Boys Dont Cry
sie nagelten mich auf dem Boden fest. Logan kniete auf meinem Rücken. Paul verlagerte sein Gewicht auf meine Beine. Sie würden mir die Wirbelsäule oder die Beine brechen oder beides. Jeder von ihnen verpasste mir den einen oder anderen Schlag, während ich hilflos zappelnd dalag. Josh stand jetzt aufrecht und trat auf den Kopf meines Bruders ein, sprang darauf, wieder und wieder.
»Du hast dich immer für was Besseres gehalten. Wolltest zur Uni, Journalist werden und über die Wahrheit schreiben«, zischte mir Logan ins Ohr. »Jetzt schau dich an. In Wahrheit bist du ein Nichts, nur Abschaum, hast ein Kind am Hals, keinen Job und eine Tunte als Bruder.«
Wieder bäumte ich mich auf und versuchte ihn zu treten, aber ich war am Ende. Ich konnte nur den Kopf drehen. Und zu meinem Bruder und Josh sehen.
»HÖR AUF. JOSH, DU SCHWEIN, HÖR AUF. STOPP. UM HIMMELS WILLEN. DU BRINGST IHN UM!«
Mein einziges Mittel waren Worte, aber sie drangen nicht durch … Josh drosch unvermindert auf meinen Bruder ein. Blut tropfte ihm von den Fäusten.
Und Adam rührte sich nicht mehr.
Paul sprang auf die Füße. »Josh, das reicht. Er hat genug.« Paul versuchte Josh wegzuzerren, schaffte es aber nicht.
»Logan, zum Henker, hilf mir doch«, schrie er herüber.
Logan stand auf, blieb jedoch stocksteif stehen.
Ich rollte mich zusammen wie eine Schlange, schnellte hoch, ballte die Fäuste und traf Logan seitlich am Kopf. Mit einem Schmerzenslaut sackte er in sich zusammen. Erneut schlug ich zu, schlug ihn zu Boden, und weil er ja so superfit war, ließ ich noch ein paar Tritte folgen, damit er auch sicher unten blieb. Anschließend nahm ich mir Josh vor. Den Arm von hinten um seinen Hals geschlungen riss ich ihn nach hinten und schleifte ihn weg, so brutal und so schnell, dass nur seine Fersen den Boden berührten. Dann ließ ich ihn fallen und rannte, ohne einen weiteren Gedanken an ihn zu verschwenden, zurück zu Adam. Neben meinem Bruder fiel ich auf die Knie. Er lag auf der Seite und von seinen Gesichtszügen war nichts mehr zu erkennen. Adams ganzes Gesicht war blutüberströmt.
»Adam …?«, flüsterte ich.
Ich hielt mein Ohr an seinen Mund und seine Nase. War das sein Atem, den ich auf der Haut spürte, oder nur ein Abendlüftchen?
»Josh, wir müssen verschwinden. Sofort!«, schrie Paul Josh an und wollte ihn mit sich ziehen.
»Was geht denn hier vor?« Ein gedrungener Mann mit nacktem Oberkörper kam aus dem Nachbarhaus. »Zoë, hol die Polizei«, rief er über die Schulter nach drinnen.
Ich sprang auf, um Josh in die Augen zu schauen. »Hau bloß ab, oder ich geh deinetwegen in den Knast, das schwöre ich dir.«
Es kam ganz leise, aber ich meinte jedes Wort bitterernst. Mit geballten Fäusten verharrte ich. Nur über meine Leiche würden sie meinen Bruder noch einmal anrühren.
»Josh, um Himmels willen. Lass uns gehen«, drängte Paul.
Logan und Paul hauten ab und zogen Josh mit sich.
Ich fiel wieder auf die Knie.
Adams Gesicht war nur mehr eine Masse aus Blut und Knochen und zerfetztem Fleisch.
Ich wusste nicht, was ich tun sollte.
Ihn umdrehen? Ihn so lassen? Was bloß?
»Adam?« Ich streichelte seinen Kopf, flüsterte ihm ins Ohr: »Adam, du darfst nicht sterben. Bitte, bitte, stirb nicht.«
38 DANTE
Im Krankenhaus liefen die Uhren ganz offensichtlich anders. Die Sekunden krochen mit höhnischer Gleichgültigkeit dahin. Ich saß in einem gut halbvollen Wartezimmer und fühlte mich vollkommen allein.
Zwei Frauen, die eine mit zum Pferdeschwanz gebundenen Locken, die andere mit brünettem Kurzhaarschnitt und Seitenscheitel, traten durch die sich automatisch öffnende Tür und steuerten auf die Rezeption zu. Ohne sonderliches Interesse verfolgte ich, wie sie sich kurz mit der Empfangsdame hinter dem Tresen unterhielten, bis diese auf mich deutete. Polizeibeamtinnen. Ich hätte damit rechnen müssen, trotzdem beschleunigte sich mein Herzschlag, als die zwei Frauen auf mich zutraten. Beide trugen Hosenanzüge, die Braunhaarige einen schwarzen, die andere einen dunkelblauen. Ich stand auf, weil ich ihnen auf gleicher Augenhöhe begegnen und nicht von unten zu ihnen hochsehen wollte.
»Sind Sie derjenige, der das Überfallsopfer begleitet hat?«, fragte die Frau in Dunkelblau.
Ich nickte.
»Ich bin Detective Sergeant Ramona Crystal. Das ist meine Kollegin, Detective Constable Samantha Kay. Würden Sie uns bitte Ihren Namen nennen?«
»Dante. Dante Bridgeman.«
»Also, Dante. Was können Sie uns
Weitere Kostenlose Bücher