BRAINFUCK
Wagen an einer ruhigen Stelle ab und versorgte sich mit dem Notwendigsten: Tiefkühlpizza, Toilettenpapier, drei Flaschen Cola und Rasierwasser. Während er auf dem Weg zum Auto noch grübelte, ob er nicht etwas vergessen hatte, fiel ihm ein kleines Mädchen auf, das neben einer der elektrischen Schaukelfiguren stand und weinte. Die Figur erinnerte entfernt an ein Pferd und schien aus einer Zeichentrickserie zu stammen. Er setzte sein schönstes Netter-Onkel-Lächeln auf und ging auf das Kind zu.
»Warum weinst du denn?«, fragte er sanft.
Das Kind trug ein verwaschenes rosa Oberteil und ein farblich passendes Röckchen mit ›Hello Kitty‹-Motiven. Die blonden Haare trug es zu Zöpfen geflochten und die blauen Augen wirkten riesig hinter einer stabilen Brille.
»Meine Mama hat gesagt, dass ich hier schaukeln darf, bis sie wieder da ist. Und jetzt ist das Geld alle und Mama ist noch immer da drin«, stieß das Kind atemlos hervor und deutete auf den Eingang des Marktes.
Andrians Herz setzte einen Schlag aus und pochte dann eine Geschwindigkeitsstufe höher weiter.
»Ich habe ganz viele Fünfzig-Cent-Stücke zu Hause«, sagte er. Seine Stimme vibrierte vor Erregung. »Wir können hinfahren und sie holen. Es ist nicht weit.«
Das Mädchen – es mochte sechs Jahre alt sein – sah zweifelnd zu ihm auf. Dann nickte es. Konnte es wirklich so einfach sein? Beinahe hätte er sie darauf aufmerksam gemacht, dass ihre Mutter sie vermissen würde, wenn sie aus dem Laden käme, so perplex war er.
»Na dann komm«, sagte er stattdessen und lächelte. »Damit wir zurück sind, bevor jemand anders mit deinem Pferdchen schaukelt.«
»Das ist ein Einhorn«, erklärte sie stolz, während er sie bei der Hand nahm und zum Wagen führte.
In seinem Bauch regierte ein Gefühl tiefer Verwunderung. In seinen kühnsten Fantasien wäre ihm nicht eingefallen, dass es dermaßen leicht sein könnte, an eine neue Leinwand für ein Kunstwerk zu kommen.
»Wie heißt du denn?«, fragte er.
Seltsam, er hatte noch nie zuvor ein Mädchen nach dem Namen gefragt. Die Namen der kleinen … schmutzigen … Schlampen … Sein Denken stockte. Es erschien ihm plötzlich nicht richtig, diese Worte zu denken.
»Ich bin die Magdalena.«
Unterdessen hielt ihr Andrian die Autotür auf und beobachtete, wie sie einstieg. Ihr Röckchen rutschte hoch und sein Blick huschte zwischen der weißen Haut ihrer Schenkel und der Plastiktüte mit den Großpackungen Kanülen auf der Rücksitzbank hin und her.
*
Ich erinnere mich. Ich bin gestorben. Mein Tod war nicht umsonst, ich habe meine Organe verschenkt. Wo meine Mama wohl ist?
Ich muss mich mehr anstrengen. Das Gift wehrt sich dagegen, von mir gereinigt zu werden. Es bekämpft mich. Ist nicht das Gute stärker als das Böse? Mehr anstrengen!
*
Magdalena zog den Sicherheitsgurt nach vorne und ließ das Schloss einrasten, während Andrian um den Wagen herumging. Er schlüpfte geschmeidig auf den Fahrersitz und startete den Motor.
»Hast du keine Sitzerhöhung? Mama sagt immer, dass es nicht gut ist, wenn Kinder ohne Sitzerhöhung fahren.«
»Es sind nur wenige hundert Meter. Das geht ohne«, bestimmte Andrian und zog einen Gefrierbeutel aus dem Seitenfach der Tür. Ein rascher Rundumblick – niemand befand sich in der Nähe.
Er öffnete den Zippverschluss. Ein süßlicher Geruch breitete sich im Wageninneren aus, als er den Leinenlappen herausnahm, Magdalena in die Haare griff und ihr mit der anderen Hand den Stoff auf den Mund presste. In ihm brodelte ein Cocktail sich widersprechender Gefühle. Der schnell erschlaffende Körper des Mädchens erregte ihn und bereitete ihm Schauer der Vorfreude. Gleichzeitig schien ihm der Vorgang seltsam absurd und abwegig. Sicher, sein Handeln war schmerzhaft für die Objekte und entbehrte nicht einer gewissen Grausamkeit – aber schließlich tat er es für seine Kunst. Eine Kunst, die er beherrschte. Als Einziger! Er war der Meister.
»Was soll daran absurd sein?«, sagte er leise zu sich, als er den Wagen vom Parkplatz steuerte und in den Verkehr einfädelte.
»Alles!«, antwortete eine leise, dünne Stimme aus seinem Inneren. »Alles!«
Ich vertrage die Medikamente nicht , stellte Andrian fest. Mein Gehirn macht Purzelbäume und meine Gefühle schlagen einen Salto nach dem anderen. Gut, dass ich gleich Qualitätszeit mit dem kleinen Luder verbringen kann.
Er legte Magdalena die Hand auf den Schenkel.
»Für dich habe ich eine schöne Vorlage mit
Weitere Kostenlose Bücher