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Boys Dont Cry

Boys Dont Cry

Titel: Boys Dont Cry Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Malorie Blackman
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scharf.
    Ich blickte zu Boden, an die Decke, überall hin, nur nicht zu meinem Dad und meiner Tante.
    »Weil er schwul ist«, informierte Dad sie mit bitterer Stimme. »Ich dachte, Schwule zu verprügeln, das war einmal. Wir befinden uns schließlich im einundzwanzigsten Jahrhundert – oder zumindest wird das immer behauptet.«
    »Oh Gott …«
    »Gott hatte nichts damit zu tun«, sagte Dad barsch. »Nur ein paar schwulenfeindliche Drecksäcke, die nicht mal genug Mumm für einen fairen Kampf hatten.«
    »Kennst du die, die das getan haben?«, fragte Tante Jackie.  
    »Ein paar Typen aus meiner ehemaligen Klasse«, sagte ich.  
    »Warum hast du zugelassen, dass sie deinen Bruder als Sandsack missbraucht haben?«, fragte Dad.
    Ich drehte mich zu ihm. »Sie haben mich zu Boden gedrückt, das habe ich dir bereits gesagt. Ich wollte sie zurückhalten, aber ich konnte mich nicht rühren.«
    »Du sollst eigentlich auf deinen jüngeren Bruder aufpassen. Du solltest ihn beschützen«, fuhr Dad mich an.
    Glaubte er etwa, dass ich das nicht wusste?
    »Ich hab’s versucht, Dad. Wirklich. Sie tauchten auf wie aus dem Nichts.«
    »Du hättest dich mehr anstrengen müssen!«
    »Tyler, das hilft jetzt auch nichts«, mischte sich meine Tante ein.
    »Halt dich da raus, Jackie. Mein Sohn wird gerade operiert. Mein Sohn kämpft um sein Leben.«
    »Und dein Sohn sitzt neben dir und braucht ein paar aufmunternde Worte von seinem Dad«, sagte Tante Jackie.
    Ich sprang auf. »Entschuldigt mich.«
    »Wo willst du hin?« Dad runzelte die Stirn.
    Ich musste hier weg. Sofort! »Auf die Toilette.« Ehe Dad oder Tante Jackie ein weiteres Wort sagen konnten, war ich auf dem Weg zur Herrentoilette. Dads Vorwürfe waren gar nichts gegen meine Selbstvorwürfe. Trotzdem taten mir seine Worte weh. Höllisch weh.
    Im Waschraum spritzte ich mir Wasser ins Gesicht und wusch mir die Hände. Einige Fingerknöchel hatte ich mir abgeschürft, als ich Logan geschlagen hatte. Ich straffte die Schultern und betrachtete mich in dem großen Spiegel über den drei Waschbecken. In meinen Augen schimmerten Tränen und ich biss die Zähne so fest zusammen, dass man einen Wangenmuskel heftig zucken sah. Ich konnte meinen Anblick nicht mehr ertragen, schaffte es aber auch nicht wegzusehen.
    Es war alles meine Schuld.
    Adam hatte mich mehr als einmal gefragt, warum ich Josh alles durchgehen ließ. Als ich mich jetzt im Spiegel anstarrte, stellte ich mir die gleiche Frage. Warum hatte ich Josh keine geknallt, als er diesen unsäglichen Mist abgelassen hatte? Josh hatte einen Hass gegen Minderheiten. Bei ihm kriegten alle ihr Fett ab: Zigeuner, Muslime, Juden, Schwule, Schwarze – aber Schwule beleidigte er besonders heftig. Sobald ich etwas anderes als Jeans und T-Shirt trug, war ich schwul. Die Musik, die ich mochte, war stockschwul. Die Bücher, die ich las, waren oberschwul. Und ich hatte ihn deswegen nie in die Schranken gewiesen, nicht ein einziges Mal.
    »Das sind doch nur Worte. Es hat nichts zu bedeuten«, hatte ich mir einzureden versucht.
    Worte verletzten, na wenn schon? Worte konnten manchmal länger wehtun als körperliche Schmerzen, na wenn schon? Ich war ja nicht schwul, was also machte es schon? Josh nannte mich doch auch Spasti, wenn er etwas, das ich tat, für dämlich hielt. Bei dem Wort zuckte ich immer innerlich zusammen, aber ich hatte ihn auch deswegen nie zurechtgewiesen.
    Es hat nichts zu bedeuten …
    Ja, klar.
    Adam hatte Josh einen Feigling genannt, aber Josh war nicht der einzige Feigling. Abgestoßen von meinem eigenen Anblick wandte ich mich vom Spiegel ab. Ich machte mich auf den Weg zurück in den kleinen Wartebereich, wo wir mit dem Schlimmsten rechnen und auf das Beste hoffen mussten.
    »Ich sage ja nur, du warst schon immer zu hart zu dem Jungen, Ty. Du machst ihn für Sachen verantwortlich, für die er nichts kann«, meinte Tante Jackie.
    »Du hast doch keine Ahnung, wovon du redest«, tat Dad ihren Vorwurf ab.
    Ich ging nicht weiter, sondern blieb hinter der Ecke stehen. Tante Jackie und Dad unterhielten sich über mich. Abwartend lauschte ich.
    »Ach nein? Glaubst du etwa, meine Schwester und ich hätten uns nie unterhalten? Glaubst du, sie hätte sich mir nicht anvertraut?«, griff meine Tante ihn an. »Denkst du, sie hat nicht gewusst, wie sehr du es ihr und Dante verübelt hast, was passiert ist?«
    »Wovon redest du? Ich habe es ihr nicht verübelt. Schließlich habe ich sie doch geheiratet, oder nicht?«, sagte

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