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Bottini, Oliver - Louise Bonì 02

Titel: Bottini, Oliver - Louise Bonì 02 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Im Sommer der Mörder
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… ungeklärt.«
    »In Bezug auf Taro?«
    »In Bezug auf Taro, in Bezug auf Sie, auf mich.«
    »Mein idiotischer Anruf.«
    »Ach, so idiotisch war er nicht. Sie haben mir Fragen gestellt, die ich mir auch gestellt habe. Warum ich nach Japan fliege, ob ich meine Frau noch liebe, warum ich … Solche Fragen eben.«
    »Idiotische Fragen.«
    »Ich fand sie nicht idiotisch.«
    »Na, ich schon. Können wir uns jetzt vielleicht mal duzen?«
    »Wenn Sie mich dann nicht ›Ritsch‹ nennen.«
    »Nur wenn Sie mich nicht ›Luis‹ nennen.« Sie erzählte von Bermann und dem Bodybuilder-U. Landen lachte leise. Er erinnerte sich an Bermann, an dessen Virilität und Unhöflichkeit. An den einschüchternden Blick, die Oberschenkelmuskeln, den Schnauzer. Louise sagte: »Pham war ganz begeistert von dem Schnauzer.« Sie erzählte von Bermann und Pham, der nun Viktor hieß und in Bermanns Familie zwischen vier anderen Kindern gut aufgehoben war.
    Ein bisschen viel Bermann, dachte sie, für ein Gespräch mit Richard Landen.
    Landen gab zu, dass er darüber nachgedacht hatte, ob er und Shizu Pham nicht adoptieren könnten. Wenn ihre Probleme nicht gewesen wären, hätte er sie gefragt. Louise war ein paar Schritte lang damit beschäftigt, die Tränen zurückzudrängen. Sie dachte an das Bild, das sie irgendwann im Winter vor Augen gehabt hatte: Richard Landen und Pham, die in einem Garten standen und ihr entgegenblickten, als hätten sie auf sie gewartet.

    Sie durchquerten das Holbeinviertel, blieben an einer Kreuzung stehen. Richard Landen nahm ihren Arm und zog sie nach rechts. Links gelangte man zur Straße nach Günterstal, rechts nicht. Links würde wer weiß was passieren, rechts blieb Richard Landens Hand an ihrem Arm.
    Über die Mercystraße gingen sie zurück. Landen fragte nach Taro. Was im Kanzan-an mit ihm geschehen sei, warum er weggelaufen sei. Louise hob die Schultern. Sie wussten es nicht, würden es nie erfahren. Er hatte gesehen, was er nicht hätte sehen dürfen, Natchaya, die mit zwei Männern Sex hatte. Er war entdeckt und niedergeschlagen worden, er war entkommen und weggelaufen. Er hatte sich niemandem anvertraut, nicht einmal dem Roshi. Weshalb, wussten sie nicht. Auch der Roshi hatte auf diese Frage keine Antwort gefunden. Landen sagte, vielleicht sei Taro auch vor sich selbst weggelaufen. Die Zweifel, die Fragen nach dem Sinn. Louise nickte. In Taro doubt, hatte der Roshi gesagt. Many questions. Taro war auf der Suche gewesen. Vielleicht hatte er in sich etwas gefunden, das ihn erschreckt hatte. Und war in jener Nacht letztendlich davor weggelaufen.
    »Mit der Begierde beginnt es«, sagte Richard Landen.
    »Tja«, sagte Louise. »Andererseits, was wäre das Leben ohne Begierde?«

    Wenige Minuten später standen sie wieder vor dem Haus, in dem Richard Landen gerade wohnte, zur Untermiete, bei einem Dozentenkollegen. Die Hand war fort, die Nähe blieb. Sie begann zu glauben, dass sie vielleicht doch zum Wesentlichen kommen würden. Irgendwann, eines Tages, in ferner Zukunft, wenn alles bearbeitet und überwunden und neuer Platz in seinem Herzen geschaffen war.
    Landen sagte, er sei von ihrer Kraft und Konsequenz sehr beeindruckt. Louise sagte danke. Dann folgten Küsschen auf die Wangen, ein bisschen Luft anhalten, ein bisschen Räuspern, ein paar offenbar unvermeidliche Floskeln, eine vage weitere Verabredung vor Japan, schließlich gingen sie ihrer Wege – der richtigen, der falschen, das ließ sich heute noch nicht sagen.

    Sie stieg ins Auto, folgte der Straße bis zur nächsten Kreuzung, bog dann ab. Pro Begegnung ein fundamentales Kompliment, das war nicht schlecht. Beim letzten Mal die besondere Gabe Aufrichtigkeit, heute die beeindruckende Kraft und Konsequenz.
    Und beim nächsten Mal? Ein Körper, um den selbst Kali dich beneidet hätte?
    Beschwingt nahm sie die nächste Kurve, fand sich in einer kleinen Straße parallel zur Richard-Landen-Straße wieder. Sie ging vom Gas, auf dem Gehsteig spielten Jugendliche Fußball.
    Als sie eben wieder beschleunigen wollte, fiel ihr Blick auf ein weißes Auto, das in Fahrtrichtung am Straßenrand parkte.
    Ein Audi A3 mit französischem Kennzeichen.
    Ein kalter Schauer wanderte über ihren Kopf und ihren Nacken. Sie unterdrückte den Impuls, stehen zu bleiben. Nichts anmerken lassen, dachte sie. Den kleinen Vorteil nicht verspielen.
    Sie fuhr ein wenig schneller, sagte das Kennzeichen lautlos vor sich hin, während sie den Audi im Rückspiegel im Blick

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