Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Bradshaw Gillian - Artus 02

Bradshaw Gillian - Artus 02

Titel: Bradshaw Gillian - Artus 02 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Das Koenigreich des Sommers
Vom Netzwerk:
Wand. Ich war glücklich, bis ich bemerkte, wie weit er von der richtigen Planke entfernt war. Gawain ging hinüber und zog ihn heraus, kam zurück und warf dann rasch alle drei Speere in die richtige Planke, direkt neben dem Astloch. Er tat das mit wirklich erstaunlicher Geschwindigkeit. Dann sammelte er sie wieder ein und stellte sie an die Wand, ehe er sich mir zuwandte. Ich wußte: Mein Gesicht war rot. Ich sagte nichts.
»Du weißt wirklich, wie man wirft«, sagte der Krieger. »Ich habe Monate gebraucht, ehe ich so gut werfen konnte. Nun, ich habe langsam gelernt – aber ich kann Speere auch vom Pferd aus werfen, genausogut. Das gleicht sich dann aus. Wenn du anständig ausgebildet worden wärst, dann hättest du einen hervorragenden Krieger abgegeben.«
Ich schaute die Planke an, die ich getroffen hatte. »Wieviel Ausbildung braucht man denn?«
Gawain zuckte die Achseln. »Auf den Orcades – bei den Ynyssedd Erch, heißt das – fangen wir an, wenn wir sieben Jahre alt sind. Die Ausbildung dauert, bis wir vierzehn sind, und Knaben von hohem Rang dürfen dann anfangen, Raubüberfälle mitzumachen. Aber sie brauchen noch immer einige Übung für den Rest ihres Lebens. Außerdem ist der Kampf vom Pferd aus eine ganz andere Angelegenheit.«
Das hatte ich natürlich schon gehört. Krieger beginnen ihre Ausbildung mit sieben Jahren, kämpfen mit vierzehn oder fünfzehn und sterben gewöhnlich, ehe sie fünfundzwanzig sind. Gawain hatte dieses Alter schon überschritten. Und ich war zu alt, um anzufangen. Ich hatte es gewußt, aber ohne diese verfluchte Planke, die mich anstarrte, war mir nie so richtig klargeworden, wieviel diese Ausbildung bedeutete.
»Ich habe nie gesagt, ich wäre ein Krieger«, sagte ich zu Gawain. »Und vielleicht würde ich wirklich in einer Schlacht wie ein Brathähnchen aufgespießt. Aber ich weiß, daß Krieger Diener haben, und Diener kämpfen nicht. Andere Krieger verschonen die Diener.«
»O nein, das tun sie nicht. Diener sind wertvoller Besitz, wenn man sie an den richtigen Mann verkauft«, bemerkte Gawain trocken. Und dann sagte er mit ernster, müder Stimme: »Du bist dein eigener Herr, du stammst aus einem freien, wohlhabenden Clan. Deine Familie kann man nur ein Geschenk des Himmels nennen. Warum, bei allen Heiligen, solltest du den Wunsch haben, das alles beiseite zu schieben, dich dem Willen eines anderen Mannes unterzuordnen und in ganz Britannien herumzuwandern, wo jeder gegen dich ist?«
»Ich weiß, es ist verrückt, ich weiß.« Ich stand da und suchte nach Worten. »Ich weiß. Nur… Herr, Rom ist gefallen, und der Kaiser im Osten hat uns allein gelassen. Wir müssen uns selbst verteidigen. Mein Großvater hat mir davon erzählt, als ich ein Kind war. Ich…« Ich kämpfte mit mir, ich versuchte etwas zu erklären, das ich nicht wirklich verstand. »Und dein Herr verteidigt uns. Ja, und wir sind das letzte christliche Land im Westen, das letzte Stückchen des Reiches – und die Kirche tut nichts, und die Könige von Britannien tun nichts, sondern sie tun nur so, als ob die Welt für immer so weitergeht wie jetzt. Aber in Wirklichkeit hat sie sich schon so verändert, daß die letzten Kaiser sie nicht mehr wiedererkennen würden.« Bei diesem Gedanken zersprang irgend etwas in mir, irgendeine Hemmung. Ich stellte fest, daß ich schneller sprechen konnte. »Herr, der Westen liegt in Finsternis. Der Kaiser Artus hat den Sachsen eine große Niederlage beschert, aber noch immer kämpfen wir einen Krieg, noch immer tobt die Schlacht. Ist das nicht wahr? Ist Britannien im Frieden, Herr? Ist die Welt im Frieden?«
»Die Welt wird den Frieden nie kennenlernen«, murmelte Gawain. Aber er betrachtete mich jetzt mit stiller Intensität.
»Nein, natürlich nicht. Aber jetzt weniger denn je. Jetzt tobt ein Krieg zwischen dem Gesetz und dem Chaos, zwischen dem Licht selbst und der Finsternis. Und vielleicht ist Artus wirklich, wie sie sagen, ein gewalttätiger Mann. Aber selbst wenn er so korrupt wäre, wie der König von Gwynedd ihn darstellt, es gehört schon viel dazu, auszuziehen und gegen Tod und Elend zu kämpfen. Es ist besser, als oben in Arfon zu sitzen wie ein Geier, der auf das Ende wartet. Es ist auch besser, als auf einem Bauernhof in der Nähe von Mor Hafren zu arbeiten und so zu tun, als ob die Welt im Frieden wäre!«
Gawains Gesicht war ausdruckslos. Ich holte tief Atem, weil ich nicht wirklich wußte, was ich gesagt hatte, und ich fühlte mich schwach und erschöpft.

Weitere Kostenlose Bücher