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Bottini, Oliver - Louise Bonì 02

Titel: Bottini, Oliver - Louise Bonì 02 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Im Sommer der Mörder
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Arbeitsplatte.
    Günter.
    »Hab ich dich geweckt?«
    »Nein, nein.«
    Schweigen.
    »Und? Wie war Karlsruhe?«
    Schweigen.

    »Komm, erzähl, Günter. Was haben die gemacht in Karlsruhe?«
    Keine Antwort.
    Okay, dachte sie, schweigen wir.
    »Ich war nicht in Karlsruhe«, sagte Günter.
    Die Übelkeit. Ihm war so schlecht gewesen, dass er im Bett geblieben war. Dann waren die Atemprobleme dazugekommen.
    Das Geschwür hatte Magensäure in die Speiseröhre gedrückt.
    Das hatte die Lungenfunktion beeinträchtigt. Er hatte ein, zwei Stunden lang nicht richtig atmen können. Also war er im Bett geblieben. Nicht nach Karlsruhe gefahren.
    Er würde morgen fahren oder übermorgen.
    Wenn er eben einen neuen Termin hatte.
    »Jemand hat angerufen«, sagte er. »Aufs Band gesprochen.«
    »Katrin Rein?«
    »Ich weiß nicht, was das soll.«
    »Hör dir an, was sie zu sagen hat.«
    »Sie will morgen vorbeikommen. Ich will keine Fremden in meiner Wohnung haben.«
    »Hör’s dir an, Günter.«
    »Ich brauch einen Onkologen, keine Psychiaterin.«
    »Psychologin.«
    »Ihr kennt euch, oder? Sie sagt, dass sie dich kennt.«
    »Ja.«
    »Wie ist sie?«
    »Sehr nett, sehr hübsch, sehr jung. Sehr kompetent. Du darfst sie nur nicht überfordern, sonst legt sie sich auf dein Sofa und schläft ein.«
    »Hast du sie damals kennen gelernt? Im Winter?«
    »Ja.«
    »Und? Was hat sie so gemacht?«
    »Sie hat mir einen Weg gezeigt, wie ich … na ja, da rauskomme.«
    »Das war ja auch was anderes bei dir.«

    »Sprich mit ihr, Günter.«
    »Aber was soll ich mit einer Psycho-Tante?«
    »Mir hat sie damals geholfen. Mit ihr hat es angefangen.«
    »Das Aufhören.«
    »Ja. Das Aufhören hat mit ihr angefangen.«
    Sie lachten.
    »Ich will nicht, dass es anfängt«, sagte Günter.
    »Aber du willst, dass es aufhört.«
    Die Glocken der Pauluskirche schlugen Mitternacht. Die Glocken anderer Kirchen kamen dazu. Das Heute ging zu Ende.
    Das Heute begann.
    Sie legte sich auf die Seite, zog die Beine an. Auf ihren bloßen Beinen war die Haut warm und weich, unter dem T-Shirt feucht vom Schweiß. Sie schloss die Augen, sah das schwarze Apartment vor sich, Günter auf dem Sofa, unsichtbar in der Dunkelheit in seiner schwarzen Kleidung, bis auf das Gesicht.
    Ein Mitternachtsmann, so schmutzig und unrein wie sie, so dicht am Abgrund wie sie. Bei dem alles anders war als bei ihr und doch irgendwie auch nicht.
    »Möchtest du rüberkommen, Günter?«
    Sie drehte sich auf den Rücken. Ob das eine gute Idee war?
    Mitleid, Begierde, die Hitze … Sex, um abzukühlen und nicht allein zu sein mit den Dämonen?
    Ihren, seinen.
    »Ich kann nicht«, sagte Günter. »Ich kann nicht raus. «
    »Was?«
    Er konnte die Wohnung nicht verlassen. Er hatte es versucht, wegen Karlsruhe. Doch immer, wenn er die Wohnungstür öffnete, konnte er sich plötzlich nicht weiterbewegen. Als stünde er vor einer Wand. Als wäre er eine Wand. Deshalb, sagte er, war er nicht nach Karlsruhe gefahren. Wegen der Wand.
    Sie setzte sich auf. Sie hatte in Oberberg Geschichten wie diese gehört. Geschichten von Menschen, die auf die Straße getreten waren und urplötzlich keinen Schritt hatten weitergehen können. Die ihre Wohnungen daraufhin nicht mehr verlassen hatten, bis irgendjemand ihnen eine Telefonnummer oder einen Namen gegeben hatte oder sie zu irgendjemandem gebracht hatte oder irgendjemanden zu ihnen.
    So fing es an. Mit einer Telefonnummer, einem Namen, einem Menschen.
    Sie erhob sich. »Bitte hör dir an, was sie zu sagen hat.«
    »Katrin Rein.«
    »Ja. Gute Nacht, Günter.«
    Sie legte das Telefon auf die Station. So fing es an. Mit einem Namen, einem Menschen. Dann kamen andere Menschen, andere Namen. Dann war man wieder allein. Kämpfte immer noch gegen Dämonen, fühlte sich immer noch allein, rief immer noch Mitternachtsmänner an.
    Das Leben davor, das Leben danach, geändert hatte sich nicht viel.
    Aber das hatte sie Günter nicht sagen können.

    Gegen halb eins ging sie ins Bett, gegen halb zwei schlief sie ein. Um vier erwachte sie schweißüberströmt. Sie erinnerte sich an gierige Träume, in denen sie sich vor Richard Landen, Günter und Bermanns unglaublicher Blondine ausgezogen hatte.
    Sie hatten Bourbon mit Eis, Wodka mit Eis, Grappa mit Eis, vier, fünf eisgekühlte Biere getrunken, sich dabei durch endlose Körperlandschaften geleckt und geküsst.
    Sie stand auf. Ihre Haut war rot vor Hitze. Als hätten die Dämonen jede Faser ihres Körpers in Besitz genommen.
    Eis

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