Braeutigame
darüber, nicht in Ziegelmacher s geübter, hoher Sütterlinschrift , sondern in schnörkellosen Buchstaben, die Müller Trautmann geschrieben haben musste.
ACHTUNG!!!
POPSCHABLODERN bei
Sam. Trautmann (Lehmkuhle!)
Freitag (14.)
Die ganze Jugend des
Dorfes ist WILLKOMMEN!
Für Speis und Trank ist gesorgt.
BITTE WEITERGEBEN!
Minna las den Wanderzettel.
„Danach geht es nicht, was da steht“, sagte sie. „Du musst schon Vater um Erlau bnis fragen, wenn du zum Popschaklak willst.“
Georg rollte mit beiden Händen den Wanderbrief auf. „Gut werdet’s ihr beide haben. Weiß jeder, dass die Trautmanns sich bei Speis und Trank nicht lumpen lassen. Nur das Beste fahren sie zu später Stunde noch auf aus dem Keller. Entenkeulen und Rauchschinke n und so. Aber ihr Schaden wird e s auch nicht sein, wenn dreißig oder vier zig kommen und in der Scheune Popscha blodern.“
„Du weißt ja, wie e s geht“, sagte Minna. „So machen e s alle, die Armen wie die Reichen. Die Blöße gibt sich k einer, beim Blodern nur Brot mit Gänseschmalz zu reichen. Es würd e im nächsten Jahr keiner wiederkommen.“
„Aber e s schmeckt trotzdem nicht bei allen gleich gut, sag e ich.“ Georg rieb sich mit dem aufgerollten Papier den Bauch. „Ich geh rüber zu den Dressners und geb den Ze ttel weiter. Wollte Lea auch zu Trautmann s gehen?“
„Bestimmt nicht.“ Minna kletterte auf den Knien mit ihrem Reisigbesen in den mittleren der drei Popschakörbe. „Die ist nicht so fürs Praktische“, rief sie von innen, „und beim Blodern sieht man hinterher aus wie eine Vogelscheuche mit all den Kleberflusen im Haar und in den Kleidern.“
Georg war schon losgelaufen und hörte sie nicht mehr.
Um halb zehn am Abend, als sie die Sommerküche aufgeräumt und frische Sachen angezogen hatten, liefen Alma und Minna den Breiten Weg hoch zum Ring, von dort ein kurzes Stück weiter auf der Vorderen Straße, wo der Grubenweg abzweigte, der zur Lehmkuhle und zu Trautmanns Mühle führte. Der Abend war mild , die Luft warm. Sie roch nach trockener Erde und Holzglut in den Küchen. Aus den Häusern und Höfen fiel gelbes Licht auf die Kronen der Akazien am Breiten Weg und in die Vordergärten, in denen Astern blühten und reife Sonnenblumen ihre Köpfen hängen ließen. Ein Hund schlug an, dem in der Ferne einer zweiter antwortete. Beim Laufen hörten sie die Halsglocken der Wagenochsen in den Ställen, blökende Schafe und die Gänse, die auf den Wiesen am Kogälnik schnatterten.
Die Mädchen hatten sich frisch gewaschene und gebügelte Schürzen über die Röcke gebunden, obwohl sie wussten, dass sie beim Blodern gleich wieder schmutzig werden würden. Beim ersten Mal , fanden sie, sollte man einen guten Eindruck machen und möglichst hübsch aussehen . Alma hatte ihr blondes Haar in der Mitte gescheitelt, zu Zöpfen geflochten und über d en Ohren zu Schlaufen gebunden . Darüber trug sie ein besticktes Kopftuch, das beim Blodern den Staub und die klebrigen Maisflusen abhalten sollte. Minna hielt mit einer Hand ihr eigenes Tuch fest, das sie sich nach einem Malheur tief in die Stirn gebunden hatte. Nach dem Abendbrot hatte sie das alte Brenneisen der Mutter aus dem Werkzeugschuppen geholt und während des Abwaschens auf die heiße G lut im Ofen gelegt, um sich Well en zu drehen. Dann hatte ihr die Geduld gefehlt; sie hatte das Eisen nicht lange genug abkühlen lassen und sich weit oben zwei Fingerbr eit ihres Stirnhaars versengt.
Als sie in die Lehmkuhle kamen , hörten sie Musik: Maulharfe n , eine Ukulele , e inige sangen. In der Mitte des Trautmannschen Hofs stand hinter dem Brunnen eine Popschamaschine, neben der Haufen entblätterter Strünke lagen. Durch das Tor der Scheune sahen Alma und Minna einen grünen Maiskolbenberg, der bis an die Dachstreben zu reichen schien. Rundherum saßen mehr als dreißig junge Leute aus dem Dorf und zogen die Blätter ab. Einige hatten Hocker und Schemel zwischen die Maiskolben gestellt. Die meisten lehnten sich jedoch mit dem Rücken gegen einen Holzbalken , ein Gatter oder eine Wand, halb bedeckt von Blättern, Flusen und geputzten, harten Kolben.
Alma und Minna gingen hinein und grüßten in die Runde. Sie kannten viele: Die Boroske-K inder von der Kälber Drift, Frucks, Pleskow s. Attila Pahl saß unter dem Scheunendach breitbeinig auf einem Balken und ließ sich von unten Mais zum Blodern zuwerfen. Hilli Turm lag in Gedanken auf dem Rücken und zupfte mit den Fingern
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