Braeutigame
flüsterte Reinhold, „nu n sei bloß ruhig.“ Er zog sich einen Schemel neben den köchelnden Popschatopf, nahm sich einen Arm voll Kolben und begann stumm zu blodern, ohne in die Runde zu sehen.
„So ist’s recht“, rief Attila von oben. „Arbeiten soll er einmal, der kluge Herr! Hier fang er einmal…!“ Attila warf einen Kolben nach Reinhold, der ihn am Kopf getroffen hätte, wenn er sich nicht geistesgegenwärtig geduckt hätte.
Alma musste lachen und hielt sich die Hand vor den Mund. Ihre Zehen wippten mit der M usik. Während sie die Kolben mit der linken Hand umklammerte und mit der rechten die langen, feuchten Maisblätter nach unten abriss und in ihren Schoß fallen ließ, wanderte ihr Blick durch die Scheune. Von allen Seiten k onnte sie das regelmäßige Ratschen hören, das beim Herunterreißen der Deckblätter entstand. Die Kolben fühlten sich angenehm an, fand Alma, feucht und fest .
Alm a stupste ihre Schwester mit dem Ellenbogen an.
Minna schaute auf. „Was denn?“
„Guck jetzt nicht hin… R e chts hinten in der Ecke, hinter Gustav, da sitzt der Sohn von den Krafts, denen auf dem Vorderen Weg. Der guck t immer zu uns rüber, glaube ich.“ Alma sah auf den Kolben in ihrer Hand, während sie sprach. „Der mit der Pfeife im Mund, siehst du ihn?“
„Meinst du, der guck t?“, sagte Minna.
„Mmh. Kommt mir so vor.“
„Und zu wem guckt er? “
„Zu uns.“
„ Zu dir oder zu mir?“
„Habe ich nicht genau gesehen, so düster, wie e s hier ist.“
„Was soll der wollen?“
Alma zuckte mit den Schultern. „Weiß ich nicht.“
„Du“, sagte Minna und sah auf, „vielleicht will der was von dir?“
„Oder von dir.“
„Von mir doch nicht. Der ist viel zu alt. Kennst du den?“
„Na, wie man die Burschen kennt. Ein bisschen. Er geht immer angeln.“
„Gut sieht er aus“, sagte Minna .
„Findest du?“
„Schon . Von hier jedenfalls. Sitzt so im Dunkeln da hinten in der Ecke, dass man ihn kaum erkennen kann. Schöne Haare hat er. Goldig und blond sehen s ie aus im Licht .“
„Hellbraun.“ Alma holte im Sitzen mit dem Arm weit aus, warf einen geschälten Maiskolben in den Pferch und nahm den nächsten vom Haufen. „Mir gefällt er auch ein bisschen“, sagte sie, ohne ihre Schwester anzusehen. „Die Augen sind hübsch geraten. Und der redet wenigstens nicht die ganze Zeit wie die anderen Schreihälse. Die palavern immer nur, von Pferden und von Maschinen und von der Musik und wer alles wieder in Sarata und Kischinjew war… Was Richtiges kommt nicht da bei raus, wenn die den Mund aufmachen. Da lob ich mir einen wie Heinrich, der nicht viele Worte macht.“
Edith Giese sprang kreischend auf. „Igittigittigitt!“, rief sie. Alle sahen auf, und die Musiker mussten beim Spielen lachen und gerieten aus dem Takt. Edith hatte ihren Kolben fallengelassen und hielt ihre Hände unter die Schürze , wo sie sie angewidert gegeneinander rieb .
Gretel Giese verdrehte ihre Augen: Sie hatte ohne ihre kleine Schwester zum Klak gehen wollen, aber ihr Vater hatte Edith mitgeschickt. Schämen musste man sich, dachte sie. Wenn man Kinder aus dem Haus lässt…
Einer der Pleskow -Söhne zog einen jungen Erdhasen an den Hinterläufen aus dem Maiskolben-Haufen in d er Mitte der Scheune. „Ist nur eine tote Zieselmaus“, brummelte er. „Minus ein Bein. Die Bude steht noch.“
Edith Giese hielt sich die Schürze vor Kinn und Mund und nickte. „Ich hab mich so erschreckt!“
„Hat man gar nicht gemerkt, Fräulein“, sagte der Pleskow -Sohn grinsend. „Aber tun kann die Zieselmaus nu n nichts mehr, Edi, und fressen kann sie dich auch nicht, jetzt, wo sie tot ist. Quieken tust, als wärst du ein Otter.“ Er sah such end um sich. „Du, Reinhold, sag mal…“, rief er, „wo habt ihr euern Mi sthaufen für das tote Viech? Hintendu rch oder vorn bei den Schobern ?“
Reinhold sah auf. Er umklammerte mit beiden Händen einen gebloderten Maiskolben.
„Hee, Alma“, rief er , ohne zu antworten . „Du da, Alma Freier!“
Sie sah zu ihm hin. „Was ist?“
„Halt mal deine Schü rz e au f.“
Jetzt verstand sie: Sie hob mit den Händen die Zipfel ihrer Schürze hoch und fing damit den Maiskolben auf, den Reinhold ihr zuwarf. Sie nahm ihn in die Hand und drehte ihn herum. Es war ein Feuerkolben, bunt gemustert mit gelben, roten und einzelnen violett -schwarz en Körnern.
„Guck mal!“, rief Minna. „Du h ast einen aus Feuer bekommen. Jetzt musst du ihm einen Kuss
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