Braeutigame
um und suchte im Dunkeln nach einer Bewegung.
„Wer ist da?“, rief sie – viel zu laut, dachte sie, aber sie wollte sich keine Angst anmerken zu lassen. „Ist da jemand? Sind Sie das, Frau Trautmann?“ Sie ging unter den Ästen der Bäume einige Schritte über das Gras zum Mitte lweg zurück, der den Gemüsegarten der Trautmanns halbierte. „Hallo? Ist da jemand?“
Sie sah eine Gestalt auf den Steinplatten stehen, einen Hut, einen Mann. Sie schauderte.
„Wer ist da?“ rief sie.
Niemand antwortete.
„Was soll das?“, rief Alma. „Sind Sie mir nachgeschlichen? Bist du das, Gustav?“
„ Ksch “, machte der Mann. „Ich bin es.“
„Wer ich ?“
„Heinrich. Heinrich Kraft.“
„Was machst du hier?“, rief Alma – überrascht und zugleich erleichtert, weil es nicht der verrückte Gustav mit seiner unheimlichen Art war, der ihr aufgelauert hatte.
„Pssst!“, machte Heinrich. „Mach nicht so einen Lärm, Alma“, flüsterte er.
„Warst du das auf dem Abort ?“, fragte Alma und schämte sich sofort, es gefragt zu haben. „Warum bist du nicht in der Scheune bei den anderen?“
„Du bist doch auch nicht beim Blodern“, sagte Heinrich. Es kam ihr in der Dunkelheit vor, als lächelte er sie an. „Was machst du hier?“
„Ich musste mal austreten“, sagte Alma.
„Ich auch. Wart e mal. Ich hab e was für dich.“
„Ach. ..!? “
Der Hut fiel herunter, als Heinrich seinen Kopf senkte und mit den Hände n auf dem Rücken nach etwas angel te.
„Nun komm… Das dicke Ding steck t unterm Gürtel fest… So – hier...“ Er hielt ihr etwas entgegen, das sie in der Dunkelheit nicht erkannte . „Nun nimm ihn halt in die Hand “, sagte Heinrich.
„Was is t das?“, fragte Alma. „Ich kann e s nicht sehen. Ist das ein Messer?“
„Was sollt e ich beim Blodern mit einem Messer?“ Heinrich nahm ihre Hand und legte sie auf sein Geschenk .
„Spürst du, was das ist?“
„ Ein Kolben. “
„ Ein echter Feuerkolben.“
„Sag bloß, du hast auch einen gefunden beim Blodern?“
Sie sah seine hellen Zähne in der Dunkelheit.
„Einen schönen“, sagte er, „ganz einen roten, von oben bis unten rot ist er. Der wird dir gefallen, wenn du ihn im Licht siehst.“
„Danke“, sagte sie leise.
„Der ist viel schöner als der vom Reinhold. Wirst sehen.“
Sie spürte mit den Fingerspitzen die harten Körner auf dem Kolben.
„Jetzt musst du deine Schürze weit aufhalten.“
Sie gehorchte. Heinrich öffnete vorsichtig ihre Hand und ließ den schweren Maiskolben in das aufgespannte Tuch fallen.
„Und jetzt?“, fragte er.
Sie nickte. „ Ich weiß schon. Jetzt kriegst du einen Kuss von mir für deinen roten Kolben.“
„S iehst du. Ist ja nicht dein erster heute. Reinhold durfte sich auch schon einen holen.“
„Hast du das gesehen?“
„Hmm, sicher. War nicht zu übersehen. Aber der hat seinen Feuerkolben nich t selbst geblodert. Er hatte ih n die ganze Zeit in seiner Hosentasche versteckt.“
„Wirklich? Solche Sachen macht der?“
Heinrich lachte leise. Sie hör te, wie er durch die Zähne einatmete.
„Aber nur auf die Wange, hörst?“, sagte sie.
Heinrich drückte ihre Hände, die die Schürze hielten, zog sie an sich und sah ihr ins Gesicht.
„Hast du aber schöne Augen“, sagte sie. „Das sieht man noch im Finstern.“
Er sagte nichts, lächelte nicht mehr – nahm ihre Wangen in seine Hände und küsste sie auf den Mund. Es ging so schnell, dass sie nichts sagte, nichts sagen konnte, sie hielt nur still, spürte seine warmen Lippen und die Barthaare unter der Nase, geschmeichelt, überrumpelt, und jetzt spürte sie seine Lippen immer noch – dieser Kuss dauerte lange, dachte sie, war das bei allen Küssen so, die beim Popschablodern gegeben wurden? Seine Zähne drückten hart auf ihre Oberlippe, sie konnte ihn riechen, schnappte nach Luft, fühlte seine Hände hinter ihrem Kopf – was machte er mit ihrem Haar?, dachte sie, er machte ihr das Tuch noch lose, das war doch mehr als nur ein Kuss, was er da machte… Sie bekam keine Luft, wand sich aus seinen Armen und drückte ihn weg.
Sie sah ihn an, wischte sich mit der Schürze über den Mund. Ihre Hände zitterten.
Heinrich lächelte und blickte verstohlen zu Boden.
Alma wusste nicht, was sie sagen sollte. Sie holte mit ihrer Rechten aus und gab ihm eine Ohrfeige, verfehlte aber Heinrichs Wange und traf ihn auf die Lippen .
Ihre andere Hand umklammerte noch immer den Feuerkolben.
Kapitel 8 :
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