Boy 7
ausfrisst, muss die ganze Gruppe daran glauben.)
»Das ist bekloppt!«, rief Five. »Wenn der Dicke was klaut, steh ich nicht dafür gerade!«
»Ihr seid als Gruppe füreinander verantwortlich«, sagte der Weißkittel ungerührt.
»Und damit auch für jedermanns Taten.« Three machte dabei ein Gesicht, als hätte er die fantastische Neuigkeit verkündet, dass wir alle zusammen zu Seaworld dürften oder so.
Five ballte die Fäuste. »Von mir aus kannst du dir die Gruppe in den Arsch stecken.«
»Na, na«, murmelte Two.
Three nickte. »Ja, das ist überhaupt nicht höf...«
Noch ehe er seinen Satz zu Ende bringen konnte, holte Five aus. Seine Rechte landete mit Schwung auf Threes Nase. Ich konnte es knacken hören.
»Was machst du denn da?«, rief Two geschockt.
Five grinste. »Ich folge meinem inneren Drang.«
»Sanktion Nummer zwei«, sagte der Weißkittel, ohne auch nur einen Finger auszustrecken. »Alle gehen heute Abend eine Stunde früher zu Bett.«
»Three auch?«, fragte Four ungläubig.
Ja, Three schien mir ebenfalls genug bestraft, denn er blutete wie ein Stier.
Two hatte schnell einen Lappen besorgt und hielt ihn Three unter die Nase. »Man verliert schon mal die Selbstbeherrschung. Five tut es bestimmt schon leid.«
Davon war jedoch nichts zu merken.
»Es wäre nett, wenn du dich entschuldigen würdest«, meinte Two hartnäckig.
Four nickte. »Sonst werden wir noch mehr bestraft.«
»Hört, hört, wer das sagt.« Five zog die Nase hoch. »Ich denke ja nicht daran. Das hat er sich selbst zuzuschreiben.«
Alle sahen ihn missbilligend an. Auf einmal hieß es, wir alle gegen Five, und das erschreckte mich. Oder besser gesagt: Ich erschrak über die Macht, die diese Weißkittel mit ihren dämlichen, ungerechten Regeln offensichtlich über uns haben. Wir sitzen alle im selben Boot und müssten eigentlich alle gegen die Weißkittel sein.
»Ach herrje, sind wir böse?« Five stellte sich mit den Armen auf dem Rücken wie eine Art Boxball vor uns. »Dann schlagt doch zu«, sagte er herausfordernd.
Louis pfiff durch die Zähne, aber niemand rührte sich.
»Loser.« Five wandte sich auf quietschenden Absätzen um und ließ uns stehen.
»Der bewirbt sich für eine Nacht im Einzelzimmer.« Der Weißkittel lächelte.
»So ein Ekelpaket«, flüsterte Louis. »Als ob das so angenehm wäre.«
Der Weißkittel nickte Coach Two zu.
Dieser ließ sofort seine geschmeidigen Finger knacken und sagte: »Wir reden nicht mehr mit Five, bis er sich entschuldigt hat.«
Das entscheide ich ja wohl noch selbst, dachte ich.
4
Gerade waren Louis und ich von Geschrei auf dem Flur aufgewacht.
»Der dicke Four«, flüsterte Louis. »Er ist verrückt geworden.«
Der Angstschweiß stach auf meinem Rücken. »Was machen sie wohl mit ihm?«
»Einzelzelle?« Louis ließ sich von seinem Bett gleiten und setzte sich neben mich. Ich spürte seinen Atem auf meiner Wange.
»Aber warum Four?«, fragte ich. »Der Weißkittel hat nicht ihm, sondern Five gedroht, ihn zu separieren.«
»Woher soll ich das wissen?« Louis schwieg kurz. »Vielleicht als zusätzliche Strafe für den gestohlenen Joghurt?«
Fours Geschrei wurde zum Heulen, was ich vielleicht noch unangenehmer fand.
»Bist du schon mal separiert worden?«, fragte ich leise.
»Nein, aber ich habe Three auch einmal nachts so schreien hören.« Louis schauderte und rückte näher zu mir. »Am nächsten Tag war er lammfromm und kurz darauf begann dieses brave Getue.«
Wir lauschten angespannt, bis das Weinen verebbt war.
»Den haben sie platt gespritzt«, sagte Louis entschieden.
Schritte, danach tödliche Stille.
»Glaubst du, dass sie uns auch eines Tages holen kommen?«
»Keine Ahnung.« Louis schob seine Eisfüße unter meine Decke. »Aber den Weißkitteln kann man nicht trauen, so viel ist sicher. Hier geschehen seltsame Dinge.«
Fours Gebrüll hallte mir noch in den Ohren nach. »Wenn wir nur herausfinden könnten, was.«
»Keine Chance«, sagte Louis düster. »Wir kommen nie aus diesem Zimmer raus.«
Und da kam mir auf einmal eine Wahnsinnsidee. »Und mit einem Türpass?«
»Könnte sein. Die magnetische Mechanik steckt wahrscheinlich in der Wand, denn ich sehe nirgends gesonderte Kästchen oder Schlitze in den Türen. Mit ein bisschen Glück funktioniert der Türpass auch von unserer Seite aus.«
»Sehr schön.« Ich legte eine Hand auf seine Schulter. »Dann brauchst du also nur noch einen zu stehlen.«
Zu meinem Erstaunen saß Four ganz normal
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