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Boys Dont Cry

Boys Dont Cry

Titel: Boys Dont Cry Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Malorie Blackman
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verdammt viel Arbeit gemacht hätte, denn das tat sie auf alle Fälle. Sie forderte ständig Aufmerksamkeit und Konzentration. Melanie hatte zusammen mit Emma eine beklemmende Zwangsjacke aus Sorgen bei mir abgesetzt, die ich nicht ablegen konnte. Gab ich Emma zu viel zu essen oder zu wenig? Gab ich ihr die richtige Kost? Hatte sie genug Bewegung? War sie warm genug angezogen? Oder vielleicht zu warm? Bekam sie genügend Schlaf? Genügend Aufmerksamkeit?
    Genügend?
    Doch obwohl ich permanent das Gefühl hatte, es zu vermasseln, lächelte Emma mich immer an, und wenn ich sie hochnahm, hing sie an meinem Hals, als … sei ich ihr wichtig. Und wenn ich ihr gegen das Bäuchlein blies, lachte sie, als gäbe es nichts Lustigeres auf der Welt.
    Seit sie laufen gelernt hatte, tapste sie hierhin, dorthin, überallhin. Und zwar wirklich überallhin. Während ich auf der Toilette anderweitig beschäftigt war, schnappte sie sich einen von Dads Hausschuhen und pfefferte ihn gegen den DVD-Player, der im Wohnzimmer auf dem Boden stand. Das Gerät warf daraufhin die DVD aus, und Emma fand, der Hausschuh gehöre eigentlich in das Ausgabefach, man müsse ihn bloß mit ein bisschen roher Gewalt dazu überreden. Als ich wieder ins Zimmer kam, knarzte das Ausgabefach bedenklich. Ein Schubs noch, dann wäre es endgültig abgebrochen.
    »Nein, Emma, lass das! Das darfst du nicht tun«, sagte ich zu ihr und nahm ihr den Hausschuh weg.
    Ein kurzer überraschter Blick, dann verzog sie das Gesicht, öffnete den Mund und heulte.
    »Emma, du darfst den Hausschuh nicht da reinstecken. Dazu ist er nicht gedacht. Hausschuhe zieht man sich an die Füße, so.« Und ich zeigte es ihr. »Man kann sie auch als Fußball benutzen und einen Kopfstoß damit machen, oder man trägt ihn als Hut.« Ich legte den Hausschuh auf meinen Kopf und begann wie ein Model auf dem Laufsteg im Raum hin und her zu stolzieren. Emma fing an zu kichern, Gott sei Dank. Größerer Wutausbruch abgewendet. Weil ich allmählich Gefallen daran fand, machte ich noch ein bisschen weiter.
    »Dante trägt den letzten Schrei, einen Designer-Pantoffel aus reinstem … ähm … Synthetik, und das Futter ist aus reinem … ähm … Synthetik.«
    »Willst du mir irgendwas sagen?«, witzelte Adam von der Tür her.
    Ich fuhr herum. Der Hausschuh fiel mir vom Kopf. Adam applaudierte. Emma stimmte glucksend mit ein. Ich verbeugte mich tief vor der Schar meiner Bewunderer.
    Es verging kein Tag, an dem ich nicht irgendetwas reparieren musste, das Emma »umgestaltet« hatte. So schaffte sie es zum Beispiel, zwei Schalter vom Herd abzumontieren, bevor ich sie davon abhalten konnte. Ich steckte sie wieder auf und hoffte, dass es niemand merken würde. Am selben Abend, als sich Dad zum Abendessen Suppe aufwärmte, hatte er plötzlich einen der Knöpfe in der Hand.
    »DANTE!«
    Hausschuhe blieben für Emma auch weiterhin interessant. Ich erwischte sie dabei, wie sie einen von Dads Schlappen in die untere Toilette tunkte. Nachdem ich Emma erklärt hatte, das dürfe man nicht und es sei nicht nett, spülte ich den Hausschuh ab und stellte ihn wieder in den Flur. Bei Dads Heimkehr, so hoffte ich, wäre er bereits getrocknet und Dad würde nichts bemerken. Aber das Glück hatte ich nicht.
    »DANTE!«
    Einmal saß ich mit Emma im Wohnzimmer und erzählte ihr Geschichten über ihre Bauernhoftiere. Es war ein recht schöner Morgen, wenn auch ziemlich bewölkt. Emma stieß gerade die Köpfe einer Kuh und einer Ziege aneinander, als plötzlich ein Sonnenstrahl auf die leere Kristallvase auf dem Fensterbrett fiel und eine ganze Palette von Regenbogenfarben über die cremefarbenen Wände vor uns zu tanzen begann. Die Tiere aus Emmas Hand landeten auf dem Teppich und sie krabbelte los wie der Blitz. Mit einer Hand an die Wand gestützt, richtete sie sich auf und versuchte mit der anderen, die tanzenden Farben an der Wand zu erwischen. Dabei gluckste sie vor Vergnügen, und ich konnte nicht anders, als mit ihr zu lachen. Erstaunlich, dass schon an der Wand tanzende Farben sie derart in Entzücken versetzen konnten.
    Und während ich ihr zusah, merkte ich, dass es nicht so sehr Emmas Mätzchen waren, die mich berührten, als vielmehr sie als Person. Ich musste mich zurückhalten, um nicht allzu sehr mit ihr zu lachen oder sie allzu lange anzulächeln oder ihr zu erlauben, meine Gedanken zu beherrschen. Denn ich wollte ihr nicht zu viel Platz in meinem Kopf einräumen.
    Mein Leben war so sehr ins Trudeln

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