Bragg 04 - Dunkles Verlangen
trinken?«
Sie biss sich auf die Unterlippe, ihre blauen Augen sahen ihn an. »Nein, ich glaube …, ich … . ich gehe jetzt nach oben.«
Beide standen einen Augenblick schweigend da. Dann nickte er. Als sie zur Tür ging, folgte er ihr und strich ihr mit der Hand zärtlich über den Rücken.
Es dauerte eine Ewigkeit, bis die beiden die Treppe in den ersten Stock hinaufgestiegen waren. Das Herz des Earls schlug so stark, dass es ihm unangenehm war. Ob sie ihn hereinbitten würde? Die Frage trieb ihn um, ließ ihn nicht mehr los.
Vor ihrer Tür blieb sie stehen und kehrte ihm den Rücken zu. Er stand hinter ihr und wartete. Dann drehte sie den Kopf leicht nach hinten und sah ihn mit einem fast ängstlichen Blick an. Der Blick war so wenig eine Einladung wie eine Zurückweisung. Die beiden schauten sich endlose Sekunden tief in die Augen.
Dann räusperte sich der Earl und sagte: »Möchtest du, dass ich poch mit hereinkomme?« In den folgenden Sekunden schien die Zeit stehen zu bleiben.
»Ja«, sagte sie schließlich und errötete.
Er war zutiefst beglückt. Seine Augen strahlten, und er lächelte selig. Auch sie sah ihn lächelnd an. Der Earl schob den Arm an ihr vorbei und stieß die Tür auf, und dann gingen beide gemeinsam hinein.
Kapitel 45
Als er erwachte, tastete Nick nach Jane.
Ihre Seite des Bettes war zwar noch warm, aber sie selbst lag nicht mehr neben ihm. Er genoss die Wärme ihres Körpers, die in dem Bettzeug gespeichert war, und kam langsam zu sich. Ihm fiel sofort die vergangene Nacht wieder ein, und er musste daran denken, wie er sie mit seinen Händen und seinem Mund geweckt und sie geliebt hatte: beim ersten Mal wild und leidenschaftlich, beim zweiten Mal ganz sanft und zärtlich. Er spürte, wie die Erregung schon wieder von ihm Besitz ergriff. Er konnte einfach nicht genug von ihr bekommen, und er begehrte sie schon wieder.
Er öffnete die Augen und blickte zu dem pfirsichfarbenen Himmel ihres Bettes hinauf und spitzte die Ohren. Ob er sie nebenan hören konnte? Ein träges Lächeln erschien auf seinem Gesicht und brachte die harten Linien um seinen Mund fast zum Verschwinden. Er konnte sich nicht daran erinnern, sich je so wundervoll, so ruhig, so entspannt, so ganz und gar glücklich gefühlt zu haben. Beeil dich, Jane, dachte er. Komm zurück. Ich will dich, Liebling.
Er schloss die Augen. Ob er den Mut aufbrachte, ihr zu sagen, wie viel sie ihm bedeutete? Dass das Leben für ihn ohne sie nur Dunkelheit und Verzweiflung bereithielt? Dass sie der Sonnenschein und die Freude seines Daseins war? Dass er sie liebte?
Er war ein Feigling. Er hatte Angst davor, ihr das ganze Ausmaß seiner Gefühle zu offenbaren.
Und dann hörte er, dass sie sich nebenan erbrach.
Als er nebenan abermals lautes Würgen hörte, stand der Earl bereits neben dem Bett. Besorgt riss er die Tür zum Bad auf, wo Jane ihn – im Gesicht ganz blass und grün – anschaute.
»Was ist denn los?«, rief er in panischer Angst. Er kniete neben ihr nieder und nahm sie in die Arme. Sie ließ sich erschöpft an seine Brust sinken. »Jane, du bist ja krank.«
»Geht schon vorbei«, flüsterte sie mit geschlossenen Augen.
Er strich ihr über das Haar, hielt abrupt inne, als ihm bewusst wurde, was ihr morgendliches Erbrechen zu bedeuten hatte. Er machte sich von ihr los und sah sie jetzt voll Angst, Misstrauen und Wut an. Waren das nicht genau die Symptome, die Frauen am Ende des ersten Monats einer Schwangerschaft an den Tag legten? Nicht aber in den ersten Tagen. Wieder erbrach sie sich.
Er stützte sie und half ihr aufzustehen, als sie fertig war. Er sah zu, wie sie sich den Mund ausspülte und sich das Gesicht und die Hände wusch. Zum ersten Mal war er gegen die Reize ihres so wundervoll geformten nackten Körpers völlig immun. Sie drehte sich um und schaute ihn mit einem verlegenen Lächeln an, sah dann den Ausdruck auf seinem Gesicht und schrak zusammen. »Nicholas? Was ist denn los?«
Er sah sie mit einem gekränkten Lächeln an. »Das hättest du mir auch schon früher sagen können.«
»Was denn?«, fragte sie ängstlich. Als sie ihn am Arm berührte, entzog er ihn ihr brüsk. »Was ist denn?, rief sie.
»Du bist schwanger«, sagte er tonlos und sah sie kalt und gefühllos an. »Und von mir ist das Kind sicher nicht.«
Jane sah ihn verständnislos an.
»Von wem ist es?«
»Mein Gott«, sagte sie, verschränkte die Arme vor der Brust und fing an zu lächeln.
Sein Gesicht wurde immer finsterer.
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