BRAINFUCK
sich jetzt mit zwei düster aussehenden Kerlen und es wäre eine ungewöhnliche Folge des Filmes gewesen, wenn er nicht gesiegt hätte. Vanessa atmete gleichmäßig, sie war eingeschlafen. In Hergen reifte eine Entscheidung. Bevor er zu Bett ging, suchte er die Garage auf und lud alles, was er brauchte, in den Kofferraum.
*
Am nächsten Tag verließ er pünktlich zur Mittagszeit sein Büro, fuhr an den Stadtrand zu einer Telefonzelle und wählte mit zitternden Fingern die Nummer, die er auswendig kannte.
»Ich muss mit dir reden. Kannst du zum Waldparkplatz kommen? Du weißt schon, dort wo wir den Wagen abstellen, wenn wir ungestört spazieren gehen wollen.« Er wartete die Antwort nicht ab. Er war sich hundertprozentig sicher, dass sie erscheinen würde.
Sich wie ein Fahrschüler peinlich an die Geschwindigkeitsbegrenzungen haltend, steuerte er den Wagen zu dem Ort, an dem sich alles entscheiden würde. Sein Verstand zog sich in ein Schneckenhaus zurück und überließ dem Instinkt das Ruder.
Am Rand der Lichtung, die den Parkplatz bildete, gab es einen überdachten, nach drei Seiten offenen Unterstand mit einem Grillplatz in der Mitte und einfachen Sitzgelegenheiten aus rohen Baumstämmen drum herum. Hergen nahm den mitgebrachten Klappspaten aus dem Kofferraum, deponierte ihn hinter dem Vorderrad des Mercedes und begann, langsam auf und ab zu gehen.
Sein Herz setzte einen Schlag aus und Atmen schien vorrübergehend unnötig geworden zu sein, als Motorengeräusch die Ruhe des Waldes durchbrach. Ihr roter Wagen erschien zwischen dem dichten Bewuchs aus Büschen und Bäumen. Der Kies unter den Reifen gab ein scharfes Knirschen von sich, als sie abbremste und, ohne den Motor abzustellen, ausstieg. »Was soll das Hergen, warum muss ich hierher kommen?«
»Lass uns dort drüben hinsetzen«, erwiderte er und machte eine einladende Geste in Richtung des Unterstands.
Sie sah ihm einen Moment lang starr ins Gesicht, dann wendete sie sich ab und machte einen Schritt in die vorgeschlagene Richtung. Er bückte sich, riss den Spaten unter dem Auto hervor, richtete sich auf und schlug, einen Satz nach vorn machend, zu. Durch das ungewöhnliche Geräusch überrascht, wirbelte sie herum, wodurch die Kante des Spatenblatts nicht wie geplant ihren Hinterkopf, sondern ihr Gesicht traf.
Die Stirn, die er so gerne geküsst hatte, wurde bis zur Nasenwurzel gespalten, Blut spritzte in sein Gesicht. Angeekelt ließ er den Griff los und sprang zurück. Bebend vor Angst, Abscheu und Triumph stieß er gegen die Wagentür. Er versuchte Halt zu finden, während sie ihn mit weit aufgerissen Augen anstarrte. Ein leises, grollendes Gurgeln drang an seine Ohren, von dem er nicht sagen konnte, ob es von ihm oder von ihr kam.
Begleitet von einem Blutschwall löste sich der Klappspaten aus der klaffenden Wunde und fiel scheppernd zu Boden. Sie brach in die Knie, kippte langsam nach vorne und landete auf ihrem Gesicht.
Eine gefühlte Ewigkeit später schaffte es Hergen, sich wieder kontrolliert zu bewegen. Er beugte sich hinunter und prüfte an der Halsschlagader den Puls. Sie war tot. So schnell er konnte, zerrte er den leblosen Körper hinter den Unterstand und begrub ihn dort. Anschließend beseitigte er sämtliche Blutspuren und packte den Spaten in eine Plastiktüte. Ihn würde er im nahegelegenen Stausee versenken.
Er gönnte sich zwei Minuten, um seinen Atem zu beruhigen und sein Denken auf eine annähernd gerade Linie zu bekommen. Dann fischte er sein Handy aus der Jackentasche und drückte die altbekannte Kurzwahltaste. Als würde sie neben ihm stehen, zog er unwillkürlich den Kopf leicht ein, als sie abhob.
»Hallo, ich hab' eine Überraschung für dich. Ich hab' Viagra bestellt.«
Komplikation?
„Organspende schenkt Leben“
(Aus einer Broschüre der BZgA)
»Es tut gar nicht weh, Mama«, versuchte Kathi ihre Mutter zu trösten, die standhaft gegen ihre Tränen kämpfte.
Gab es Schlimmeres, als das eigene Kind zu verlieren? Seit zwei Jahren wehrte sich der Körper des Mädchens mithilfe aller erdenklichen medizinischen Mittel gegen den Tod. Er hatte den Kampf verloren. Bis ins europäische Ausland hatte man nach einem Spenderherz gesucht, aber es schienen nur Menschen zu sterben, deren Werte nicht mit denen von Kathi übereinstimmten.
Die Ärzte gingen zu palliativen Maßnahmen über und verwiesen Frau Wimmer an einen Psychologen, der ihr helfen sollte, mit der Situation fertig zu werden. Man hatte ihr außerdem
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