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Bragg 04 - Dunkles Verlangen

Bragg 04 - Dunkles Verlangen

Titel: Bragg 04 - Dunkles Verlangen Kostenlos Bücher Online Lesen
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Strafe für seine Verdorbenheit. Er musste unbedingt einen Mann für sie finden, und zwar bald – und sie so schnell wie möglich wieder aus dem Haus und aus seinem Leben entfernen.
    Als er sein Glas geleert hatte, hatte er plötzlich das Verlangen, seinen Sohn zu sehen. Allein der Gedanke an den kleinen Chad, der oben schlief und den er so sehr liebte, erfüllte ihn mit einem Gefühl der Wärme, das kein Whiskey der Welt ihm zu geben vermochte. Nick wickelte ein Taschentuch um seine blutverschmierte Hand. Er wollte seinen Sohn nicht erschrecken, falls Chad wider Erwarten aufwachen sollte. Er ging leise nach oben, gab sich Mühe, Janes geschlossene Schlafzimmertür nicht weiter zu beachten, verdrängte alle gefährlichen Gedanken und trat in das Zimmer seines Sohnes.
    Chad lag bäuchlings im Bett und schlief, das Gesicht der Tür zugekehrt. Er atmete tief und gleichmäßig. Nick wollte ihn nicht aufwecken, konnte aber dem Impuls nicht widerstehen, seinen Sohn zu berühren. Er ließ sich neben dem Bett des jungen auf die Knie nieder und strich dem Kind zärtlich über das Haar. Chad rekelte sich, seufzte zufrieden, wachte aber nicht auf.
    Und dann fing er wieder an zu grübeln.
    Was tat er eigentlich hier in England? Es gab dafür eigentlich nur einen Grund: Eines Tages würden Dragmore und Clarendon Chad gehören. Das allein gab Nicks Leben einen gewissen Sinn. ja, nur deswegen lohnte sich das alles hier.
    Doch dann sah er Chad in einer Baumwollhose barfuß durch die texanischen Wälder laufen. Er stellte sich vor, wie der kleine Junge mit seinen Cousins spielte, den Kindern seiner Tante Storm. Nick malte sich aus, wie Chad in dem Haus, in dem er selbst aufgewachsen war, auf den Knien seines Großvaters saß und sich aufmerksam die alten Geschichten über die Apachen, die Texas Rangers und die Grizzlybären anhörte. Auf den Knien des Mannes, der Nick großgezogen hatte.
    Der ihn großgezogen, ihn geliebt und ihn belogen hatte.
    Mist, dachte Nick und streichelte seinen Sohn. Seine Qualen wurden immer schlimmer. Auch wenn Derek und Miranda, Nicks Mutter (meine Eltern konnte er die beiden ohnehin nicht mehr nennen), sich nicht richtig verhalten hatten, eines Tages würde Chad sie in Texas besuchen. Die Ranch in Texas gehörte schließlich genauso zu seiner Familiengeschichte wie Dragmore.
    Plötzlich hatte er einen Kloß im Hals. Mein Gott, wie lange er nicht mehr zu Hause gewesen war! Und was sollte er nur zu Derek sagen? Derek wusste bis heute nicht, dass Nick die Wahrheit kannte. Nick hatte ihn nur noch einmal gesehen, seit ihm die Wahrheit zu Ohren gekommen war. Und zwar Ende 1865, direkt nach dem Bürgerkrieg, kurz bevor er nach England gereist war.
    Er wollte daran nicht mehr denken. Nicht an das Blut, nicht an den Gestank, nicht an die Toten, die Sterbenden, den Krieg. Er wollte nicht mehr an den Tag denken, als er in den Krieg geritten war, den Tag, an dem er die Wahrheit über seinen Vater erfahren hatte. Merkwürdig. Er hatte mit seinem Mädchen im Heu gelegen, der Tochter eines Ranchers aus der Nachbarschaft – eine Art Abschiedsumarmung. Und dann hatte das Mädchen ihm erzählt, dass seine Mutter Miranda vor langer Zeit von einem Comanchero, einem indianischen Händler, entführt und vergewaltigt worden war. Dass Derek gar nicht sein richtiger Vater sei, aber den Comanchero – Nicks richtigen Vater – verfolgt und getötet hatte. Miranda und Derek hatten erst kurz vor dem Überfall geheiratet. Allerdings hatte ihre Ehe zu diesem Zeitpunkt nur auf dem Papier bestanden. Denn Mirandas erster Mann war Dereks Blutsbruder gewesen, deshalb hatte Derek ihm versprochen, sich um sie zu kümmern. Neun Monate nach der Entführung kam Nick zur Welt, und es war klar, dass nur der Comanchero sein Vater sein konnte.
    Nick hatte das Mädchen gefragt, woher sie das alles wusste. Allerdings war er sich zu diesem Zeitpunkt schon darüber im Klaren, dass sie die Wahrheit gesagt hatte. Das bezeugte seine ganze Erscheinung. Er sah anders aus als die anderen Leute in seiner Umgebung. Sein Vater und sein Großvater waren beide blond; ebenso sein Bruder und seine Schwester. Seine Mutter hatte dunkles Haar und eine milchweiße Haut. Sein Haar dagegen war blauschwarz, und seine Haut erinnerte an Kupfer.
    Am Ende hatte seine Freundin noch gesagt, dass die Geschichte allgemein bekannt sei.
    Dann wussten es also alle im Territorium – nur er selbst nicht.
    Er dachte daran, wie er mit Derek auf die Jagd gegangen war, Wild

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