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Bottini, Oliver - Louise Bonì 02

Titel: Bottini, Oliver - Louise Bonì 02 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Im Sommer der Mörder
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man sich nicht«, sagte Lisbeth Walter. Es klang ein wenig traurig, fand Louise. Ein »ohne Henny«
    schwang darin mit.
    Sie umrundeten die Lichtung. Lisbeth Walters Erinnerung kehrte nicht zurück.

    Später vergrößerte Louise den Radius um die Lichtung, obwohl sie nicht wusste, was sie eigentlich suchte. Hinweise auf schwarze Horden? Es war besser, nicht darüber nachzudenken.
    Lisbeth Walter und Täschle folgten ihr schweigend. Südlich der Lichtung fiel der Waldboden schräg ab. Vorsichtig arbeiteten sie sich entlang des Abhangs voran. »Da unten«, sagte Täschle plötzlich.
    Dreißig Meter unterhalb war zwischen den Bäumen eine Holzhütte zu erkennen. Louise stieg hinab. Die Hütte war klein, das kleine Zylindervorhängeschloss an der Tür verrostet, das Gras hoch. Sie hätte es nicht beschworen, aber viele Menschen hatten in den letzten Monaten nicht vor dem Eingang gestanden.
    Sie wollte eben zu Täschle und Lisbeth Walter zurückkehren, als sie einen Geruch wahrnahm, der nicht hierhergehörte.
    Zigarettenrauch.
    Erschrocken ging sie in die Knie, bedeutete den beiden, es ihr gleichzutun. Lisbeth Walter flüsterte etwas, Täschle antwortete leise. Sie hockten neben Bäumen, starrten herunter.
    Louise schloss die Augen. Der Geruch blieb.
    Dann kamen die Zweifel. Der Geruch einer Zigarette von tausenden, die in diesem Moment in Südbaden geraucht wurden.
    Eine Zeugin, die »eigen« war, Gestalten aus einem Buch. Viel hatte sich nicht geändert seit Jahresbeginn. Sie sah, was andere auch sahen, und glaubte, mehr darin zu erkennen –
    Verbindungen, Analogien, Systeme. Manchmal hatte sie Recht, manchmal nicht. Im Wald nahe Liebau hatte sie die Abdrücke von Kinderschuhen gesehen, im Kloster den kleinen Pham. Die Abdrücke und Pham hatten nichts miteinander zu tun gehabt.
    Alles andere schon.
    Sie erhob sich und ging langsam um die Hütte herum. Auf der anderen Seite war der Geruch deutlicher wahrzunehmen. Sie blieb stehen. Außer Bäumen, Blättern, hin und wieder einem Stück Himmel war nichts zu erkennen. In der Ferne plätscherte ein Bach. Sie wandte sich um. Täschle hatte sich halb aufgerichtet, die Pistole in der Rechten, das Funktelefon in der Linken. Sie hob eine Hand – bleib, wo du bist. Sie hoffte, dass er ihr nicht folgen würde. Er musste auf Lisbeth Walter aufpassen.
    Irgendwann am Vormittag hatte sie ihn gefragt, mit welchen Vergehen der Posten gewöhnlich konfrontiert war. Die Liste war erstaunlich lang gewesen – Diebstahl, Betrug, Körperverletzung, Nötigung, Unfälle, Umweltdelikte. Einmal hatten sie einen Mord gehabt, 1993, gleich in seinem ersten Jahr im Posten.
    Die Freiburger Kripo hatte übernommen.
    Das war der Vorteil und der Nachteil von Polizisten wie Täschle, Hollerer, Niksch.
    Erneut hob sie die Hand. Als Täschle nickte, folgte sie dem Geruch.

    Wenige Meter weiter unten verlor sich der Zigarettenrauch in den intensiven Gerüchen des Waldes. Sie hatte ihre Spur verloren.
    Die Zweifel kehrten zurück, gepaart mit Lustlosigkeit. Sie dachte an Günter, der ohne Erklärung verschwunden war, an das seltsame Wort »assistieren«, das offiziell keine Rolle mehr spielte, aber immer wieder durch ihre Gedanken geisterte. An die wachsende Sehnsucht nach Richard Landen, an Taro auf dem Flaunser.
    An die Flaschen auf ihrem Couchtisch, die Dämonen, deren Ausdauer schier grenzenlos schien.
    Als sie eben aufgeben und zu Täschle und Lisbeth Walter zurückkehren wollte, stieß sie auf den Bach. Er war schmal, führte kaum Wasser, kam in kurz geschwungenen Serpentinen von oben, ein tiefer, dunkler Einschnitt im Waldboden. Sie tauchte die Hand hinein. Als sie das Gesicht mit lauwarmem Wasser bestrich, hörte sie unter sich leise Stimmen.
    Zwei Männer.
    Die Stimmen klangen entspannt. Ein-, zweimal lachten die Männer verhalten. Ein Feuerzeug klickte. Zigarettenrauch stieg zu ihr herauf.
    Die Männer saßen mit dem Rücken zu ihr, keine fünfzehn Meter weiter unten an dem Bach. Einer rauchte, einer trank aus einer Flasche. Sie trugen dunkelbraune Lederjacken. Wanderer.
    Wanderer, die sich in einer osteuropäischen Sprache unterhielten.
    Vorsichtig legte sie die Umhängetasche auf den Boden, nahm Handy, Dienstausweis und Pistole heraus. Das Leben davor, das Leben danach. Vor einem halben Jahr im Elsass falsche Osteuropäer, heute echte. Damals hatte sie zum letzten Mal mit einer Waffe geschossen. Nach ihrer Rückkehr hatte Bermann gesagt, es sei vielleicht sinnvoll, wenn sie die ersten Tage auf

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