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BRAINFUCK

BRAINFUCK

Titel: BRAINFUCK Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Berger
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weiterschlafen. Schlaf fördert die Genesung ebenso wie gute Laune.« Dr. Schwarz lachte leise.
    »Würden Sie zum Blut abnehmen bitte eine Butterflynadel verwenden?«, fragte Andrian. Sein linkes Augenlid zuckte. Er hatte Angst vor Spritzen. Zumindest, wenn sie in seinen Körper eindrangen.
    Der Arzt erfüllte den Wunsch. Andrian ertrug das Prozedere und schlief nach dessen Beendigung übergangslos ein.

    *

    In seinem Traum kamen Nadeln vor. Lange, dicke Injektionskanülen, die seine Hand langsam und genüsslich in nackte, gefesselte, wimmernde und zuckende Mädchenleiber steckte. Die immer gleiche Handlung: Kanüle aus der Großpackung nehmen, Schutzfolie entfernen, die Spitze in die Haut stechen und bis zum Anschlag hineindrücken.
    Man konnte wundervolle Bilder damit zaubern. Sein Lieblingsmotiv waren große Sterne rund um die Brustwarzen herum und ein springender Delfin über den gesamten Bauch, dessen Schwanzflosse im Schambereich endete. Er hatte seine Technik mit der Zeit perfektioniert. Je nach dem, in welchem Winkel er die Nadeln setzte, zeigten die unterschiedlichen Farben der Enden verschiedene Effekte. Die undankbaren Weiber wussten nicht zu schätzen, was für exquisite Kunstwerke er auf ihren Körpern erschuf. Sie jammerten und bettelten – zumindest so lange, bis er ihnen den Mund mit zehn oder zwölf Kanülen verschloss und mit einigen gezielten Stichen ihren Kehlkopf stilllegte.

    *

    Als Andrian erwachte, lächelte er. Der Grund für dieses Lächeln, das der Umgebung das Bild eines gutmütigen Buddha vermittelte, war die Tatsache, dass er mit sich und der Welt zufrieden war. Diese Zufriedenheit entsprang der Erkenntnis, ein großer – wenn auch von der Presse und der Öffentlichkeit verkannter – Künstler zu sein.

    *

    Wo ist hier? Was mache ich hier? Ich glaube, ich tue Gutes. Das ist schön. Da draußen ist etwas Böses. Ich habe Angst. Ich spüre, dass mich dieses Böse braucht.

    *

    War das schön, endlich Daheim zu sein! Andrian inspizierte die Räumlichkeiten seines kleinen, abseits der Straße stehenden Hauses. Er fand alles vor, wie er es verlassen hatte, was ihn nicht sonderlich verwunderte, da die schweren Schlösser und die Alarmanlage nicht leicht zu überwinden waren.
    Als er den Keller betrat, fühlte er sein Herz aufgeregt pochen. In der Werkstatt, die mit vielfältigen Werkzeugen zur Holz- und Metallbearbeitung ausstaffiert war, schob er ein Regal zur Seite. Dahinter empfing ihn der Geruch von Reinigungsmitteln.
    Andrian knipste das Licht an. Die Neonröhren sprangen an und ihre Strahlen wurden von zahlreichen schimmernden Edelstahloberflächen reflektiert. In der Mitte des Raumes prangte ein Seziertisch. Er ging darauf zu, streichelte die Liegefläche zärtlich mit den Fingerspitzen und stieß ein zufriedenes Seufzen aus.
    Bald, sehr bald, würde er ihn wieder benutzen.
    Da fiel ihm ein, dass er in nächster Zeit ein neues Jagdgebiet brauchte. Bisher lernte er die Mädchen bei seinen häufigen Aufenthalten im Krankenhaus kennen. Andrian schätzte sich als flexibel ein – er würde eine andere Möglichkeit finden, an brauchbares Material zu kommen.

    *

    Noch immer kann ich nicht ergründen, wo ich bin. Ich bin hier – innen – bin mit dem Außen verschmolzen. Ich reinige es. Alles Ungesunde und Überflüssige entferne ich und leite es weiter. Das gefällt mir.

    *

    Am nächsten Morgen fuhr Andrian die gewohnte Strecke nach München und mietete sich in einer Pension ein. Abends suchte er eine Apotheke auf und kaufte jeweils eine Großpackung Injektionsnadeln der Größe 0,7 x 32 in Schwarz, 0,6 x 30 in Dunkelblau, 0,8 x 40 in Dunkelgrün und 0,3 x 22 in Gelb, die er bar bezahlte. Von allen anderen Farben besaß er noch genügend. Den Rest der Nacht verbrachte er damit, in lustvoller Vorfreude Vorlagen für neue Bilder zu zeichnen.
    Auf der Heimfahrt verspürte er ein störendes Pochen in der Nierengegend, das ihm bereits häufiger aufgefallen war und das Doktor Schwarz als normale Heilungserscheinung deklariert hatte. Und dennoch konnte sich Andrian eines unangenehmen Gefühls nicht erwehren. Er spürte, dass die neue Niere etwas machte.
    »Natürlich macht sie etwas«, hatte der Doktor gesagt und dabei gelacht. »Sie reinigt Ihren Körper, und das soll sie auch.«
    Doch das hatte Andrian nicht gemeint. Er fühlte, dass in ihm ein Vorgang seinen Lauf nahm, der ihm nicht gefiel.
    Fünf Kilometer vor seinem Zuhause bog er in den Parkplatz eines Supermarktes ein, stellte den

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