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Bottini, Oliver - Louise Bonì 02

Titel: Bottini, Oliver - Louise Bonì 02 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Im Sommer der Mörder
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Regierungsbezirk suchte ihn! Der Posten Kirchzarten befand sich in heller Aufregung! Andy Liebmann war verzweifelt und in Panik! Täschle runzelte die Stirn. Er begriff nicht, weil ihm das Bindeglied fehlte – er wusste nicht, dass Riedinger ermordet worden war. Louise klärte ihn nicht auf. Er hatte die Ratlosigkeit verdient, er hatte die Standpauke verdient. Sie schimpfte weiter, aber nicht mehr lang, auch zum Schimpfen fehlte ihr die Kraft. »Haben Sie’s jetzt?«, fragte Täschle schließlich verschnupft. »Kann ich jetzt mal was sagen?«
    »Nur zu, bin schon gespannt«, murmelte Louise.

    Heinrich Täschle war am frühen Morgen im Straßengraben vor Kirchzarten aufgewacht. Während er zugesehen hatte, wie die Sonne aufging, hatte er zu begreifen versucht, weshalb er sich um diese Zeit an diesem Ort befand. Die Erinnerung war –
    bruchstückhaft – erst zurückgekommen, als er wieder auf dem Fahrrad gesessen hatte. Er war nach Kirchzarten gefahren, dann weiter nach Oberried, von Oberried aus habe man einen schönen Blick aufs Tal, und der Restalkohol in seinem Blut habe plötzlich einen schönen Blick aufs Tal verlangt. »Die Morgensonne«, sagte Täschle errötend, »wenn sie über den Schwarzwald kommt, das ist von hier aus … Grundgütiger, es ist nicht das, was Sie denken, hören Sie auf zu grinsen.« Louise versicherte, dass sie zum Denken und zum Grinsen viel zu erschöpft sei. Lisbeth Walter sprang auf, um den Tee zu holen, Täschle brummelte vor sich hin. Jedenfalls sei ihm ausgerechnet in Oberried schlecht geworden, er habe sich am Straßenrand übergeben, sich zu schwach gefühlt, um nach Hause zu fahren, da habe es nahe gelegen, dass er … Er brach ab.
    Lisbeth Walter war mit dem Tee gekommen, schenkte ein.
    »Wozu hat man Freunde.« Louise war bewusst geworden, dass Täschle sie wieder siezte. Diese Freundschaft musste von vorn beginnen.
    »Genau«, sagte Täschle.
    Irgendwann musste sie ihm mitteilen, dass Riedinger ermordet worden war, musste sie diese besondere, unwirkliche Atmosphäre von Lisbeth Walters anderer Welt zerstören.
    Aber noch nicht gleich.

    Sie tat es, als Lisbeth Walter ein paar Minuten später Tee nachschenkte. Täschle reagierte sichtlich erschüttert, Lisbeth Walter ratlos. Da waren sie, die beiden Welten, die nicht zueinander passten. Täschle wusste sofort, was der Mord an Riedinger bedeutete, implizierte, erforderte, was ihm selbst gestern Nacht hätte geschehen können. Lisbeth Walter dagegen konnte die Fragmente der Realität ganz offensichtlich nicht zusammensetzen. Ein Mann ermordet? Allein das war schwer vorstellbar. Noch dazu in Kirchzarten? Undenkbar. Und sie selbst womöglich in Gefahr? Sie schüttelte den Kopf, lachte erbost. Schützte ihre Welt gegen Eindringlinge.
    Louise erklärte die Zusammenhänge. Die Waffen von Rottweil 1992, die zum Teil ebenfalls von Zavodi Crvena Zastava stammten. Trumic, der 1992 wegen des illegalen Erwerbs von Schusswaffen angeklagt und von Söllien verteidigt worden war.
    Söllien, der knapp zehn Jahre später Riedinger die Weide hatte abkaufen wollen. Marion Söllien, die womöglich etwas wusste und verschwunden war.
    Täschle schwieg mit düsterer Miene. Sie ahnte, was ihm durch den Kopf ging.
    Er sah Lisbeth Walter an. »Du gehst von heute an nicht mehr nachts spazieren. Du gehst überhaupt nicht mehr spazieren, jedenfalls nicht allein.«
    »Übertreiben wir nicht, Henny, ja?«
    Er stand auf. »Ich muss zum Posten, aber ich komm wieder.
    Bis dahin rührst du dich nicht aus dem Haus.«
    »Grundgütiger, er meint es ernst.« Lisbeth Walter seufzte.
    »Er hat Recht«, sagte Louise.
    »Aus Ihrer Perspektive, nicht aus meiner.«
    »Erzähl das dem Hannes Riedinger, Lissi.«
    »Werden wir nicht albern, Henny. Jetzt geh, mach deine Arbeit, und wenn du möchtest, kommst du heute Abend wieder und schaust dir auch den Sonnenuntergang von Oberried aus an.«
    Täschle blies die Wangen auf und wandte sich Louise zu.
    »Gehen wir?«
    Louise schüttelte gähnend den Kopf.
    »Ich glaube, sie bleibt noch«, sagte Lisbeth Walter.
    »Nicht das, was Sie denken, Henny«, sagte Louise.
    Lisbeth Walter unterdrückte ein Schmunzeln, Täschle knurrte:
    »Rufen Sie an, wenn wir Sie holen sollen.«
    »Das kann dauern«, sagte Louise.

    Während Lisbeth Walter Täschle zur Tür brachte, schloss Louise die Augen. Riedinger, Söllien und Trumic verblassten, ihr Vater und die Russen erschienen. Rachmaninow, ein weiterer geheimnisvoller Name, der ihre Kindheit

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