Boy 7

...«
    Steve kannte sie also auch schon. Ich konnte mein Erstaunen nicht verbergen.
    »Du bist wirklich nicht der Einzige, den ich ausgewählt habe«, sagte sie.
    Ich ließ die Sprühdose ein wenig sinken. »Ausgewählt?«
    »Er glaubt, dir hätten seine schönen blauen Augen gefallen.« Jones kicherte höhnisch. »Ich habe sie auf diese Computermesse geschickt, damit sie sich ein wenig umschaut und ein paar Gespräche belauscht. Du musstest ja unbedingt vor deinen Freunden mit deinen Talenten angeben.«
    Diese hinterlistige Verräterin! »Und dann bist du uns zu Pizza Hut gefolgt?«
    Sie hob die Schultern. »Jetzt tu mal nicht so, als fändest du das schlimm. Du wolltest dich ja nur zu gern mit mir verabreden.«
    Sie war noch schlimmer als Jones. Sie hatte mich als Versuchskaninchen ausgewählt. Wie hatte ich sie je sympathisch finden können?
    »Du solltest eigentlich froh sein«, fuhr sie fort. »Ich habe dir einen Gefallen getan. Jungs wie du kriegen schnell falsche Freunde und geraten auf die schiefe Bahn. Aber durch das Experiment meiner Eltern kann das alles bald vermieden werden.«
    Blabla. Mich juckte es in den Händen. Ich drückte ihr die Sprühdose fast ins Gesicht. »Ich kenne auch noch ein interessantes Experiment: Kann man von Lufterfrischer blind werden?« Ich griff nach dem anderen Hemdärmel. »Hände her.«
    Sie streckte die Arme aus. Ich war davon überzeugt, dass sie machen würde, was ich ihr aufgetragen hatte, aber plötzlich fuhr ihr rechter Arm in die Höhe, als würde er von einem Katapult abgefeuert. Sie schlug mir die Sprühdose aus den Fingern und ließ sich auf mich fallen. Einen Augenblick war ich so verblüfft, dass ich mich überwältigen ließ. Ihre Nägel bohrten sich in meine Schulter, ihr Mund kam näher und sie entblößte ihre spitzen Zähne. Sie wollte mich beißen! Ich schob sie mit aller Kraft von mir und rollte sie auf den Bauch. Weil ihre Füße schon gefesselt waren, war sie sofort völlig hilflos. Auf Höhe ihrer Knie setzte ich mich auf ihre Beine und zog ihre Arme zu mir heran, damit ich ihr die Handgelenke festbinden konnte. Sehr grob und sehr straff. Es machte mir überhaupt nichts mehr aus, dass sie ein Mädchen war.
    »Wolltest du noch was?«, fragte ich spöttisch.
    »Wenn du uns losbindest und den Stick gibst, lassen wir dich nach Hause gehen«, sagte Jones.
    »Wie Boy One vermutlich?«
    Jones war einen Moment aus dem Konzept gebracht. »Woher weißt du das?«
    Es war ein fantastisches Gefühl, ihn verblüffen zu können. Ich beschloss, noch eins draufzusetzen. »Ich weiß alles – und nicht nur ich allein«, log ich knallhart. »Vor einer halben Stunde habe ich die Informationen vom Stick an alle möglichen Zeitungen, Zeitschriften und Fernsehsender geschickt. Bald weiß die ganze Welt, was CooperationX im Schilde führt und dass es sich bei dem Wissenschaftlerpaar Rogers um ausgeflippte Kriminelle handelt.«
    »Sie leisten Hervorragendes!« Lara war so wütend, dass sie ihre Schmerzen vergaß. »Ich bin sicher, dass meine Eltern irgendwann den Friedensnobelpreis bekommen werden. Sie sorgen für eine bessere Welt ohne Verbrechen und Gewalt. Wenn sich demnächst alle angepasst verhalten, brauchen wir keine Gefängnisse mehr, die Todesstrafe kann abgeschafft werden und alle sind glücklich.«
    Ich lachte laut und übertrieben.
    »Was?«, fragte sie.
    »Die Cooperation zwingt uns gerade mit diesem Mikrochip zu illegalen Sachen: in Häuser und Computer einbrechen, Bombenanschläge ...«
    »Du lügst!«
    »Frag doch Jones.« Sobald ich zur Seite sah, klingelte eine ganze Batterie von Alarmglocken in meinem Kopf. Jones hielt ein Mobiltelefon zwischen den gefesselten Händen.
    Oh, was war ich wütend auf mich! Warum hatte ich ihn nicht durchsucht? Ich sprang auf und entriss ihm das Ding. Es fiel mit einem dumpfen Knall zu Boden.
    »Spar dir die Mühe.« Sein Mund verzog sich zu einem hämischen Grinsen. »In dem Gebäude befinden sich an verschiedenen Stellen Sprengladungen für Notfälle. Ich habe gerade über das Handy die Zündmechanismen aktiviert. In genau neunzig Minuten wird es das graue Gebäude nicht mehr geben. Ohne Beweise kein Fall. Kein Mensch wird dir glauben. Sie werden denken, du bist irgendein Verrückter, der sich das alles zusammenfantasiert hat. So ein Ich-wurde-von-Außerirdischen-entführt-und-in-ihrem-Raumschiff-operiert-Typ.«
    Ich hörte kaum zu und konnte nur an eins denken. Die Boys! Wenn das graue Gebäude gesprengt wurde ...
    3
    Ich