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Bragg 04 - Dunkles Verlangen

Bragg 04 - Dunkles Verlangen

Titel: Bragg 04 - Dunkles Verlangen Kostenlos Bücher Online Lesen
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Umgebung sehr genau in Augenschein genommen. Ihr war sogleich aufgefallen, dass der Salon offenbar schon seit Längerem weder genutzt noch gereinigt worden war. Auf den perfekt arrangierten Möbeln lag eine dicke Staubschicht, und an der Decke oberhalb der schweren Brokatvorhänge waren Spinnweben zu erkennen. Die Wände waren mit ausgeblichenem, fast protzigem Golddamast verkleidet. Oben an der Decke waren vor einem – mit bauschigen Wolken geschmückten – blauen Himmel diverse Nymphen, Putten und andere Wesen zu sehen. Alles in allem war das Zimmer der Inbegriff schlechten Geschmacks. Matilda tat sich währenddessen unbeirrt an ihrem Tee gütlich und verdrückte innerhalb kürzester Zeit drei Stücke Gebäck. Jane hatte nur einen Schluck von dem Tee genommen – ein widerliches Gebräu. Wie ihre verstorbene Mutter trank sie lieber Kaffee. Und das Gebäck? Nicht ein einziges Stück hätte sie davon heruntergebracht.
    Sie blickte zur Tür. Draußen waren Schritte zu hören, und dann wurde einer der Flügel geöffnet, und der Earl trat ein. Ihre Blicke trafen sich.
    Jane stockte der Atem, als er so vor ihr stand. Sie musste sich zusammenreißen, um die Fassung zu bewahren.
    Bis dahin hatte sie nur von Weitem sein blauschwarzes Haar und seine breiten Schultern gesehen. jetzt blickte sie wie gebannt in zwei frostige Silberaugen, in denen nicht ein Funke Wärme zu erkennen war. Seine schiere Erscheinung war überwältigend, fast bedrohlich. So finster. Er nahm fast die ganze Tür ein. Seine Haut war bronzefarben – wie Teakholz. Umso bedrohlicher, ja unheimlich wirkten seine hellen Augen in dem kantigen Gesicht, das wie gemeißelt erschien. Außerdem war er sehr groß, größer noch als Timothy – von imposanter Gestalt, mit breiten Schultern und schlanken, kräftigen Hüften. Jane war schockiert, als sie sah, dass er nur ein Leinenhemd trug, das er zudem lässig oben in die Reithose gesteckt hatte. Keine Weste, kein Jackett, keine Krawatte. Und das Hemd war noch nicht einmal bis oben hin zugeknöpft. Auf seiner mächtigen Brust waren ein paar dunkle Haare zu erkennen. Auf seiner hellen Hirschlederhose, die seine muskulösen Oberschenkel umschloss, waren Schmutz- und Grasflecken zu sehen. Auch seine Stiefel starrten vor Dreck. Offenbar hatte er den Schmutz ins Haus gebracht, den sie draußen in der Halle gesehen hatte.
    Er erschien wie aus einer anderen Welt, barbarisch. Er entsprach genau dem, was man über ihn sagte. Seine bronzefarbene Haut war so dunkel, dass Jane plötzlich verstand, wie er zu seinem Namen gekommen war. Er sah sie ebenfalls lange an.
    Als ihr bewusst wurde, dass er sie genauso unverschämt anstarrte wie sie ihn, errötete sie heftig und blickte auf ihren Schoß. Doch sie spürte, dass sein kalter, gefährlicher – ja betörender – Blick weiterhin auf ihr ruhte.
    »Ich bin Janes angeheiratete Tante«, sagte Matilda in diesem Augenblick. »Ich nehme an, Ihr habt unseren Brief erhalten.«
    »Ja, habe ich.«
    »Tut mir leid, dass ich Euch einfach so überfahren habe. Aber da mein lieber Mann vor einiger Zeit gestorben ist, kann ich Jane nicht länger bei mir behalten, und Ihr …«
    »Ich habe keine Zeit für eine Vormundschaft.«
    Seine Worte klangen so hart und bestimmt, dass Jane nach Luft schnappte. Wieder trafen sich ihre Blicke. Wieder errötete sie. Seine kalten Augen taxierten zuerst ihr Gesicht, dann ihre Taille. Doch ging alles so schnell, dass sie schon glaubte, sie habe es sich nur eingebildet. Dann sah er wieder Matilda an. »Tut mir leid«, sagte er. Und damit schien die Sache für ihn erledigt.
    Matilda erhob sich errötend, aber ohne Angst von ihrem Stuhl. »Ich werde mit dem Mädchen einfach nicht mehr fertig. Ich bin eine alte Frau. Sie ist sehr anstrengend, impulsiv und außerdem rücksichtslos. Ständig macht sie Ärger. Ich fahre jetzt wieder nach Hause. Und zwar ohne Jane.«
    »Wie viel verlangt Ihr?«
    Matildas Gesicht verfärbte sich noch mehr. »Ich bin nicht gekommen, weil ich Geld von Euch möchte. Aber wir haben uns fast vier Jahre um sie gekümmert – seit sie vierzehn ist. Wenn Ihr die Großzügigkeit besitzt, mir etwas zu geben, ich kann es gebrauchen. Aber Jane geht über meine Kräfte«, sagte sie rundheraus. »Wenn Ihr das Mädchen nicht aufnehmt, setze ich sie auf die Straße!«
    Der Earl quittierte diese Auskunft zunächst mit Schweigen. Dann wanderten beide Augenpaare in Janes Richtung. Matildas Worte hatten das Mädchen so verletzt, dass auch die Aussicht,

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