Bottini, Oliver - Louise Bonì 02
Winter gesagt hast.«
»Na ja, im Winter, das war was anderes.«
»Das heißt, ihr seid auf meiner Seite? Du, Almenbroich, Anselm?«
»Im Prinzip schon.«
»Im Prinzip.«
»Ich sag doch: So einfach ist es nicht.«
»Und was macht es kompliziert?«
»Was ist wichtiger: ein einzelner Beamter oder die erfolgreiche Aufklärung eines Kapitalverbrechens?«
»Wer stellt solche blöden Fragen?«
»Anselm zum Beispiel.«
»Und Almenbroich? Du?«
»Wir müssen eine Antwort finden, mit der wir alle leben können.«
»Habt ihr schon eine?«
Bermann seufzte. »Wir haben einen Vorschlag. «
»Und zwar?«
»Du bist in der Taskforce, aber die Soko-Besprechungen verpasst du. Weil du ja undiszipliniert und chaotisch bist.«
Sie schwieg. Also war es doch ganz einfach.
Das Leben davor, das Leben danach, Unterschiede waren nicht wirklich zu erkennen.
Als sie spürte, dass die große Wut und die große Trauer kamen, unterbrach sie die Verbindung. Zeit für ein bisschen Selbstmitleid, fand sie und wandte sich Susie zu.
Sie kamen an Kirchzarten vorbei, bogen auf die B 31 ab. Louise sprach, Susie hörte zu, beiden liefen Tränen über die Wangen.
Im Tunnel mussten sie lachen, an einer Ampel schnäuzten sie sich. Als sie weiterfuhren, erklang Satie. Ein aufgeregter Alfons Hoffmann, der endlich loswerden musste, was er und Elly herausgefunden hatten, vor allem Elly, die Netzwerke des Dezernates Organisierte Kriminalität waren unglaublich, und die Elly war noch viel unglaublicher, der legte man eine Spur hin, und dann fielen ihr tausend Möglichkeiten ein, wen man anrufen und anmailen könnte und wie man im Internet suchen könnte, wie Elly in die Breite dachte und weiterkam, während er in die Tiefe dachte und in eine Sackgasse nach der anderen lief, unglaublich. Elly lachte fröhlich, Alfons Hoffmann rang nach Atem. »Jedenfalls«, sagte er, »der Verein.«
Der Verein, von dem Annelie Weininger gesprochen hatte, hieß »Verein zur Förderung der deutsch-pakistanischen Freundschaft«, kurz PADE e.V., und saß in Offenburg. Ernst Martin Söllien war von 1999 bis zu seinem Tod im Frühjahr 2002 im vierköpfigen Vorstand gewesen, dem heute eine Lehrerin, ein Landtagsabgeordneter a. D., ein Unternehmer und ein pakistanischer Universitätsdozent angehörten. PADE war 1988 mit dem Ziel gegründet worden, die Demokratisierung Pakistans durch Projekte in den Bereichen Kultur, Menschenrechte, Gleichberechtigung der Frauen zu unterstützen, außerdem wurden landwirtschaftliche Initiativen zur Aufforstung und Bewässerung gefördert. Seit einigen Jahren erhielt der Verein finanzielle Mittel von der »Förderlinie Entwicklungszusammenarbeit« der Landesstiftung Baden-Württemberg. »Die haben sogar ein Büro in Islamabad. Und rate mal, wer das leitet.«
Sie waren eben in die Heinrich-von-Stephan-Straße eingebogen. Susie ging vom Gas, hielt vor der Direktion. Sie sahen sich an, lächelten verlegen. Susies Augen schimmerten noch feucht.
Sie gaben sich die Hand.
»Na?«, fragte Alfons Hoffmann ungeduldig.
Louise stieg aus. Sie wandte sich dem Eingang zu. Wer leitete das Büro in Islamabad. Sie blieb stehen. »Nein …«
»Doch«, sagte Alfons Hoffmann.
Halid Trumic.
III
DIE PAKISTANISCHE SPUR
8
SIE GING IN IHR NEUES BÜRO, setzte sich an ihren neuen Schreibtisch. Die neue Wand gegenüber kam ihr erschreckend leer vor. Zwei, drei Regentropfen klatschten gegen die Fensterscheibe, dann brach die Sonne plötzlich durch die Wolkendecke. Sie setzte die rechteckige Anatol-Sonnenbrille auf, stieß sich mit dem Fuß ab und drehte sich um die eigene Achse. Erst Enni oder gleich Richard Landen? Sie brauchte zehn Minuten, um sich zu entscheiden.
Enni sagte: »Ich bin bis Mitternacht hier, Kommissar.«
»Okay.«
»Wo waren Sie denn so la …«
»Später, Enni, bitte.«
Sie wählte Richard Landens merkwürdige Freiburger Nummer, die nicht zu dem Haus in Günterstal gehörte und die er ihr heute insgesamt dreimal diktiert hatte. Er ging sofort dran.
Seine Stimme klang frischer als am Vormittag, doch immer noch nach Winter. Louise sagte, sie könnten sich gegen acht treffen, wenn es ihm recht sei. Richard Landen sagte, es sei ihm recht, wo?
»Wo sind Sie denn?«
Er nannte eine Straße in der Wiehre. Sie verkniff sich die Fragen, warum er in der Wiehre sei, nicht in Günterstal, ob das was mit seiner Frau zu tun habe.
»Ich …«, sagte Richard Landen.
»Reden wir später«, bat Louise.
Sie legten auf. Heute oder nie, nahm sie
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