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BRAINFUCK

BRAINFUCK

Titel: BRAINFUCK Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Berger
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rutschen und schlang die Arme um die Knie. Lange saß er so, das Gehirn abgeschaltet, zu keiner Regung fähig.
    Es ist vorbei , dachte er. Endgültig vorbei. Und daran ist diese Drecksniere schuld! Ich habe von Anfang an gespürt, dass damit was nicht stimmt.
    Er stemmte sich hoch, schwankte zum Schrank mit den chirurgischen Werkzeugen und nahm das größte Skalpell heraus, das er besaß. Von weit her klang Sirenengeheul an sein Ohr. Andrian zweifelte keinen Moment daran, dass es ihm galt. Sie waren auf dem Weg, ihn zu holen. Hastig riss er sich den Arztkittel und das Shirt vom Leib.
    »Dir werde ich es zeigen!«, rief er, umschloss den Griff des Skalpells mit der Faust und zog einen tiefen Schnitt parallel zur Operationsnarbe.

Zürich im Regen

    „Ist es nicht in Wahrheit so, dass nicht die Menschen sich begegnen, sondern die Schatten, die ihre Vorstellungen werfen?“

    (Pascal Mercier, Nachtzug nach Lissabon)

    Claudia öffnet die Tür des Cafés und macht zwei Schritte in die angenehme Wärme. Sie schüttelt ihre braune Lockenmähne, um die Reste des lästigen Nieselregens daraus zu entfernen. Ihr Blick schweift durch den L-förmigen Raum und gleitet über die lange Bar mit einem Tresen aus glänzendem schwarzen Holz. Dort lümmelt sich ein Pärchen auf den Barhockern, das ungeniert mit sich beschäftigt ist. Der Anblick weckt erneut ihren Ärger und ihre Wut – den Ärger über sich und die Wut auf Albert, dieses Riesenarschloch. Warum sagen Männer die falschen Dinge zur falschen Zeit? Ihr ist klar, dass sie dieses Geheimnis niemals ergründen wird.
    Sie tritt weiter in den Raum hinein. Niemand beachtet sie. Im vorderen Teil sind alle Tische besetzt. Sie umrundet die ausladende Bar, um in den hinteren Teil zu sehen. Dort stehen drei Tische, von denen lediglich einer besetzt ist. Ein blonder Mann sitzt dort, in eine Zeitung vertieft. Claudia erkennt ihn sofort! Er trägt einen hellbraunen Kaschmirpullover mit V-Ausschnitt über einem Hemd in gedecktem Weiß und eine farblich passende Cargohose. Wie kommt Martin Luger nach Zürich? Was macht er hier? Oh Gott, wie hatte sie diesen Mann begehrt! Ihre schlechte Stimmung verfliegt.
    Er war nicht wie die anderen Kerle, die nur ihr Äußeres sahen und ihren makellosen Körper wollten. Sie hatte ihn geliebt, damals in Kiel.
    Es hatten sich damals nur interessierte Blicke oder kurze, belanglose Gespräche ergeben. Er war einer von den wenigen, die sich ihren Verführungskünsten entzogen hatten. Man sieht sich immer zweimal im Leben , denkt sie bei sich.
    Zügig durchquert sie das Lokal und betritt die Toiletten. Sorgfältig überprüft sie vor dem Spiegel ihr Make-up, bessert es geschickt nach und vergewissert sich, dass alle Spuren der zurückliegenden Aktivitäten beseitigt sind. Als alles zu ihrer Zufriedenheit erledigt ist, kramt sie ein Handy aus der Handtasche, bucht ein Zimmer im ›Marriott Hotel‹ und bezahlt es mit Kreditkartennummer. Es ist Alberts Handy. Und es ist Alberts Kreditkarte.
    Claudia schlendert zurück in den Gastraum und bleibt neben dem Tisch stehen, an dem Martin Luger noch immer in die ›Neue Zürcher Zeitung‹ vertieft ist. Drei Sekunden vergehen, in denen sie sich deplatziert fühlt wie Heidi in Frankfurt, bis er endlich fragend zu ihr aufsieht. Sie setzt ihr schönstes Lächeln auf.
    »Claudia Behrends.« Sie deutet mit dem Finger auf ihre Brust. »Sag mal, erinnerst du dich etwa nicht an mich?«
    Erkennen blitzt in seinen Augen auf.
    »Claudia …« Er steht von seinem Stuhl auf und breitet die Arme aus. »Claudia Behrends, ich fasse es nicht. Was treibt dich nach Zürich?«
    Sie umarmt ihn sanft, Küsschen rechts, Küsschen links.
    »Ich bin gewissermaßen geschäftlich hier«, antwortet sie ihm, während sie den Blick seiner tiefblauen Augen genießt. Eine kleine Gänsehaut wandert über ihren Rücken. ›Diese Augen …‹ , wispert es in ihrem Kopf, ›… diese Augen!‹
    »Und du, Martin, was machst du in der schönen Schweiz?«, will sie wissen, während sie ihm beim Zurechtrücken ihres Stuhls zusieht. Bevor er ihr helfen kann, schält sie sich aus ihrem dunkelblauen Blazer und wirft ihn locker über die Lehne, ehe sie sich setzt.
    »Ich bin auch gewissermaßen geschäftlich hier«, klärt er sie lächelnd auf und nimmt ihr gegenüber Platz.
    Diese Augen …
    Ein Kellner, stilecht in schwarzer Hose, weißem Hemd und schwarzer Weste gekleidet, unterbricht ihre wirbelnden Gedanken. Sie hat ihn nicht kommen sehen.
    »Was darf

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