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Boy 7

Boy 7

Titel: Boy 7 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mirjam Mous
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Klassenzimmer, den Speisesaal und den Freizeitraum, aber auch einen unbekannten Teil. (Das Gebäude scheint also größer zu sein, als ich dachte; es gibt noch einen geheimnisvollen Flügel, in dem ich nie gewesen bin.) Der letzte Grundriss war ganz klar vom Keller, wo sich der Fitnessraum, die Turnhalle und die überdachte Hindernisbahn befinden. Warum starrt der Weißkittel nachts auf diese dösigen Grundrisse? Wenn es seine Aufgabe ist, das Gebäude auf unerwünschte Eindringlinge zu überprüfen, sind Sicherheitskameras um einiges praktischer. Darüber dachte ich gerade nach, als er sich plötzlich streckte, seinen Stuhl zurückschob und nach seinem Becher griff.
    Ich bekam einen Mordsschrecken. Er kam auf uns zu!
    Louis zog mich zur nächstgelegenen Toilette und zerrte mich mit hinein. Ich setzte mich auf den Toilettendeckel, um nicht vor Angst in Ohnmacht zu fallen. Louis blieb ganz cool. Dank seiner vielen Einbrüche hat er natürlich Nerven wie Drahtseile.
    »Er ist runtergegangen«, sagte er, während er durch den Türspalt spähte. »Kaffee holen, nehme ich an.«
    Von meinem anfänglichen Mut war nichts mehr übrig. Am liebsten wäre ich für immer auf diesem Klo sitzen geblieben, aber Louis fasste mich am Arm. »Das ist unsere Chance.«
    Ich versuchte, meine Nerven auszuschalten, was nicht wirklich klappte. Auf gummiweichen Beinen schlich ich hinter ihm her ins Zimmer des Nachtwächters.
    Wie ein routinierter Einbrecher zog er eine Schreibtischschublade nach der anderen auf und steckte ab und zu etwas in seine Schlafanzughose. Ich war vor allem wie gebannt von den Monitoren. Oder besser gesagt, von den flackernden roten Punkten auf dem am weitesten links liegenden Grundriss. Was sollten die darstellen? In den Duschräumen, den Toiletten und auf dem Flur flackerte nichts. Dort vorn musste das Zimmer von Louis und mir sein. Auch nichts zu sehen. Aber im Zimmer dahinter sah ich zwei Pünktchen. Das Zimmer von Two und Three. Zwei Jungs, zwei Pünktchen ...
    Hatten sie uns vielleicht Sender in die Schlafanzüge genäht, damit sie kontrollieren konnten, ob wir nachts in unseren Betten lagen? Das schien mir ziemlich unsinnig, denn die Türen waren alle verschlossen, wo sollten wir also sonst sein? Oder hatten sie doch den Verdacht, dass einer von uns einen Pass hatte? Und warum war es dem Nachtwächter dann nicht aufgefallen, dass Louis und ich nicht in unserem Zimmer waren? Und offensichtlich nicht nur wir! Im Zimmer von Four und Five blinkte nur ein Pünktchen.
    Ich hatte keine Zeit mehr zum Nachdenken. Auf der Treppe waren Schritte zu hören. Der Wächter kam zurück!
    »Weg hier«, zischte Louis und schob mich durch die Tür.
    Ich stolperte fast über meine eigenen Füße. Beeilung, Beeilung! Wir wollten uns wieder im Toilettenraum verstecken, aber das schafften wir nicht mehr. Der Mann kam schon nach oben, ich konnte seinen Hinterkopf sehen.
    Tür!, gestikulierte Louis.
    Die Tür zum Zimmer des Nachtwächters stand sperrangelweit offen. Wir stellten uns dahinter und machten uns so flach wie eine Tapete. Ich hyperventilierte fast. Gleich würde uns der Weißkittel entdecken und Alarm schlagen ... Louis umklammerte mein Handgelenk so fest, dass ich für einen Moment meine Angst vergaß und wieder zu mir kam.
    Die Schritte klangen jetzt so laut wie Gewehrschüsse. Ich schloss die Augen und schickte tausend Stoßgebete los. Dann war der Wächter vorbei. Louis ließ mein Handgelenk los und atmete auf. Wir kamen hinter der Tür hervor und schlichen zurück. Erst noch leise und langsam, aber je größer der Abstand zwischen uns und dem Nachtwächter wurde, desto schneller und schneller. Das letzte Stück zu unserem Zimmer rannten wir sogar. Ich hoffte nur, dass wir nicht plötzlich als Pünktchen auf dem Monitor blinken würden. Pass gegen die Wand halten. Drin!
    Louis zeigte mir die Sachen, die er aus der Schreibtischschublade mitgenommen hatte. Zwei Schokoriegel, die wir sofort aufaßen. Eine Haarnadel – perfektes Einbrecherwerkzeug laut Louis. Eine Rolle Klebeband und ein kleines Aufnahmegerät.
    »Falls dein Stift plötzlich leer ist«, sagte Louis.
    Vorläufig haben wir alles in unser Geheimversteck gelegt.
    5
    Louis zwinkerte mir zu, bevor er zu den Duschen ging. Die anderen folgten, aber ich trödelte weiter.
    »Mach mal voran«, sagte der Weißkittel.
    Da begann Louis, aus voller Brust zu singen, wie wir vereinbart hatten.
    »Klappe zu!«, rief der Weißkittel.
    Aber Louis sang nur noch lauter, also

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