingen Sie mich nicht, es nach Ihren Kategorien zu interpretieren. Wir haben nicht dieselben Kategorien.«
    »Nein?«
    »Sie gehören der realen Welt an.«
    »Und Sie nicht?«
    »Belassen wir’s dabei«, sagte Lisbeth Walter.

    Sie beließen es dabei. Louise stellte Fragen, Lisbeth Walter antwortete. Täschle blickte schweigend von einer zur anderen, offenbar bereit, einzuspringen, zu vermitteln, zu erklären, falls sie ihn brauchten. Sie brauchten ihn nicht.
    Gab es da oben Wanderwege?
    Nicht da, wo Lisbeth Walter sich aufzuhalten pflegte.
    Das hieß, die Personen waren quer durch den Wald gegangen?
    Ja.
    Vielleicht Jäger?
    Möglich. Lisbeth Walter hatte andere Assoziationen gehabt.
    Louise überlegte, ob sie auf das Stichwort eingehen sollte. Sie ließ es.
    War ihr an den Leuten irgendetwas aufgefallen?
    Die Körperform.
    Die Körperform?
    Die Leute waren unförmig. Als hätten sie Buckel gehabt.
    Glöckner-von-Notre-Dame-Buckel. Lisbeth Walter lächelte.
    »Vielleicht waren es auch nur Rucksäcke.«
    Fünf, sechs Männer oder Frauen mit Rucksäcken, die mitten in der Nacht durch den Wald gegangen waren. Wenige Tage oder Wochen, bevor ein paar Kilometer entfernt ein illegales Waffendepot explodierte. Täschle hob fragend die Augenbrauen, Louise schürzte zur Antwort die Lippen.
    Vielleicht war es wichtig, vielleicht auch nicht.
    Sie fragte nach weiteren Auffälligkeiten – Gang, Bewegungen, Größe. Lisbeth Walter erinnerte sich nicht. Was, meinte sie, eher dafür spreche, dass ihr in dieser Hinsicht nichts ungewöhnlich vorgekommen sei.
    Gab es Gespräche?
    Nein, keine Gespräche.
    Frisur?
    »Frisur? Verstehe.« Auch hier keine Auffälligkeiten.
    Vermutlich hatten die Personen Kopfbedeckungen getragen.
    Wie gesagt, nichts Helles. Kein Schimmer Haut, keine Glatzen.
    »Noch mal zurück zum Datum«, sagte Louise.
    »Versuch, dich zu erinnern, Lissi«, bat Täschle. »Weißt du noch, was vorher war? Oder danach? Du hast das mit dem Segelflieger mitbekommen. War das vorher oder …«
    »Tu nicht so, als wäre ich eine Idiotin, Henny.«
    »Es könnte wirklich wichtig sein, weißt du.«
    »Er hat diesen fixen Gedanken im Kopf.« Lisbeth Walter warf die Hände in die Luft. »Dass es wichtig sein könnte. Mein Gott, ich bin fast jede Nacht im Wald, und was glauben Sie, was ich da so alles sehe. Geister, Seelen, Kobolde, neulich einen Roboter, zumindest das, was ich mir unter einem Roboter vorstelle. Ich sehe Landschaften, Städte, Erinnerungsstränge, Ottilie aus den Wahlverwandtschaften und regelmäßig Mephistopheles. Und irgendwann vor ein paar Tagen oder Wochen waren auch ein paar Gestalten dabei, die mir irgendwie plastischer vorkamen als die, die ich sonst so gewöhnt bin.
    Zuerst dachte ich, sie gehörten zu einer Wandergruppe, aber in diesem aufgeräumten Teil der Welt wandert nachts niemand außer mir. Dann dachte ich … Möchten Sie’s hören?«
    »Nur zu.«
    »Ich dachte, Grundgütiger, die schwarzen Horden, Miltons höllische Legionen, wie interessant! «
    »Wer

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