Boys Dont Cry
gehen. Emma war gerne dort. Und ich erntete Komplimente, weil ich mir nicht zu gut war, meine »kleine Schwester« auszufahren. Schon zweimal hatten Mädchen ein Gespräch mit mir angefangen, als ich Emma auf der Schaukel anschubste. Ein paar Vorteile hatte es also doch, ein Baby dabeizuhaben!
»Dante, was ist das?«
Dad blickte auf das halb entfaltete Blatt in seiner Hand. Ein Blick auf die anderen geöffneten Briefe auf der Arbeitsfläche, und ich wusste Bescheid.
»Du hast meinen Brief aufgemacht?«, fragte ich vorwurfsvoll.
»Auf dem Umschlag stand Mr Bridgeman . Ich dachte, er wäre für mich.«
»Da steht Mr D. Bridgeman.«
»Ich habe automatisch alles aufgemacht, wo Bridgeman draufsteht«, entgegnete Dad. »Was ist das?«
Ich schloss einen Moment lang die Augen. Das hatte sich ja wirklich gelohnt, mir die Ergebnisse nicht per E-Mail schicken zu lassen, damit sie nicht abgefangen wurden. Hatte ich irgendeine Möglichkeit, mich aus der Affäre zu ziehen? Nach Dads Gesichtsausdruck zu schließen, bestand da nicht viel Hoffnung. Ironie des Schicksals, dass er die Ergebnisse zu sehen bekam, bevor ich Gelegenheit dazu hatte.
»Dante?«
»Du weißt, was das ist. Du hast es doch gelesen«, sagte ich.
»Nicht alles«, widersprach Dad. »Ich habe nur gerade genug gelesen, um zu wissen, dass der Brief nicht für mich ist.« Worum es ging, hatte er aber offenbar erfasst.
Ich richtete mich zu meiner vollen Größe auf und sah Dad direkt in die Augen. »Ich habe einen DNA-Test machen lassen. Das ist das Ergebnis.«
»Du hast was?«, fragte Dad erstaunt.
»Ich musste einfach Gewissheit haben.«
Dad starrte mich an. »Dante, jeder, der nicht ganz blind ist, kann sehen, dass Emma deine Tochter ist.«
»Ich musste Gewissheit haben«, beharrte ich.
»Suchst du immer noch nach einem Weg, dich deiner Verantwortung zu entziehen? Geht es darum?« Dads Ton war vernichtend. »Und wenn dieser Test deine Vaterschaft bestätigt, lässt du noch einen machen und noch einen, bis du die Antwort hast, die dir gefällt?«
»Nein, Dad.«
Ich bezweifelte, dass er mich überhaupt hörte. Er war schon oft wütend auf mich gewesen, aber so noch nie. Sein Körper wirkte ganz verkrampft und er presste die Lippen dermaßen aufeinander, dass sie kaum mehr zu sehen waren.
»Ich versuche mich nicht der Verantwortung zu entziehen, Dad«, erklärte ich ruhig. »Ich möchte nur die Wahrheit wissen.«
»Die Wahrheit? Dann habe ich hier eine Neuigkeit für dich: Die Wahrheit wird sich nicht nach deinen Wünschen richten.«
»Das ist mir klar.«
»Das glaube ich nicht«, feuerte Dad zurück. »Was willst du wegen deines Studienplatzes unternehmen? Oder hast du ihn etwa schon angenommen, weil du fest damit rechnest, dass Emma – meine Enkelin – zu Semesterbeginn kein Problem mehr darstellen wird?«
Wir musterten einander voller Abscheu.
»Dad, du hast wirklich keine besonders hohe Meinung von mir, stimmt’s?«, sagte ich.
»Ich bin nicht derjenige, der eine Ausrede sucht, um sein eigenes Kind loszuwerden.«
»Ich auch nicht«, gab ich zurück.
»Sondern?« Dad wedelte mit den Testergebnissen vor meiner Nase herum.
»Ich habe es noch nicht mal gelesen«, erinnerte ich ihn. » Du hast den Umschlag aufgemacht, nicht ich.« Aus Dads schmal gewordenen Augen blitzte mir seine Verachtung entgegen. »Und zu deiner Information«, fuhr ich fort, »meine Zusage für die Uni habe ich widerrufen. Vor zwei Tagen. Und meinen Studienkredit habe ich auch storniert.«
Das überraschte ihn. »Wirklich?«
Ich nickte. »Und wenn du mir nicht glaubst, kannst du die Uni anrufen oder online nachsehen. Die Statusmeldung lautet nicht › angenommen ‹, sondern › widerrufen‹ .«
Dad ließ die Hand sinken und sah mich an. Immerhin hatte er aufgehört, mit dem Papier herumzuwedeln. »Warum?«
»Weil ich gemerkt habe, dass ich nicht gleichzeitig studieren und mich um meine Tochter kümmern kann«, sagte ich schulterzuckend. »Ich habe mich über Kinderkrippen und Tagesmütter informiert, wo ich Emma während der Vorlesungen unterbringen könnte, aber das ist viel zu teuer. Und wenn ich abends und am Wochenende arbeiten würde, um einen Krippenplatz zu bezahlen, wer sollte sich in der Zeit um Emma kümmern? Ich glaube, sie ist in ihrem Leben schon genügend herumgeschubst worden.«
»Du hast wirklich deinen Studienplatz abgesagt?«
»So ist es.«
»Wusstest du, wie das Testergebnis ausfallen würde?«, fragte Dad.
»Ich bin kein Hellseher,
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